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Predigt beim Requiem für Frau Francis Heidenreich, Mutter von Kanonikus Peter Heidenreich, Prior von Engelport, am 23. Januar 2024 von Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz
Für eine Mutter bleibt jeder immer ein Kind. Deswegen ist der Tod einer geliebten und guten Mutter auch der Moment, wo wir alle den endgültigen Schritt in das Erwachsensein tun. Die Mutter ist immer an unserer Seite gewesen. Die Mutter hat uns von dem, was wir sind und was wir haben, fast alles gegeben. Deswegen ist eine gute und liebende Mutter, so wie die Ihre, lieber Kanonikus, mit der Kirche zu vergleichen.
Die Mutter gibt uns am Anfang des Lebens das physische Leben. Sie gibt uns, indem sie uns neun Monate unter ihrem Herzen trägt, ihr eigenes Blut und ihr eigenes Fleisch. Wir wachsen in ihr und mit ihr, und schließlich gebiert sie uns in diese Welt hinein. Ohne die Mutter, die sich dem Vater öffnet und die ihr ganzes Leben mit uns teilt, wären wir nichts.
So ist es auch mit der Kirche. Sie gebiert uns zum Leben mit Gott; sie nimmt uns auf in ihren heiligen Leib; sie lässt uns durch die Gnade in ihm wachsen und sie schenkt uns gleichsam ihr eigenes Leben, das sie von Christus empfangen hat, damit wir vor Gott und in der Ewigkeit Menschen bleiben, die in der Gnade leben und durch die Gnade gerettet werden. So wie wir unser physisches Leben von der guten Mutter erhalten, so gibt uns die Kirche alles, was wir benötigen, um mit und in Gott zu leben.
Doch nicht nur das. Eine gute Mutter kümmert sich ebenso immer um unser Wohl. Sie gibt uns von Anfang an alles, was wir zum täglichen Leben brauchen. Die eigene Milch, später die weitere Nahrung, die Bekleidung, sie kennt alles genau, was wir brauchen, und selbst wenn wir erwachsen sind, ist es die Mutter, die sich am allermeisten um unser Wohlergehen und um unser leibliches Wohl sorgt und aus dieser Sorge handelt.
Genauso wiederum die Kirche: Sie gibt uns in den sieben Sakramenten eine Nahrung, die uns ein ganzes Leben lang auf verschiedene Weise nährt und begleitet von der Wiege bis zur Bahre. Sie kümmert sich um unser geistiges Wohl, das, wenn wir es pflegen, auch unserem leiblichen Wohl hilft. Die Kirche ist bei uns und kümmert sich wie niemand anderes um uns, so sehr, dass sie die Einzige ist, die uns, anders als die leibliche Mutter, selbst über unseren Tod hinaus noch begleiten und beschützen kann.
Eine gute Mutter aber gibt uns nicht Nahrung, die Mutter lehrt uns auch: Sie lehrt uns die ersten Gebete; sie lehrt uns die vielen wichtigen Kleinigkeiten des Lebens; sie lehrt uns, wenn wir langsam anfangen zu lesen und zu schreiben; sie gibt uns viel persönliche Weisheit und Erfahrung weiter; sie lehrt uns das Wahre vom Falschen zu unterscheiden, die Lüge zu meiden und das Böse zu hassen. Die Mutter ist unsere erste Lehrerin.
So wie die Mutter, so lehrt uns auch die Kirche. Sie ist mater et magistra, Mutter und Lehrerin: durch die Offenbarung, die sie von Christus erhalten hat; durch die Gebote, die sie uns zu unserem Heil weitergibt; durch all die Lehren, die sie im Lehramt und im Katechismus bewahrend überliefert, damit wir nicht in die Irre gehen, damit wir das Wahre vom Falschen zu unterscheiden wissen, und damit wir, ihrer Lehre folgend, den Weg finden zu ihrem Sohn Jesus Christus, der uns liebt und rettet.
Die leibliche Mutter lehrt uns auch Disziplin. Sie lebt uns vor und lehrt uns vieles, was wir ein ganzes Leben lang tun, vieles, das die Ordnung in unserem Leben aufrechterhält, auch dann, wenn es schwierig ist. Vieles, was wir an guten, schönen und heiligen Gewohnheiten kennen, haben wir von unserer Mutter gelernt. Sie hat uns gelehrt, wie wir richtig essen sollen; sie hat uns gelehrt, wie wir uns anderen gegenüber respektvoll verhalten sollen; sie hat uns gelehrt, was sie aus ihrem eigenen Lebensschatz erfahren hat, damit wir auch in der Welt zurechtkommen und gute und gerechte Menschen werden. Vor allem aber lehrt sie uns beten!
Auch in diesem Fall ist die gute Mutter mit der Kirche zu vergleichen, denn die Kirche lehrt uns die Disziplin und Ordnung Gottes. Auch sie lehrt uns beten! Sie begleitet uns auf unserem Lebensweg, und immer dann, wenn wir zu straucheln drohen, ist ihre mütterliche Hand dabei, uns wieder in die Ordnung Gottes einzufügen und uns zu zeigen, wie Gott unser Leben lenken will. Sie zeigt uns, dass Gott uns Sein Vertrauen nach einem bereuten Fall wieder schenken will, damit wir Seiner weisen Lenkung folgen und treue Kinder der Kirche bleiben. Die Kirche kennt keine harte Disziplin, so wie die Strafen einer guten Mutter niemals hart sind. Wie die leibliche Mutter besitzt die Kirche eine heilsame Disziplin, die den Sünder wohl manchmal schmerzt, die uns aber dahinführt, zu tun und anzunehmen, was gut für uns ist und was Christus zu unserem Heile für uns will.
Heute ist es besonders tröstlich, daran zu denken, dass die gute Mutter mit der Kirche ein weiteres Wichtiges gemeinsam hat, nämlich das Gebet für ihre Kinder. Die gute Mutter betet ein ganzes Leben für uns. Sie lässt uns im Gebet nie allein; sie denkt an ihre Kinder; sie denkt an sie in Schwierigkeiten; sie denkt an sie immer dann, wenn sie des Gebetes bedürfen und es gibt wohl keine christliche Mutter, die einschläft, ohne nochmals für alle ihre Kinder gebetet zu haben.
So macht es auch die Kirche. Sie betet für uns ohne Unterlass, sie betet für alle ihre Kinder auf dem ganzen Erdkreis, vor allen Dingen für diejenigen, die es besonders schwer haben. Die Kirche opfert für sie ohne Unterlass! Sie opfert für sie das eine, heilige Dank- und Sühneopfer, ohne das wir gar nicht mit Gott leben könnten und ohne das wir nicht gerettet werden könnten. Die Gebete der Kirche – wie die Gebete einer guten Mutter – hören niemals auf und sie begleiten uns in die Ewigkeit. So wie eine Mutter für ihre lebenden und verstorbenen Kinder beten wird, ob sie nun selbst noch auf Erden oder schon in der Ewigkeit ist, so betet auch die Kirche allezeit weiter für diejenigen, die aus diesem irdischen Leben geschieden sind, damit sie baldmöglichst die Herrlichkeit sehen können, auf die sie sie ein ganzes Leben durch ihre Mutterliebe vorbereitet hat.
So ist es an diesem Abend, wo wir Ihrer verstorbenen Mutter Francis gedenken, lieber Herr Kanonikus, besonders tröstlich für Sie selbst, aber auch für ihre Mutter, die ihnen in die Ewigkeit vorausgegangen ist, dass Sie sich entschieden haben, der Berufung Gottes zu folgen und ein Sohn der Kirche zu werden. Ihre leibliche Mutter wird Sie auch jetzt nicht verlassen und weiter für Sie beten, weil sie weiterhin die Mutter ist, die Sie liebt und Ihnen nahesteht, obwohl Sie Ihnen nun nicht mehr auf Erden nahe sein kann. Ihre Mutter und Sie selbst aber werden dadurch getröstet, dass Sie nun hier auf Erden eine noch größere, eine noch gnadenvollere, eine noch mehr mit Christus verbundene Mutter bekommen haben, nämlich die heilige Kirche, deren treuer Sohn Sie sind. Die Mutter Kirche aber wird Sie, wenn Sie wie Ihre leibliche Mutter ein ganzes Leben lang Ihre Pflicht tun und die Liebe Christi leben, dahin bringen, wo Christus, der ewige Hohepriester, Sie immer schon erwartet. Dort werden Sie beide Mütter wiederfinden, Ihre liebe, gute Mutter Francis und das himmlische Jerusalem, das die ewige Kirche ist. Amen.
Predigt am Fest der Beschneidung des Herrn, dem 1. Januar 2024, von Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Gibt es noch Hoffnung? Die Geschichte der Menschheit ist voll von Krieg, von Hass, von Streit, von Mord und Ungerechtigkeit. Unsere Zeit bildet davon keine Ausnahme. Auch das Jahr des Herrn 2024 beginnt mit Krieg und der Drohung, dass selbst der Weltfrieden in Gefahr geraten könnte. Das Verhalten der Menschen gibt seit dem Sündenfall wenig Grund zur Hoffnung.
Trotzdem können wir am Beginn dieses Jahres mit Hoffnung in die Zukunft blicken! Diese Hoffnung ist keine bloß menschliche Hoffnung; sie ist kein schaler Zwangs-Optimismus; sie ist nicht auch nicht der rheinische Fatalismus des „et es noch immer jut jegangen.“ Sondern sie ist eine Hoffnung, die auf Dem ruht, der heute in Seiner Beschneidung den Namen Jesus erhalten hat. Jesus bedeutet: Jahwe ist der Erlöser, Jahwe ist der Herr. Dieser Name, der schon vom Engel Gabriel der Jungfrau in Nazareth prophezeit worden war, sagt uns, dass der Erlöser gekommen ist, um Sein Volk, das heißt uns alle, von den Sünden zu erlösen.
Zunächst einmal bezeichnet der Name Jesu, Jahwe ist der Erlöser, die Tatsache, dass der präexistente Gott, dass die zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit in diese Welt eingetreten ist; dass Er kein ferner Gott ist, sondern der Gott Immanuel, der Gott mit uns, der jedem zur Seite steht, der dadurch, dass Er unsere menschliche Natur angenommen hat, so geworden ist wie wir, aber trotzdem nichts von Seiner göttlichen Größe, nichts von Seiner Allmacht, nichts von Seiner Weisheit, nichts von dem, was uns erlösen kann, verloren hat, sondern das alles mitgebracht hat in diese Welt, um mit der Kraft, die Ihm als Gott zukommt, uns von neuem das Heil zu erwirken. Diese Gegenwart Gottes ist der Grund unserer Hoffnung!
Jahwe ist Herr. Das bedeutet auch, dass das Kind, das im Tempel nach der Gewohnheit der Juden beschnitten worden ist, der Gesandte Gottes ist. Der Herr, den der Vater in die Welt gesandt hat, um uns die frohe Botschaft zu verkünden, um im Namen Gottes Gesetze und Gebote zu erlassen, nicht, um uns das Leben schwer zu machen, sondern um uns zum Heil zu bringen, das Er der Welt verkündet. Er ist der Gesandte Gottes, der die Heilswahrheit verkündet, der aber auch die Werkzeuge des Heils stiftet, der dazu die Kirche gründet, und ihr die sieben Sakramente hinterlässt: Heilszeichen, die die göttliche Macht in aller Not und in aller Schwierigkeit des menschlichen Lebens unter uns sichtbar und wirksam machen, damit wir in jedem Moment das Heil erhalten können, wenn wir diese Heilszeichen mit der Kirche feiern und uns ihrer Gnaden versichern. So ist der Herr der Legat des Vaters, hinein gesandt in diese Welt, um Institution und Zeichen zu bringen, in denen göttliche Kraft zur Erlösung der Menschen wirkt, als Werkzeug unserer Hoffnung!
Jahwe ist Erlöser. Jesus ist ebenso, wie wir im Geheimnis der Beschneidung im Tempel erkennen können, der Opferpriester der Erlösung. Er ist schon im Mutterschoße Priester, weil Seine Menschheit an der Kraft der Gottheit teilhat und so in ihrem Opfer uns die Erlösung bereitet. Der Schmerz der Beschneidung ist bereits ein priesterliches Werk, weil alles, was Jesus mit uns, an uns und für uns leidet, die Erlösung bewirkt. Sein gottmenschliches Priestertum ist das Fundament dieser Erlösung und die Wirkkraft unserer Hoffnung.
Daher ist auf eine dreifache Weise der Name Jesu für uns eine Hoffnung gegen Tod und Not in dieser Welt, gegen Hass, Lüge, Streit und alles Böse. Denn wir wissen aus dem Glauben der Kirche: Der allmächtige Gott, der Gott Emmanuel, ist wirklich in dieser Welt mit uns gegenwärtig; der allmächtige Gott lässt uns nicht allein, sondern sendet seinen Sohn als Verkünder der Wahrheit und hinterlässt uns in der Kirche und ihren Sakramenten wirksame Heilszeichen unserer Erlösung; der allmächtige Gott opfert sich im gottmenschlichen Hohepriester Jesus Christus für uns, nimmt alle Schmerzen unserer Natur auf Sich, um dadurch in göttlicher Kraft wunderbarer wiederherzustellen, was uns in der Schöpfung vom Vater wunderbar geschenkt worden war.
Deswegen dürfen wir an diesem ersten Tag des Jahres nicht nur mit christlicher Hoffnung in die Zukunft blicken, sondern wir dürfen uns ebenso mit dem priesterlichen Opfer Jesu Christi dankbar vereinen. Es ist ja nicht nur Sühnopfer für unsere Sünden, das die Ehre Gottes auf dieser Welt wiederherstellt, sondern auch Lob- und Dankopfer für das durch die Allmacht Gottes Geschenkte: Ευχαριστειν, eucharistein, die Kirche sagt opfernd Dank! Danken wir besonders am Anfang des Neuen Jahres dem großen Gott von Herzen mit all den Opfern, die die Kirche auf dem ganzen Erdkreis feiert, denn Jesus, unser Emmanuel, Messias und Heiland, ist in die Welt gekommen, um uns zu erlösen. Er ist unsere Hoffnung! Amen.
Eine Erklärung zu den Blasphemien, die bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Paris zur Verhöhnung unseres Glaubens begangen wurden
Liebe Gläubige,
Am 27. Juli hat Seine Exzellenz Andrew Cozzens, Bischof von Crookston und Vorstandsvorsitzender des Nationalen Eucharistischen Kongresses, eine Erklärung zu den Blasphemien, die bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Paris zur Verhöhnung unseres Glaubens begangen wurden, abgegeben. Wir veröffentlichen hier einen Auszug aus seiner Mitteilung und ermutigen alle Gläubigen, sich dieser Wiedergutmachung an das Heiligste Herz Jesu anzuschließen!
27. Juli 2024
“Wenn mein Volk aber, das meinen Namen trägt, beugt sich nieder, betet, sucht mein Angesicht und bekehrt sich von seinen schlimmen Wegen, dann höre ich es vom Himmel aus, verzeihe seine Sünden und bringe Heilung in sein Land.” (2 Chr 7:14)
Die neu restauriert Kathedrale von Notre Dame in Paris ist ein Symbol unseres Glaubens und ein Zeichen für die Bedeutung der heiligen Messe, die uns wiederrum das letzte Abendmahl geistig gegenwärtig macht. Am 26. Juli, in Paris, wurde fast eine Milliarde Männer, Frauen und Kinder – die vor Ort anwesend oder per Live-Übertragung – Zeugen einer öffentlichen Verspottung der heiligen Messe, die „Quelle und Gipfel des christlichen Lebens“ (LG, 11) ist.
Während der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele wurde das berühmte Da Vinci-Meisterwerk „Das letzte Abendmahl“ auf abscheuliche Weise dargestellt.
Dies hinterließ bei uns einen solchen Schock, eine solche Trauer und einen solchen gerechten Zorn, dass es mit Worten nicht zu beschreiben ist.
…
Brüder und Schwestern, wir wissen, dass das, was der Feind für das Böse vorsieht, Gott für das Gute nutzt. Wir wissen, dass „wo die Sünde überhand nimmt, die Gnade umso mehr überströmt“ (Röm 5:20).
Im Laufe der Geschichte der Erlösung haben der Herr und seine Propheten uns, das Volk Gottes, dazu aufgerufen, auf die Finsternis des Bösen mit dem Licht zu antworten, das vom Herrn kommt.
Das Herzstück dieses Aufrufs sind Gebet und Fasten. Jesus sagte uns, dass manche Dämonen „nur durch Gebet [und Fasten] ausgetrieben werden können“ (Mk 29:9). Er hat uns dies vorgelebt, als er vor Beginn seines öffentlichen Wirkens 40 Tage in der Wüste verbrachte, betete und fastete und Gott, den Vater, bat, ihn auf alles vorzubereiten, was vor ihm lag – einschließlich seiner vollkommenen Selbsthingabe durch seinen Tod am Kreuz.
Wir glauben, dass das letzte Abendmahl mit dem Tod Christi am Kreuz verbunden ist und dass diese Ereignisse zusammen mit der Auferstehung eine Einheit im Ostergeheimnis bilden. Das Pascha – Mysterium, das mit dem letzten Abendmahl beginnt, ist der heiligste Moment im Leben Jesu. Damals hat Jesus sein Leben für uns geopfert, damit wir für immer an seinem göttlichen Leben teilhaben können.
Am Freitagabend in Paris erlebte Jesus seine Passion erneut als das letzte Abendmahl öffentlich diffamiert wurde. Die Gläubigen, als sein lebendiger Leib, sind eingeladen, mit ihm in diesen Moment der Passion, der öffentlichen Schande, des Spottes und der Verfolgung gemeinsam einzutreten.
Wir tun dies durch Gebet und Fasten. Und unser größtes Gebet – in der Saison und außerhalb der Saison – ist das Heilige Messopfer.
Wenn sich die Kirche in aller Weltmorgen am Altar des Herrn versammelt, sollten wir dies mit neuem Eifer tun. Beten wir um Heilung und Vergebung für alle, die an dieser Verhöhnung beteiligt waren. Verpflichten wir uns in dieser Woche zu verstärktem Gebet und Fasten als Wiedergutmachung für diese Sünde. Vielleicht könnten Sie diese Woche noch einmal die Messe besuchen oder eine zusätzliche heilige Anbetungsstunde vor dem Allerheiligsten Sakrament einlegen?
Vielleicht werden wir auch aufgefordert, über dieses Übel zu sprechen. Lassen Sie uns dies mit Liebe, aber auch mit Entschlossenheit tun. Frankreich und die ganze Welt werden durch die Liebe, die durch die Messe ausgegossen und die durch das letzte Abendmahl zu uns gekommen ist, gerettet.
Inspiriert von den vielen Märtyrern, die ihr Blut vergossen haben, um die Wahrheit der heiligen Messe zu bezeugen, werden wir nicht beiseite und still danebenstehen, während die Welt unser größtes Geschenk des Herrn Jesus verspottet. Vielmehr werden wir durch unser Gebet und Fasten den Heiligen Geist bitten, uns mit der Tugend der Stärke zu festigen, damit wir Christus – unseren Herrn und Erlöser, der in der Eucharistie wahrhaftig gegenwärtig ist – zur Ehre Gottes und zur Erlösung der Seelen verkünden können.
Gestärkt durch Christus, seien wir die eucharistischen Missionare, zu denen wir berufen sind.
+In Christus Jesus,
Seine Exzellenz Andrew H. Cozzens, S.T.D., D.D.
Bischof von Crookston
Vorsitzender des Vorstandes des Nationalen Eucharistischen Kongresses
Predigt am Sonntag in der Oktav von Weihnachten, dem 31. Dezember 2023, von Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Signum contradictionis, ein Zeichen, dem widersprochen werden wird: Das sind die Worte des Propheten Simeon über unseren Herrn Jesus Christus (Lk 2, 33- 30). Und tatsächlich ist Christus von Anfang an und in all Seiner Mission während Seiner Lebenszeit und der ganzen Kirchengeschichte immer ein Zeichen des Widerspruches geblieben. Schon damals hat das Volk Israel in den meisten Seiner Vertreter Ihn nicht anerkennen wollen, und noch heute leugnen viele Seiner Volksangehörigen, dass unser Herr der Messias ist, der gekommen ist, um uns zu retten. Die Heiden Seiner Zeit und unserer Zeit nehmen am Herrn Anstoß, weil sie nicht wahrhaben wollen, dass Er der Erlösergott ist, der über alles herrscht und der alles zum Vater zurückbringen soll.
In der ganzen Kirchengeschichte aber hat es auch im Inneren der Kirche solche gegeben, die an Jesus Christus als Herrn und Erlöser, als Gott und Mensch Anstoß genommen haben; für die er, obwohl sie sich Christen nannten und nennen lassen, ein Zeichen des Widerspruchs war und ist. In den ersten sechs Jahrhunderten haben viele Häresien die Wahrheit der Gottmenschheit Jesu Christi geleugnet. Der Adoptianismus, der Arianismus, der Nestorianismus haben Ihn als bloßen Menschen gesehen und den Glanz und die Herrlichkeit der Gottheit, die in Ihm war, nicht erkennen wollen. Der Monarchismus und der Monophysitismus dagegen haben seine wahre Menschheit verkannt und behauptet, nur die Gottheit lebe in ihm wirklich, und die Menschheit sei nur wie eine äußere Hülle, eine für uns angenommene Verkleidung.
In der Kirchengeschichte haben die Häresien nie aufgehört, Unruhe zu stiften. Die Irrlehrer, die an Jesus Christus und Seiner ganzen Wahrheit Anstoß genommen haben, haben sich sozusagen von Jahrhundert zu Jahrhundert die Hand gereicht: Jene, die Christus Selbst als Gottmensch geleugnet haben, jene aber auch, die Sein Gnadenwerk, die Kirche und die Sakramente abgelehnt haben: etwa die Pelagianer, die die Erbsünde und die Notwendigkeit der Gnade leugneten, die Katharer und die Hussiten, die das Wirken des Heiligen Geistes in der Institution der Kirche verkleinerten, so wie schließlich diejenigen, die sich als protestierende Reformer verstanden haben, und die mit der Kirche, dem Priestertum und sogar der substantiellen Gegenwart des Herrn in der heiligen Eucharistie nichts mehr anfangen konnten. Diese Reihe dieser Irrlehrer könnte noch beliebig verlängert werden!
Auch in unserer Zeit haben Rationalismus, Modernismus und Progressismus an Christus Anstoß genommen. Sie wollen die Wahrheit der Offenbarung, die Jesus Christus in der Schrift und in der Tradition Seiner Kirche hinterlassen hat, nicht wahrhaben oder verändern, sie stehen der von Christus eingesetzten kirchlichen Ordnung und dem Priestertum kritisch gegenüber; viele ihrer Vertreter lehnen rundweg die Moral der Kirche ab oder wollen sie der Zeit anpassen, entgegen der klaren und eindeutigen Botschaft Christi und Seiner Apostel.
Immer also hat es Menschen gegeben, auch in der Kirche, die an Christus Anstoß genommen haben, die Irrlehren vertreten haben, die wir in der Kirchengeschichte und auch heute als Häretiker bezeichnen können. Was aber haben alle diese Irrlehren gemeinsam? Woran kann man auch heute noch eine Häresie klar erkennen?
Zunächst genau daran, dass Christus und Sein Werk nicht angenommen werden, dass die Gottheit Jesu Christi oder Seine Menschheit nicht anerkannt wird und das Erlösungswerk Christi in der Kirche, in den Sakramenten und in der Moral, die Er uns gegeben hat, damit wir das Heil erlangen, verkleinert oder verändert werden soll. Der Gottmensch Christus und seine Kirche sind für alle Häretiker aller Zeiten ein Zeichen des Anstoßes.
Jede Irrlehre will daher auch immer das Neue, das Originelle, angeblich noch nicht Dagewesene fördern, das nicht aus der apostolischen Tradition und der kirchlichen Überlieferung erklärt werden kann, das also im Widerspruch zu dem steht, was in der Kirche „ubique, semper et ab omnibus; überall, zu allen Zeiten und von allen“ (Vinzenz von Lerin, Commonitorium) geglaubt worden ist. Wenn eine solche von Menschen erfundene und der bisherigen Lehre der Kirche widersprechende Neuheit behauptet und verkündet wird, dann wissen wir, dass wieder eine Irrlehre ihr hässliches Haupt erhoben hat, um sich in der Kirche zum Verderben der Seelen breitzumachen.
Schließlich haben alle Irrlehrer aller Zeiten sich immer dem Zeitgeist und dem herrschenden Ton der Gesellschaft angepasst. Schon die Namen der jüngsten sehr komplexen und verzweigten Irrlehren des Modernismus und Progressismus bringen das passend zum Ausdruck. Das, was vorgeblich modern und progressiv ist, fördern sie, „was den Ohren schmeichelt“ (2 Tim 4, 3), wie der heilige Paulus sagt, wollen sie verkünden, weil man „die gesunde Lehre nicht erträgt“, damit das Christusgeheimnis keinen Anstoß gibt; damit das Zeichen des Kreuzes niemanden aus seinem Todesschlaf erwecken kann; damit das, was uns das Heil bringt, nicht mehr verkündet wird, sondern was gefällt und Ohrenkitzel bringt. Wer auch immer solche Häresien verkündet, gleich wer er ist, gleich wo er steht, der verkleinert Christus, der wird die ganze Heilsbotschaft nicht mehr unversehrt verkünden und die apostolische Überlieferung nicht weitergeben, und er wird deswegen auch der Welt und nicht Gott dienen wollen.
Trotzdem, so sagt der heilige Paulus, opportet et haereses esse, ist es notwendig, dass Irrlehren auftreten (1 Kor, 11, 19)! Durch die ganze Kirchengeschichte hindurch hat Gott solche Irrlehren zugelassen, und zwar zur Klärung und zur Erleuchtung der Glaubensgeheimnisse selbst. So hat die Kirche das Auftreten von Irrlehren immer zum Anlass genommen, den Glauben nochmals zu vertiefen und ihn noch deutlicher zu erklären. Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes, der Kirche als Ganze vor Irrtum schützt und unfehlbar macht, hat sie dadurch ihre immerwährende und unveränderliche Lehre noch genauer formuliert und die Dogmen in ihrem Zusammenhang besser verstanden. So kann sie durch die Zurückweisung der Irrlehren den Menschen immer besser die Heilswahrheit verkünden, die Christus der Kirche im ihr anvertrauten Schatz des wahren Glaubens, dem depositum fidei, für immer hinterlassen hat und der als einziger zum Heile führt.
Durch die Kraft des Heiligen Geistes wird es wieder zu einer solchen Klärung kommen. Werden wir also nicht verwirrt, wenn wir auch heute, wie zu allen Zeiten, Menschen sehen, gleich welchen Standes, die an Christus, der Kirche und ihrer Lehre Anstoß nehmen! Der Prophet Simeon hat das richtig vorhergesagt! Aber dieser Widerspruch wird Gott dienen, Größeres zu schaffen, eine tiefere Klarheit, eine strahlendere Heiligkeit und einen stärkeren Glauben. Keine Häresie ist so stark, dass sie Christus und Seine Kirche auf Dauer besiegen kann. Die Wahrheit Christi ist immer siegreich! Die Häretiker aller Zeiten mögen Anstoß an ihr nehmen, aber die Gläubigen aller Zeiten bleiben ihr treu; sie folgen der Lehre Christi und der Kirche; sie bekennen den Erlöser, und sie werden trotz aller Stürme der Zeit durch die wahre Lehre, die durch die Kirche von Christus kommt, immer und zu jeder Zeit das Heil erlangen. Amen.
Predigt am 1. Weihnachtstag, dem 25. Dezember 2023, von Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Wenn wir Menschen ein Tauschgeschäft machen, dann haben wir oft Angst, übervorteilt werden zu können. Am Ende ist das, was wir weggeben, vielleicht – so denken wir – nicht so viel wert wie das, was wir erhalten. Wir sind zögerlich. Wir tauschen nur mit einem gewissen Misstrauen gegenüber dem, der uns etwas gibt, um uns etwas zu nehmen.
Gott ist ganz anders! Das „wunderbare Tauschgeschäft“, „admirabile commercium“, das Er mit uns an Weihnachten macht, ist eines, bei dem der große Gott unendlich viel mehr gibt, als Er jemals erhalten kann. Denn Er gibt sich ganz, Sein göttliches Wesen und Seine allmächtige Gegenwart, und erhält dafür nur unsere arme, kleine Menschheit, die doch schon in ihrer Erschaffung ganz von ihm abhängt.
Um zu begreifen, wie sehr Gott Sich uns ganz schenkt, müssen wir noch tiefer in das Weihnachtsgeheimnis eindringen. Wir haben in der Epistel von der Unveränderlichkeit des göttlichen Wesens gehört: „Du aber bist immer derselbe, und Deine Jahre enden nie“ (Hebr 1, 12). Die Geheimnisse des durch die Menschwerdung des Wortes in die Geschichte herabsteigenden dreifaltigen Gottes sind uns auch im Prolog des Johannesevangeliums erschlossen worden (Jo 1, 1-14). Doch was bedeutet das alles? Was bedeutet es, dass der unveränderliche trinitarische Gott Mensch geworden ist und wir durch Seine große Güte ein neues Leben empfangen?
Dazu müssen wir zunächst bedenken, dass es eine dreifache Gegenwart Gottes in dieser Welt gibt. Die Gegenwart Seiner allmächtigen und unendlichen Größe, die praesentia immensitatis; die Gegenwart Seiner immer wirkenden Kraft und Gnade, die praesentia gratiae; und schließlich heute, als Siegel unter Seinem Heilsplan, die Gegenwart Seiner Gottheit in unserer Menschheit, in Seinem neugeborenen Sohn, die praesentia unionis.
Als Gott die Welt geschaffen hat, hat Er Seine Gegenwart in ihr als Grundstein dieser Welt festgesetzt. Diese Welt könnte nicht einen Augenblick bestehen, wenn der Gedanke Gottes, der sie ist und der durch Seine Allmacht lebendige Wirklichkeit geworden ist, aufhören würde, gedacht zu werden. Alles, was ist, ist von Gott bewegt. Er ist in allem! Der heilige Paulus sagt: „In Ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“ (Apg 17, 28). Das ist nicht im Sinne eines Pantheismus zu verstehen, denn Gott identifiziert sich nicht mit der Welt und bleibt von ihr unabhängig, daher auch nicht im Sinne eines Pantentheismus, als wenn Gott mit den Gegenständen und Personen dieser Welt eins wäre und deren Geschichte zu Sich käme. Die Allgegenwart Gottes bedeutet vielmehr, dass alles, was ist, an Seinem Sein teilhat; dass alles, was bewegt ist, durch Ihn getragen und in Bewegung versetzt wird; dass alles, was existiert, durch Ihn und Sein Sein, das allein mit der Existenz in eins fällt, die tatsächliche Existenz erhält und so von Ihm abhängt. Gott ist Seiner Welt so tief gegenwärtig und sie ist so tief in Ihm verankert, dass nichts sein und werden kann ohne Ihn und Seine Allmacht.
Diese geheimnisvolle, immer gegenwärtige Präsenz Gottes wird noch einmal überstiegen von der Präsenz der Gnade. Jedes Mal, wenn der Mensch, arm und sündig, wie er ist, etwas tut, das auch nur minimal zu seinem Heil beiträgt, kann er es nur tun, weil seine sündige Menschheit durch die Kraft Gottes bewegt und auf sein Endziel hin orientiert wird. Gott ist es, der in uns das Gute bewirkt. Vor allen Dingen tut Er das in denen, die die Gnade der Taufe erhalten haben und durch ein christliches Leben und die Teilhabe an den Sakramenten in der heiligmachenden Gnade bleiben dürfen. In ihnen ist die Kraft Gottes so gegenwärtig, dass in ihren Seelen die Kraft der Allerheiligsten Dreifaltigkeit lebt und, wie wiederum der heilige Paulus sagt, dass wir „Tempel Gottes“ sind und „der Geist Gottes“ in uns „wohnt“ (1 Kor 6, 19; auch 1 Kor 3, 16) sind. In jedem von uns ist diese wunderbare Gegenwart Gottes durch Seine Barmherzigkeit, Seine Güte und Seine Vaterliebe immer wirksam, um uns zu helfen, Seine Gebote zu halten und das zu tun, was zu unserem Heil gereicht.
Heute aber, Geliebte, werden diese zweifache Gegenwart der unendlichen Größe und Omnipotenz Gottes sowie Seiner immer wirksamen Gnade noch einmal überhöht in der praesentia unionis, nämlich durch jene Gegenwart, mit der Gott Sich Selbst einer menschlichen Natur für immer unvermischt und doch unzertrennlich vereinigt. Wenn wir vor der einzigartigen neapolitanischen Krippe von Kloster Engelport stehen und dort das Abbild des Jesusknaben verehren, dann verehren wir den allmächtigen Gott, der mitten unter uns Mensch geworden ist, und der die Gegenwart Seiner unendlichen Allmacht und die Kraft Seiner nie aufhörenden Gnade vereint hat in diesem Menschenkind in der Krippe, das durch Seine göttliche Kraft alles ändert, das uns von unserer Sünde befreit, und das diese Welt erneuern kann, damit die Herrlichkeit Gottes in ihr sichtbar wird durch Gnade und Wahrheit.
Diese besondere Gegenwart der Vereinigung der Gottheit mit der Menschheit im Jesuskind ist auch in den Sakramenten der Kirche wirksam, deren göttliche Kraft uns immer durch die heilige Menschheit Christi vermittelt wird, die das Werkzeug der Gottheit geworden ist. Dadurch haben wir in der heiligen Eucharistie den Jesusknaben immer mitten unter uns! Die Wirkung der hypostatischen Union, der Menschwerdung Gottes, dürfen wir in den Sakramenten der Kirche erfahren, vor allem auch in dem Sakrament der Sündenvergebung. Durch die göttliche Gegenwart in den Sakramenten können wir Gott nicht nur anbeten und unter uns verehren, sondern trotz unserer Sündhaftigkeit immer wieder mit Gott einen neuen Anfang setzen und das Heil wiedergewinnen.
Wir sehen also, was es bedeutet, dass der unveränderliche trinitarische Gott Mensch geworden ist. Seine Gegenwart in der Welt, wirksam durch Schöpfung und Gnade, ist nochmals stärker und sichtbarer geworden, und zwar zu unserem Heil! Danken wir also Gott, wenn wir vor der Krippe stehen, für seine dreifach wunderbare Gegenwart in dieser Welt. Diese Welt ist ganz von Gott getragen. In dieser Welt ist Gott in jedem Moment auf vielfache Weise gegenwärtig, als Erhalter, als Begnader, und schließlich als unser Erlöser. In jedem von uns möchte Er sogar Wohnung nehmen! Er zeigt uns das durch die weit ausgebreiteten Arme des Jesuskindes, das mit einer endgültigen, ewigen Geste der Gegenwart unsere Menschheit mit Seiner Gottheit versöhnt! Das ist das „admirabile commercium“, der wunderbare Tausch: Nicht Gott kommt in der Welt zu Sich, sondern die Welt kommt durch Seine Menschwerdung zu Ihm. Wir sehen durch die Gnade der Menschwerdung, wozu wir geschaffen sind, and was im Glanz des Weihnachtsfestes offenbar wird: Die Herrlichkeit des dreifaltigen Gottes! Amen.
Predigt am Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens, dem 8. Dezember 2023, von Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Das Fest des heutigen Tages ist geheimnisumwoben. Wie so oft können wir die Tiefe der göttlichen Geheimnisse, die sich uns offenbaren, auch an diesem Festtag nicht ausloten. Wir wollen daher nur einige Aspekte des Festgeheimnisses beleuchten und versuchen, zu drei Fragen eine wenigstens anfanghafte Antwort zu finden: „Wer ist Gott? Wer ist die Gottesmutter? Wer sind wir?“ Damit wir in der Beantwortung dieser Fragen nicht in die Irre gehen, wollen wir den großen seligen Papst Pius IX., der in einer für die Kirche schweren Zeit, am 8. Dezember 1854, dieses Dogma mit der Bulle Ineffabilis Deus feierlich verkündet hat, zu den in diesem Fest beschlossenen Glaubensgeheimnissen besonders zu Wort kommen lassen.
Zu der ersten Frage „Wer ist Gott?“, die vom Festgeheimnis der Unbefleckten Empfängnis beleuchtet wird, sagt der selige Papst in dieser berühmten Bulle das Folgende: „Der über alle Worte erhabene Gott (…) sah von Ewigkeit her das unheilvolle Verderben des ganzen Menschengeschlechtes infolge der Sünde Adams voraus. In Seinem geheimnisvollen, der Welt verborgenen Ratschluss beschloss Er aber, das erste Werk Seiner Güte (die Schöpfung), durch die Menschwerdung des Wortes auf eine noch unbegreiflichere Weise zu ergänzen (…) Darum wählte Er von Anfang an und vor aller Zeit schon für Seinen eingeborenen Sohn eine Mutter aus (…) Ihr wandte Er mehr als anderen Geschöpfen Seine besondere Liebe zu, und fand an ihr allein Sein höchstes Wohlgefallen (…) [und] begnadete sie so wunderbar, dass sie allezeit frei blieb von jedem Makel der Sünde.“
Aus diesen erhabenen Worten können wir viel über Gott erfahren, vor allen Dingen über seine Allmacht und vorhersehende Weisheit, die alles regiert. Denn vor aller Zeit hat Er in Seiner ewigen Gegenwart nicht nur die Sünde Adams vorausgesehen, die Er zugelassen hat für ein höheres Gut, sondern Er hat bereits das Gefäß der Erlösung, die heilige Jungfrau, vorherbestimmt, die Mutter Seines Eingeborenen Sohnes zu werden, der dann kommen sollte, um uns durch Seine Menschwerdung, Sein Kreuzesopfer und Seine Auferstehung zu erlösen. Aus dem Geheimnis des heutigen Tages können wir so erkennen, dass – wie wir gerade in der Epistel aus dem Buch der Sprüche (8, 22-35) gehört haben – die unbefleckte Gottesmutter immer vor Gottes Auge gegenwärtig war; dass Er sie vor allen Zeiten mit Seiner Liebe umfangen hat, dass Er sie, bevor alles geschaffen war, bereits in ihrer Herrlichkeit gesehen hat und dass Er ihr von Anfang an die Früchte der Erlösung Seines Sohnes überreich hat zukommen lassen. Die für uns unbegreifliche Zeitlosigkeit und geschichtslose Omnipräsenz des ewigen Gottes, für Den es nicht gestern, heute und morgen, sondern ausschließlich das ewige Jetzt gibt, hat diese Jungfrau aus Nazareth vor aller Zeit, vor aller Schöpfung gesehen, geliebt und als die Unbefleckte Empfängnis in diese Welt schicken wollen.
Gleichzeitig können wir erkennen, dass Gott in Seinen Gnadengaben völlig frei ist. Nichts ist Ihm geschuldet, dass Er nicht von vorneherein bereits hätte. Er ist so reich an Gnade, an Macht, an Barmherzigkeit, an Gerechtigkeit und an Güte, daß Er frei jedem zuteilt, was ihm zukommt. Suum cuique, jedem gibt er das, was Seine Gerechtigkeit und Seine Barmherzigkeit vor aller Zeit gesehen hat. Das große Geheimnis der Prädestination, der Vorherbestimmung Gottes für jeden einzelnen Menschen, ist ebenso in dem Geheimnis der Unbefleckten Empfängnis beschlossen, denn Gott hat vor allen Zeiten die Gottesmutter dazu bestimmt, das Gefäß der Gnade zu sein, nämlich der Gottesmutterschaft, also einer solchen Gnade, dass es eine größere nicht geben kann. Also ist Er auch uns gegenüber völlig frei, Er kann uns geben, was Er will, wie er will und wann er will! Aus reiner Barmherzigkeit gibt Er uns immer alles, was zu unserem Heil notwendig ist, aber wir haben von Ihm nichts zu verlangen. Denn alles, was Er gibt, gibt Er aus Seiner großartigen, göttlichen Freiheit, immer voraussehend, wer zum Heil bestimmt ist und wer Seinen Geboten gehorchen wird.
Gleichzeitig aber sagt natürlich das heutige Festgeheimnis viel über die Frage „Wer ist Maria?“, also über das einzigartige Wesen der Gottesmutter aus. Um das zu verstehen, müssen wir wieder den seligen Pius IX. zitieren, der das mit erleuchteten Worten gelehrt hat: „So überhäufte Gott die Gottesmutter weit mehr als alle Engel und Heiligen mit einer Fülle himmlischer Gnadengaben, die Er aus der Schatzkammer Seiner Gottheit nahm, begnadete sie so wunderbar, dass sie allezeit frei blieb von jeder Makel der Sünde, dass sie ganz schön und vollkommen wurde und eine solche Fülle von Reinheit und Heiligkeit besitzt, dass man, außer in Gott, eine größere [Heiligkeit] sich nicht denken kann, und dass niemand außer Gott sie [ganz] begreifen kann. Und es war auch ganz entsprechend, dass sie stets im Glanze vollkommenster Heiligkeit erstrahlte, dass sie sogar frei blieb von der Makel der Erbsünde und so über die alte Schlange einen vollen Sieg errang.“
Hier erklärt uns der Papst, warum wir die Gottesmutter mit einer besonderen Verehrung unsere Mutter nennen, warum sie die Königin aller Engel und Heiligen ist, warum nur Gott Selbst größer ist und wunderbarer als dieses von Ihm von Anfang an begnadete Geschöpf. Sie ist „voll der Gnade“, d. h. alles, was Gnade ist, ist in ihr überreich enthalten. Alles wird ihr ganz geschenkt. Sie erhält alles vor aller Zeit durch die vorausgesehenen Verdienste ihres gottmenschlichen Sohnes. Durch Ihn ist ihr alles in solcher Fülle gegeben, dass sie selbst die herrlichsten Engel überstrahlt, dass sie selbst die größten Heiligen und die wunderbarsten und mutigsten Kämpfer für unseren Herrn Jesus Christus mit ihrem Sohn als Königin beherrschen kann und ihnen vorausgeht. Wir können die Gottesmutter nächst Gott hier auf Erden nie zu viel verehren, denn in ihr ist eine solche Gnadenfülle, dass nur Gott allein die Fülle und Größe ihrer Heiligkeit ganz begreifen kann.
Das erklärt ebenso, warum wir sie als unsere Fürsprecherin jeden Tag verehren. Denn ihre Heiligkeit gibt ihr die Kraft, uns und unsere Bitten vor Gott zu tragen. Als vollkommen reine, unbefleckte, jungfräuliche Gottesmutter ist sie die nächste am göttlichen Thron. Jeder von uns kann sicher sein, dass, wenn er zu ihr geht, was Gott wirklich will, durch sie für uns erbeten wird. Denn sie ist das Tor zu Christus, die Pforte zu Gott; sie ist das helle Licht, das Gott selbst im Dunkel dieser Welt angezündet hat; sie vermittelt uns alle Gnaden ihres Sohnes, weil sie vor allen Menschen reich an Gnade und Heiligkeit ist. Die Kirche hat das von Anfang an begriffen, und das große Dogma von der Unbefleckten Empfängnis ist zusammen mit dem Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel nur die krönende Bekräftigung einer Verehrung, die seit der Zeit der Apostel die Christen immer klar in dem Bewusstsein hat leben lassen, dass es nächst Gott kein größeres und kein heiligeres Wesen auf dieser Erde gibt und niemanden unter den sündigen Menschen, der ihnen mehr helfen kann, als sie, die Sündenlose.
Schließlich beantwortet das Festgeheimnis auch die Frage „Wer sind wir?“, denn es sagt uns etwas sehr Wichtiges über uns selbst, das uns einerseits von der Gottesmuter unterscheidet, anderseits aber auch mit ihr vereint. Die Gottesmutter ist von Anfang an von aller Makel der Sünde befreit gewesen. Sie war immer makellos. Sie brauchte nie in irgendeiner Weise die Barmherzigkeit Gottes um Vergebung für ihre eigenen Sünden anzurufen. Wir aber müssen das tun! Wir sind alle von der Erbsünde gezeichnet. Wir sind alle Sünder und brauchen notwendig, dass sie uns zur Seite steht und uns Gott unter ihrem mütterlichen Mantel vorstellt, der oft genug unsere eigene Schuldhaftigkeit und Schwäche verbirgt. Trotzdem sind wir, genau wie sie, obwohl wir Sünder sind, erlöst durch Jesus Christus! Wir sind gleich ihr durch die Freiheit und Allmacht des allmächtigen und barmherzigen Vaters und das Opfer des Sohnes in der Lage, sehr große Gnaden zu empfangen.
Jeder von uns empfängt immer genügende Gnaden, um gerecht zu werden und heilig zu leben. Die Gnaden, die Gott uns gibt, kann Er täglich wachsen lassen. Jeder von uns ist daher, nach dem Beispiel der Gottesmutter, berufen zu einer immer größeren Heiligkeit. Je mehr wir dem Willen Gottes folgen, je mehr wir Seiner Lehre, die Er der Kirche anvertraut hat, Glauben schenken, je mehr wir uns der Gottesmutter anvertrauen, damit sie uns lehrt, den Willen Gottes demütig zu tun, desto mehr wird auch unsere Heiligkeit wachsen. Dann wird Gott, der allmächtige Vater, uns auf die Fürsprache der unbefleckten Gottesmutter durch Seinen und ihren Sohn Jesus Christus unzählige Gnaden geben, und so werden auch wir jeden Tag mehr, wenn wir nur wollen, dem Throne Gottes näherkommen, wo Christus mit der Gottesmutter herrscht im Himmel, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.