Generalgouverneur der Herz Jesu Gemeinschaft im Institut Christus König und Hohepriester
Der Generalgouverneur unserer Herz Jesu Gemeinschaft, Prof. Dr. Dr. hc. Wolfgang Graf Waldstein, ist am 17. Oktober, dem Fest der heiligen Margareta Maria Alacoque, Künderin der Geheimnisse des Herzens Jesu, umgeben von seiner Familie in Salzburg im Alter von 95 Jahren verstorben. Die göttliche Vorsehung hat gewollt, dass zur gleichen Zeit unser Generalprior in Neapel das Dankamt anlässlich der Einkleidung von weiteren fünf Novizinnen unserer Anbetungsschwestern zelebrierte, die gerade von S. Eminenz Dominique Kardinal Mamberti, dem Präfekten des Obersten Tribunals der Apostolischen Signatur in Rom, eingekleidet worden waren. Die tiefe Verbindung Wolfgang Graf Waldsteins zu unserem Institut wurde dadurch nochmals vom Wirken der Gnade unterstrichen.
Prof. Waldstein war seit seiner Studentenzeit mit der ursprünglichen Herz Jesu Gemeinschaft auf das engste verbunden und hat oft davon erzählt, wieviel er ihr und ihren Mitgliedern verdankte. Er hat sie bereits früh kennengelernt, vor allem von Prof. Eduard Seifert und Prof. Hofrat Ernst Wenisch zu ihr hingeführt. Prof. Dietrich von Hildbrand und Prof. Balduin Schwarz wie auch die große Wohltäterin des Institutes, Frau Dr. Karla Mertens, gehörten ebenso zu seinen engen Freunden. Er hat durch seine profunden Vorträge, durch seine tiefe Liebe zur Wahrheit, durch sein großes rechtswissenschaftliches, philosophisches und theologisches Wissen ebenso zum Wachstum der Gemeinschaft beigetragen wie durch sein Bespiel absoluter menschlicher Integrität, liebenswürdigster Nächstenliebe, starker Willenskraft und tiefsten kindlichen Glaubens. Ihm verdankt die Herz Jesu Gemeinschaft unter vielem anderen ihre ersten grundlegenden Konstitutionen wie auch die Anthologie der für die Gemeinschaft wichtigen Schriften. Uns sind er und seine uns allen so sehr an Herz gewachsene liebe Frau Marie Theresa „Esi“ Waldstein unvergesslich als ein Ehepaar, das sich immer den Glanz der ersten ehelichen Liebe und Zuneigung bewahrt hat und diesen Glanz mit anderen, auch den geistig und materiell Bedürftigen, großzügig geteilt hat. Nicht nur waren beide gute und selbstlose Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, sondern auch treue und hingebungsvolle Freunde für viele in und außerhalb der Herz Jesu Gemeinschaft.
Da beide von großer persönlicher Bescheidenheit waren und wenig von sich selbst zu sprechen pflegten, ist es gut, an Wolfgang und Marie Theresa Waldsteins Leben wenigstens in großen Linien zu erinnern, damit ihr Wert als Menschen und Christen noch deutlicher hervortritt:
Der 1900 in St. Petersburg geborene Vater Wolfgang Waldsteins, Ludwig Graf Waldstein von Halben, war Pianist, Musikerzieher und Komponist von Klavierwerken und Kammermusik neuklassischer Richtung sowie von Orgelwerken. Er entstammte der Arnauer Linie des berühmten böhmischen Adelsgeschlechts. Der Großvater diente als kaiserlicher Beamter dem russischen Zaren und war Direktor der Kaiserlichen Theater. Nach der kommunistischen Revolution, die das Zarenreich zur Sowjetunion machte, ging der Vater nach Finnland, wo er seine Frau, eine Finnländerin, eine Angehörige der schwedischen Minderheit in Finnland, kennenlernte. Finnland hatte bis 1917 zum Zarenreich gehört. Nur knapp entging er bei einem Konzert, schwer verletzt, einem politisch motivierten Mordanschlag. Wolfgang Waldsteins Mutter war in erster Ehe mit Fürst Nikolai Paschkow, aus einer ursprünglich aus Litauen stammenden Familie, verheiratet, den die Bolschewiken auf der Krim erschossen hatten.
Wolfgang Graf Waldstein wurde 1928 im mehrheitlich schwedischen Hangö geboren. In Helsingfors (finn. Helsinki) besuchte er die dortige deutsche Schule. Als im Herbst 1939 der sowjetische Angriff auf Finnland einsetzte, emigrierte die Familie nach Salzburg, wo der Vater Professor am berühmten Mozarteum wurde. In der Familie fühlte man sich auch in Finnland, gemäß der Familientradition, als Österreicher. Nichts schien naheliegender als eine Rückkehr in die Heimat, die es der Familie gerade während der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur leicht machte, was Wolfgang sehr geprägt hat. Als Jugendlicher und Student hat er Armut und Entbehrung am eigenen Leib kennengelernt.
Wolfgang Waldstein legte in Salzburg das Abitur ab und nahm anschließend ein Studium der Rechtswissenschaften in Innsbruck auf. Nach Studienaufenthalten in den USA wurde er Assistent an seiner Alma Mater, an der er sich 1963 mit einer Arbeit über Römisches Recht habilitierte. Er wurde außerordentlicher Professor in Innsbruck und wechselte 1965 als ordentlicher Professor an die wiedererrichtete Paris-Lodron-Universität. Er war Gründungsdekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und im akademischen Jahr 1968/69 Rektor der Universität. Damals hatte er große Kämpfe zu bestehen, von denen er mit Schmerz erzählte. Seine Lehrtätigkeit in Salzburg in Römischem Recht und Rechtsphilosophie dauerte bis 1992, als er in den Ruhestand trat. Anschließend nahm er eine Professur an der Päpstlichen Lateranuniversität in Rom an. 1998 verlieh ihm Papst Johannes Paul II. die Würde eines Komturs des päpstlichen Ritterordens des heiligen Gregor des Großen.
Seinen Schwerpunkt legte Wolfgang Waldstein in seiner Lehre auf das Naturrecht bzw. dessen Wiederbelebung, da es durch den Rechtspositivismus weitgehend verdrängt worden war. Mit vielen Publikationen und Vorträgen wirkte er in diesem Sinn. Zum hl. Papst Johannes Paul II wie auch zu dessen deutschem Nachfolger Benedikt XVI konnte der Salzburger Jurist auch persönliche Beziehungen knüpfen. So war er Gast jener berühmten Frühstücke in der päpstlichen Wohnung im Apostolischen Palast, wo auf ungezwungene und direkte Weise wichtige Themen besprochen werden konnten. Papst Benedikt erinnerte sich zeitlebens an die gute Küche, die er als Kardinal in der römischen Wohnung der Waldsteins aus der Hand der Gräfin genossen hatte.
Sein Werk „Ins Herz geschrieben. Das Naturrecht als Fundament einer menschlichen Gesellschaft“ wurde von dem mit ihm befreundeten Papst Benedikt XVI. mehrfach in dessen Rede vor dem Deutschen Bundestag 2011 zitiert. Papst Johannes Paul II. berief den Rechtsgelehrten und Freund 1994 als Gründungsmitglied in die damals neugegründete Päpstliche Akademie für das Leben.
Wolfgang Waldstein hat sich Zeit seines Lebens, auch schon als junger Mann, der überlieferten Liturgie verbunden gefühlt, die in der Gemeinschaft, auch bevor der Vereinigung mit unserem Institut, nie ganz aufgegeben worden war. Er fühlte sich dem überlieferten Ritus verpflichtet und hat sich selbstlos und zunächst oft auf Unverständnis stoßend um dessen Beibehaltung bzw. Wiederzulassung bemüht. Er war daher überglücklich, als die damalige Gemeinschaft sich einstimmig dem Institut Christus König und Hohepriester anschloss, dem er seit seiner Gründung verbunden war, und damit als Herz Jesu Gemeinschaft zum Laienzweig einer Gesellschaft apostolischen Lebens in kanonialer Form wurde, die ausschließlich den überlieferten Ritus pflegt. Für alle seine Verdienste um die traditionelle Liturgie ernannte ihn die Vereinigung Pro Missa Tridentina ernannte ihn 2007 zum Ehrenvorsitzenden. Schon direkt nach der Vereinigung des Institutes mit der Herz Jesu Gemeinschaft ernannte ihn unser Generalprior Msgr. Dr. Gilles Wach in Ansehung seiner herausragenden Persönlichkeit als Christ und Wissenschaftler zum Generalgouverneur der Herz Jesu Gemeinschaft, was er bis zu seinem Tode trotz schwerer Krankheit bleiben konnte.
Wolfgang Waldstein war, wie schon gesagt, gerne Ehemann und Familienvater. Seine Frau Marie Theresa Fröhlicher, unsere liebe „Esi“, war eine in den USA geborene Schweizerin. Sie ist bereits 2017 im Alter von 87 Jahren heimgegangen. Die direkte Nachfahrin des protestantischen Schweizer Reformators Huldrych Zwingli, deren Familie allerdings katholisch war, ging auf Vermittlung von Dietrich von Hildebrand nach dem Krieg nach Österreich zur Familie Seifert, wo sie ihren künftigen Ehemann kennenlernte. Es war, wie Wolfgang gerne schilderte, „Liebe auf den ersten Blick“. Ihre Hochzeit fand in New Jersey, Marie Theresas Geburtsort, statt. Dietrich von Hildebrand war ihr Trauzeuge. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor. Marie Theresa Waldstein war die große und unermüdlich liebevolle Stütze Wolfgang Waldsteins. Ihre Verbindung war so innig und unverstellt, so beispielhaft und liebenswürdig, dass wir sie, gerade in den späteren Jahren, oft mit Philemon und Baucis, oder, natürlich viel passender, mit Joachim und Anna verglichen haben. Marie Theresa Gräfin Waldstein war lange Jahre Mutter und Seele der Gemeinschaft und setzte sich für das Wohl aller immer großzügig ein.
Für mich als junger Diakon und Priester, – ich durfte Wolfgang und Esi im Sommer 1981 zum ersten Mal bei der jährlichen Tagung der Gemeinschaft in Bayerisch Gmain kennenlernen und später noch besser als geistlicher Leiter der Gemeinschaft, was ich auf Wolfgangs und Dr. Karla Mertens‘ Anregung geworden war -, war das Ehepaar immer ein Unterpfand dafür, dass Heiligkeit auch in der Welt durchaus erstrebt und gelebt werden kann. Wolfgang Waldstein war als passionierter Bergsteiger ein Kämpfer, der viele geistliche und geistige Schlachten überstanden hatte, aber trotzdem nicht hart, sondern immer milder geworden war, auch weil Elisabeth Waldstein mit ihrer mütterlichen Güte, Liebe und Geduld ihm dabei immer zur Seite stand. Die unbedingte Liebe zur Wahrheit, die entschiedene und klug durchdachte Ablehnung des Irrtums, die unverbrüchliche Treue zu Glaube und Moral der heiligen Kirche verband sich bei Wolfgang Waldstein immer mit der, manchmal innerlich erkämpften, aber stets entschlossenen Feindesliebe und dem Versuch, alle, auch die Fernstehendsten, durch Liebenswürdigkeit und freundliche Überzeugungsversuche, zu Gott und Seiner Kirche zu führen. Esi Waldstein war dabei nicht nur oft das ausgleichende Element, sondern immer auch die gute Frau und Mutter, die mit unnachahmlicher Liebenswürdigkeit, Heiterkeit und Herzensgüte, gepaart mit Festigkeit und Weisheit, ihrem Mann, ihren Kindern und allen ihren vielen Freunden zur Seite stand. Freude und Frohsinn fehlten beiden nicht und Wolfgang Waldstein hat uns sehr oft zum Lachen gebracht, vor allem mit seinen berühmten „Limericks“. Tägliches Gebet auch des Breviers, die tägliche Messfeier und der heilige Rosenkranz, die häufige Beichte und die Lektüre der Schriften der Heiligen, vor allem auch der Regel des hl. Benedikt und der „Philothea“ des Heiligen Franz von Sales waren dabei die selbstverständlichen Hilfsmittel und letzter Grund aller Freude, von denen sie nicht viel Aufhebens machten, die sie aber beide ein Leben lang begleitet haben.
Esi Waldstein ist Wolfgang vorangegangen, doch nun dürfen wir hoffen, beide wieder vereint zu sehen. Wir vermissen sie beide, denn sie waren beide besondere Menschen, tiefgläubige Katholiken und uns allen oft ein Beispiel der Nächstenliebe und der Glaubenstreue. Beten wir für sie und danken wir Gott, dem Allmächtigen, zusammen mit ihrer zahlreichen Schar von Kindern, Enkeln und Urenkeln, dass wir diese außerordentlichen und tiefgläubigen Menschen kennen durften und sind wir sicher, dass die Freundschaft und Liebe, die sie mit uns verbindet, nicht enden wird.
- Das Requiem findet am 31. Oktober um 10.30 Uhr in der Rektoratskirche St. Sebastian in Salzburg statt. Die Beerdigung folgt um 13 Uhr auf dem Friedhof in Salzburg-Aigen. Sein Enkel P. Edmund Waldstein OCist wird das Requiem zelebrieren und Msgr. Schmitz wird predigen.
- In der Klosterkirche Maria Engelport wird das feierliche Requiem für Wolfgang Graf Waldstein am 31. Oktober um 17.15 Uhr stattfinden, in der Sankt Ägidi Kirche in Bad Reichenhall am 16. November um 18.30 Uhr.
Msgr. Michael Schmitz