Predigt zum 3. Sonntag nach Epiphanie

Predigt zum 3. Sonntag nach Epiphanie

Abschluß der Gebetswoche für die Einheit der Christen

Msgr. Michael Schmitz

Sind wir noch katholisch? Wer ist eigentlich katholisch? Die Verwirrung unserer Zeit ist so groß, dass wir diesen Sonntag am Ende der Woche des Gebetes für die Einheit der Christen verwenden müssen, um diese Fragen klar zu beantworten. Dazu müssen wir uns nicht irgendwelchen Privatmeinungen zuwenden, sondern dem Lehramt der Kirche selbst, das in dieser Predigt direkt zu uns sprechen soll.

Zunächst ist festzuhalten, dass es nur eine wahre Kirche gibt, nämlich die eine, heilige katholische und apostolische Kirche, die Kirche Jesu Christi. Wir haben deswegen in der vergangenen Woche nicht für die Einheit der Kirche gebetet, sondern für die Einheit der Christen. Diese geeinte wahre Kirche existiert nämlich bereits: Es ist die katholische Kirche.

Dazu sagt Papst Pius XI, in seiner berühmten Enzyklika Mortalium animos vom 6. 6. Januar 1928 ganz eindeutig:

„Christus, der Herr, hat aber seine Kirche als selbständige und aus ihrem Wesen heraus sichtbare und äußerlich erkennbare Gesellschaft gegründet. Dieser Kirche gab er den Auftrag, das Werk der Erlösung der Menschheit bis in die spätesten Zeiten hinein fortzusetzen unter der Führung eines Hauptes, durch das Lehramt der mündlichen Lehrverkündigung und durch die Spendung der Sakramente, in denen die Quellen himmlischer Gnaden fließen.“

Der ist also katholisch, der mit der einen wahren Kirche durch das Band der Leitung, das Band der Lehre und das Band der sieben Sakramente verbunden ist. Die Leitung des Petrus und der Apostel, die ganze Lehre Christi, und die Fülle des sakramentalen Lebens aber existieren zusammen nur in der einen wahren Kirche, die die katholische ist. Deswegen sagt Pius XI weiter:

„So kann es gar nicht anders sein, als dass die Kirche Christi nicht nur heute und in alle Zeit fortbesteht, sondern sie muss auch heute noch die gleiche sein, die sie zur Zeit der Apostel war. Sonst müssten wir sagen – was fern von uns sei -, Christus der Herr sei nicht imstande gewesen, sein Vorhaben auszuführen, oder er habe geirrt, als er sagte, die Mächte der Hölle würden seine Kirche nicht überwältigen.“

Viele sind heute leider von dieser Einheit der Kirche getrennt, manche nicht durch eigene Schuld. Für alle aber gibt es nur einen Weg zur Einheit, den Papst Pius XI deutlich zeichnet:

„Es gibt (…) [daher] keinen anderen Weg, die Vereinigung aller Christen herbeizuführen, als den, die Rückkehr aller getrennten Brüder zur einen wahren Kirche Christi zu fördern, von der sie sich ja einst unseligerweise getrennt haben. (…) Der mystische Leib Christi, das ist die Kirche, ist ja eine Einheit, zusammengefügt und zusammengehaltenwie der physische Leib Christi, und so ist es unangebracht und töricht zu sagen, der mystische Leib könne aus getrennten und zerstreuten Gliedern bestehen. Wer mit dem mystischen Leib Christi nicht eng verbunden ist, der ist weder ein Glied desselben, noch hat er einen Zusammenhang mit Christus, dem Haupt.“

Ist diese klare Lehre nun in der neuesten Zeit geändert worden? Diejenigen, die eine Änderung dieser grundsätzlichen Linie behaupten, berufen sich oft fälschlich auf das letzte Konzil. Es ist wahr, dass das Zweite Vatikanische Konzil auf jene Elemente der Wahrheit hingewiesen hat, die bei den getrennten Brüdern von der katholischen Einheit übriggeblieben sind, so etwa bei allen die Taufe, bei manchen die Eucharistie und bei den orthodoxen Gemeinschaften sogar alle Sakramente. Daher sagt das Dokument über die Ökumene Unitatis Redintegratio in seiner Nummer 3 nicht zu Unrecht: „Hinzu kommt, daß einige, ja sogar viele und bedeutende Elemente oder Güter, aus denen insgesamt die Kirche erbaut wird und ihr Leben gewinnt, auch außerhalb der sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche existieren können.“

Bei aller Wertschätzung der getrennten Brüder bleibt das Konzil bei dieser Aussage jedoch nicht stehen. Es führt vielmehr weiter aus:

„Dennoch erfreuen sich die von uns getrennten Brüder, sowohl als einzelne wie auch als Gemeinschaften und Kirchen betrachtet, nicht jener Einheit, die Jesus Christus all denen schenken wollte, die er zu einem Leibe und zur Neuheit des Lebens wiedergeboren und lebendig gemacht hat, jener Einheit, die die Heilige Schrift und die verehrungswürdige Tradition der Kirche bekennt.“

Daraus ziehen die Konzilsväter einen wichtigen Schluss, der der überlieferten Lehre der Kirche völlig entspricht. Sie sagen:

„(…)nur durch die katholische Kirche Christi, die das allgemeine Hilfsmittel des Heiles ist, kann man Zutritt zu der ganzen Fülle der Heilsmittel haben. Denn einzig dem Apostelkollegium, an dessen Spitze Petrus steht, hat der Herr, so glauben wir, alle Güter des Neuen Bundes anvertraut, um den einen Leib Christi auf Erden zu konstituieren, welchem alle völlig eingegliedert werden müssen, die schon auf irgendeine Weise zum Volke Gottes gehören.“

Alle müssen also der einen wahren katholischen Kirche völlig eingegliedert werden, damit sie Zutritt zu der ganzen Fülle der Heilsmittel haben. Daher müssen jene, die der Kirche fernstehen oder von ihr getrennt sind, zu ihr geführt oder zu ihr zurückgeführt werden. Es gibt keinen anderen Weg, um hier auf Erden alle Heilsmittel zu erhalten, die Christus seiner Kirche eingestiftet hat. Daher lehren wiederum die Konzilsväter schon in der apostolischen Konstitution Lumen gentium, Nr. 8 mit großer Klarheit von der katholischen Kirche:

„Dies ist die einzige Kirche Christi, die wir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen (12). Sie zu weiden, hat unser Erlöser nach seiner Auferstehung dem Petrus übertragen (Joh 21,17), ihm und den übrigen Aposteln hat er ihre Ausbreitung und Leitung anvertraut (vgl. Mt 28,18 ff), für immer hat er sie als “Säule und Feste der Wahrheit” errichtet (1 Tim 3,15). Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfaßt und geordnet, ist verwirklicht in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“

Menschen, die ohne eigene Schuld die Wahrheit nicht kennen oder nicht annehmen können, können durch ein geheimnisvolles Heilswirken Gottes unter bestimmten Umständen doch gerettet werden, denn Gott ist gerecht. Auch das ist eine überlieferte Lehre der Kirche, die sich in der von Papst Pius XII abschließend formulierten Wahrheit von der Begierdetaufe zusammenfassen lässt. Das aber ändert nichts an der grundsätzlichen Heilsnotwendigkeit der Kirche, durch die auch diejenigen das Heil erlangen, denen Gott auf uns verborgenen Wegen Barmherzigkeit erweist. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt daher mit dem gesamten vorhergehenden Lehramt die Zugehörigkeit zur Kirche als notwendige Bedingung zum Heil. Es sagt in der Nr. 14 der Konstitution über die Kirche:

„Gestützt auf die Heilige Schrift und die Tradition, lehrt [die Heilige Synode], daß diese pilgernde Kirche zum Heile notwendig sei. Christus allein ist Mittler und Weg zum Heil, der in seinem Leib, der Kirche, uns gegenwärtig wird; indem er aber selbst mit ausdrücklichen Worten die Notwendigkeit des Glaubens und der Taufe betont hat (vgl. Mk 16,16; Joh 3,5), hat er zugleich die Notwendigkeit der Kirche, in die die Menschen durch die Taufe wie durch eine Türe eintreten, bekräftigt. Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten.“

Alle anderen Heilswege sind unsicher und dunkel. Auf dem Antlitz der Kirche dagegen erscheint die Herrlichkeit Christi, des Lichtes der Völker (Lumen gentium 1). Nur in ihr ist Christus ganz gegenwärtig mit der Kraft seiner hohepriesterlichen Leitungsgewalt, dem Glanz seiner unverfälschten ewigen Wahrheit und dem Gnadenstrom aller seiner Sakramente. Nur in ihr wird er angebetet in der Fülle von Gnade und Wahrheit. Nur sie vereinigt alle Heilsmittel auf sich und nur sie verkündet seine tatsächliche Gegenwart ohne Kompromiss und ohne Unklarheit durch die Schönheit ihrer Liturgie, die Eindeutigkeit ihrer eucharistischen Disziplin und die unveränderlichen Worte ihres Dogmas.

Wir Katholiken, die wir die unverdiente Gnade erhalten haben, der einen wahren Kirche angehören zu dürfen, müssen durch ein heiliges Leben und eine große Liebe zur Kirche alle anderen zu ihr hinführen. Dabei gilt es, die „Wahrheit in der Liebe zu tun“, damit die Art und Weise unseres Glaubenszeugnisses niemandem abschreckt, sondern alle anzieht (vgl. UR 11).

Trotzdem dürfen wir keine Kompromisse mit Wahrheit und Leben des katholischen Glaubens machen. So sagen wiederum die Väter des letzten Konzils (ebd.):

„Die gesamte Lehre muß klar vorgelegt werden. Nichts ist dem ökumenischen Geist so fern wie jener falsche Irenismus, durch den die Reinheit der katholischen Lehre Schaden leidet und ihr ursprünglicher und sicherer Sinn verdunkelt wird.“

Nun wissen wir ganz klar, wer katholisch ist. Nur der ist katholisch, der der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche voll angehört. Also derjenige, der der von Christus stammenden rechtmäßigen Leitungsgewalt der Kirche Gehorsam leistet, der die ganze von ihr allezeit verkündete Wahrheit der Offenbarung glaubt und der durch das Band des sakramentalen Lebens in ihr die Heilsgnade empfangen hat.

Katholisch zu sein, ist ein großes Geschenk! Geben wir es weiter! Die Kirche ist das Tor zum Heil! Öffnen wir ihre Türen weit durch mutiges Glaubensbekenntnis und gelebte Nächstenliebe! Werden wir Apostel, damit alle wieder zu dem einenSchafstall Christi finden! Nur so wird die Bitte Christi verwirklicht, die er mit Eindringlichkeit an den Vater gerichtet hat: „Ut unum sint, daß alle eins sein mögen. Amen!