NACHRUF auf PROF. DR. DR. h. c. WOLFGANG GRAF WALDSTEIN

Generalgouverneur der Herz Jesu Gemeinschaft im Institut Christus König und Hohepriester

Der Generalgouverneur unserer Herz Jesu Gemeinschaft, Prof. Dr. Dr. hc. Wolfgang Graf Waldstein, ist am 17. Oktober, dem Fest der heiligen Margareta Maria Alacoque, Künderin der Geheimnisse des Herzens Jesu, umgeben von seiner Familie in Salzburg im Alter von 95 Jahren verstorben. Die göttliche Vorsehung hat gewollt, dass zur gleichen Zeit unser Generalprior in Neapel das Dankamt anlässlich der Einkleidung von weiteren fünf Novizinnen unserer Anbetungsschwestern zelebrierte, die gerade von S. Eminenz Dominique Kardinal Mamberti, dem Präfekten des Obersten Tribunals der Apostolischen Signatur in Rom, eingekleidet worden waren. Die tiefe Verbindung Wolfgang Graf Waldsteins zu unserem Institut wurde dadurch nochmals vom Wirken der Gnade unterstrichen.

Prof. Waldstein war seit seiner Studentenzeit mit der ursprünglichen Herz Jesu Gemeinschaft auf das engste verbunden und hat oft davon erzählt, wieviel er ihr und ihren Mitgliedern verdankte. Er hat sie bereits früh kennengelernt, vor allem von Prof. Eduard Seifert und Prof. Hofrat Ernst Wenisch zu ihr hingeführt. Prof. Dietrich von Hildbrand und Prof. Balduin Schwarz wie auch die große Wohltäterin des Institutes, Frau Dr. Karla Mertens, gehörten ebenso zu seinen engen Freunden. Er hat durch seine profunden Vorträge, durch seine tiefe Liebe zur Wahrheit, durch sein großes rechtswissenschaftliches, philosophisches und theologisches Wissen ebenso zum Wachstum der Gemeinschaft beigetragen wie durch sein Bespiel absoluter menschlicher Integrität, liebenswürdigster Nächstenliebe, starker Willenskraft und tiefsten kindlichen Glaubens. Ihm verdankt die Herz Jesu Gemeinschaft unter vielem anderen ihre ersten grundlegenden Konstitutionen wie auch die Anthologie der für die Gemeinschaft wichtigen Schriften. Uns sind er und seine uns allen so sehr an Herz gewachsene liebe Frau Marie Theresa „Esi“ Waldstein unvergesslich als ein Ehepaar, das sich immer den Glanz der ersten ehelichen Liebe und Zuneigung bewahrt hat und diesen Glanz mit anderen, auch den geistig und materiell Bedürftigen, großzügig geteilt hat. Nicht nur waren beide gute und selbstlose Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, sondern auch treue und hingebungsvolle Freunde für viele in und außerhalb der Herz Jesu Gemeinschaft.

Da beide von großer persönlicher Bescheidenheit waren und wenig von sich selbst zu sprechen pflegten, ist es gut, an Wolfgang und Marie Theresa Waldsteins Leben wenigstens in großen Linien zu erinnern, damit ihr Wert als Menschen und Christen noch deutlicher hervortritt:

Der 1900 in St. Petersburg geborene Vater Wolfgang Waldsteins, Ludwig Graf Waldstein von Halben, war Pianist, Musikerzieher und Komponist von Klavierwerken und Kammermusik neuklassischer Richtung sowie von Orgelwerken. Er entstammte der Arnauer Linie des berühmten böhmischen Adelsgeschlechts. Der Großvater diente als kaiserlicher Beamter dem russischen Zaren und war Direktor der Kaiserlichen Theater. Nach der kommunistischen Revolution, die das Zarenreich zur Sowjetunion machte, ging der Vater nach Finnland, wo er seine Frau, eine Finnländerin, eine Angehörige der schwedischen Minderheit in Finnland, kennenlernte. Finnland hatte bis 1917 zum Zarenreich gehört. Nur knapp entging er bei einem Konzert, schwer verletzt, einem politisch motivierten Mordanschlag. Wolfgang Waldsteins Mutter war in erster Ehe mit Fürst Nikolai Paschkow, aus einer ursprünglich aus Litauen stammenden Familie, verheiratet, den die Bolschewiken auf der Krim erschossen hatten.

Wolfgang Graf Waldstein wurde 1928 im mehrheitlich schwedischen Hangö geboren. In Helsingfors (finn. Helsinki) besuchte er die dortige deutsche Schule. Als im Herbst 1939 der sowjetische Angriff auf Finnland einsetzte, emigrierte die Familie nach Salzburg, wo der Vater Professor am berühmten Mozarteum wurde. In der Familie fühlte man sich auch in Finnland, gemäß der Familientradition, als Österreicher. Nichts schien naheliegender als eine Rückkehr in die Heimat, die es der Familie gerade während der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur leicht machte, was Wolfgang sehr geprägt hat. Als Jugendlicher und Student hat er Armut und Entbehrung am eigenen Leib kennengelernt.

Wolfgang Waldstein legte in Salzburg das Abitur ab und nahm anschließend ein Studium der Rechtswissenschaften in Innsbruck auf. Nach Studienaufenthalten in den USA wurde er Assistent an seiner Alma Mater, an der er sich 1963 mit einer Arbeit über Römisches Recht habilitierte. Er wurde außerordentlicher Professor in Innsbruck und wechselte 1965 als ordentlicher Professor an die wiedererrichtete Paris-Lodron-Universität. Er war Gründungsdekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und im akademischen Jahr 1968/69 Rektor der Universität. Damals hatte er große Kämpfe zu bestehen, von denen er mit Schmerz erzählte. Seine Lehrtätigkeit in Salzburg in Römischem Recht und Rechtsphilosophie dauerte bis 1992, als er in den Ruhestand trat. Anschließend nahm er eine Professur an der Päpstlichen Lateranuniversität in Rom an. 1998 verlieh ihm Papst Johannes Paul II. die Würde eines Komturs des päpstlichen Ritterordens des heiligen Gregor des Großen.

Seinen Schwerpunkt legte Wolfgang Waldstein in seiner Lehre auf das Naturrecht bzw. dessen Wiederbelebung, da es durch den Rechtspositivismus weitgehend verdrängt worden war. Mit vielen Publikationen und Vorträgen wirkte er in diesem Sinn. Zum hl. Papst Johannes Paul II wie auch zu dessen deutschem Nachfolger Benedikt XVI konnte der Salzburger Jurist auch persönliche Beziehungen knüpfen. So war er Gast jener berühmten Frühstücke in der päpstlichen Wohnung im Apostolischen Palast, wo auf ungezwungene und direkte Weise wichtige Themen besprochen werden konnten. Papst Benedikt erinnerte sich zeitlebens an die gute Küche, die er als Kardinal in der römischen Wohnung der Waldsteins aus der Hand der Gräfin genossen hatte.

Sein Werk „Ins Herz geschrieben. Das Naturrecht als Fundament einer menschlichen Gesellschaft“ wurde von dem mit ihm befreundeten Papst Benedikt XVI. mehrfach in dessen Rede vor dem Deutschen Bundestag 2011 zitiert. Papst Johannes Paul II. berief den Rechtsgelehrten und Freund 1994 als Gründungsmitglied in die damals neugegründete Päpstliche Akademie für das Leben.

Wolfgang Waldstein hat sich Zeit seines Lebens, auch schon als junger Mann, der überlieferten Liturgie verbunden gefühlt, die in der Gemeinschaft, auch bevor der Vereinigung mit unserem Institut, nie ganz aufgegeben worden war. Er fühlte sich dem überlieferten Ritus verpflichtet und hat sich selbstlos und zunächst oft auf Unverständnis stoßend um dessen Beibehaltung bzw. Wiederzulassung bemüht. Er war daher überglücklich, als die damalige Gemeinschaft sich einstimmig dem Institut Christus König und Hohepriester anschloss, dem er seit seiner Gründung verbunden war, und damit als Herz Jesu Gemeinschaft zum Laienzweig einer Gesellschaft apostolischen Lebens in kanonialer Form wurde, die ausschließlich den überlieferten Ritus pflegt. Für alle seine Verdienste um die traditionelle Liturgie ernannte ihn die Vereinigung Pro Missa Tridentina ernannte ihn 2007 zum Ehrenvorsitzenden. Schon direkt nach der Vereinigung des Institutes mit der Herz Jesu Gemeinschaft ernannte ihn unser Generalprior Msgr. Dr. Gilles Wach in Ansehung seiner herausragenden Persönlichkeit als Christ und Wissenschaftler zum Generalgouverneur der Herz Jesu Gemeinschaft, was er bis zu seinem Tode trotz schwerer Krankheit bleiben konnte.

Wolfgang Waldstein war, wie schon gesagt, gerne Ehemann und Familienvater. Seine Frau Marie Theresa Fröhlicher, unsere liebe „Esi“, war eine in den USA geborene Schweizerin. Sie ist bereits 2017 im Alter von 87 Jahren heimgegangen. Die direkte Nachfahrin des protestantischen Schweizer Reformators Huldrych Zwingli, deren Familie allerdings katholisch war, ging auf Vermittlung von Dietrich von Hildebrand nach dem Krieg nach Österreich zur Familie Seifert, wo sie ihren künftigen Ehemann kennenlernte. Es war, wie Wolfgang gerne schilderte, „Liebe auf den ersten Blick“. Ihre Hochzeit fand in New Jersey, Marie Theresas Geburtsort, statt. Dietrich von Hildebrand war ihr Trauzeuge. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor. Marie Theresa Waldstein war die große und unermüdlich liebevolle Stütze Wolfgang Waldsteins. Ihre Verbindung war so innig und unverstellt, so beispielhaft und liebenswürdig, dass wir sie, gerade in den späteren Jahren, oft mit Philemon und Baucis, oder, natürlich viel passender, mit Joachim und Anna verglichen haben. Marie Theresa Gräfin Waldstein war lange Jahre Mutter und Seele der Gemeinschaft und setzte sich für das Wohl aller immer großzügig ein.

Für mich als junger Diakon und Priester, – ich durfte Wolfgang und Esi im Sommer 1981 zum ersten Mal bei der jährlichen Tagung der Gemeinschaft in Bayerisch Gmain kennenlernen und später noch besser als geistlicher Leiter der Gemeinschaft, was ich auf Wolfgangs und Dr. Karla Mertens‘ Anregung geworden war -, war das Ehepaar immer ein Unterpfand dafür, dass Heiligkeit auch in der Welt durchaus erstrebt und gelebt werden kann. Wolfgang Waldstein war als passionierter Bergsteiger ein Kämpfer, der viele geistliche und geistige Schlachten überstanden hatte, aber trotzdem nicht hart, sondern immer milder geworden war, auch weil Elisabeth Waldstein mit ihrer mütterlichen Güte, Liebe und Geduld ihm dabei immer zur Seite stand. Die unbedingte Liebe zur Wahrheit, die entschiedene und klug durchdachte Ablehnung des Irrtums, die unverbrüchliche Treue zu Glaube und Moral der heiligen Kirche verband sich bei Wolfgang Waldstein immer mit der, manchmal innerlich erkämpften, aber stets entschlossenen Feindesliebe und dem Versuch, alle, auch die Fernstehendsten, durch Liebenswürdigkeit und freundliche Überzeugungsversuche, zu Gott und Seiner Kirche zu führen. Esi Waldstein war dabei nicht nur oft das ausgleichende Element, sondern immer auch die gute Frau und Mutter, die mit unnachahmlicher Liebenswürdigkeit, Heiterkeit und Herzensgüte, gepaart mit Festigkeit und Weisheit, ihrem Mann, ihren Kindern und allen ihren vielen Freunden zur Seite stand. Freude und Frohsinn fehlten beiden nicht und Wolfgang Waldstein hat uns sehr oft zum Lachen gebracht, vor allem mit seinen berühmten „Limericks“. Tägliches Gebet auch des Breviers, die tägliche Messfeier und der heilige Rosenkranz, die häufige Beichte und die Lektüre der Schriften der Heiligen, vor allem auch der Regel des hl. Benedikt und der „Philothea“ des Heiligen Franz von Sales waren dabei die selbstverständlichen Hilfsmittel und letzter Grund aller Freude, von denen sie nicht viel Aufhebens machten, die sie aber beide ein Leben lang begleitet haben.

Esi Waldstein ist Wolfgang vorangegangen, doch nun dürfen wir hoffen, beide wieder vereint zu sehen. Wir vermissen sie beide, denn sie waren beide besondere Menschen, tiefgläubige Katholiken und uns allen oft ein Beispiel der Nächstenliebe und der Glaubenstreue. Beten wir für sie und danken wir Gott, dem Allmächtigen, zusammen mit ihrer zahlreichen Schar von Kindern, Enkeln und Urenkeln, dass wir diese außerordentlichen und tiefgläubigen Menschen kennen durften und sind wir sicher, dass die Freundschaft und Liebe, die sie mit uns verbindet, nicht enden wird.

  • Das Requiem findet am 31. Oktober um 10.30 Uhr in der Rektoratskirche St. Sebastian in Salzburg statt. Die Beerdigung folgt um 13 Uhr auf dem Friedhof in Salzburg-Aigen. Sein Enkel P. Edmund Waldstein OCist wird das Requiem zelebrieren und Msgr. Schmitz wird predigen.
  • In der Klosterkirche Maria Engelport wird das feierliche Requiem für Wolfgang Graf Waldstein am 31. Oktober   um 17.15 Uhr stattfinden, in der Sankt Ägidi Kirche in Bad Reichenhall am 16. November um 18.30 Uhr.

Msgr. Michael Schmitz

Kanonikus Henrique Fragelli, Requiescat in Pace

Liebe Freunde des Instituts,

an diesem ersten Tag des Monats März, der dem heiligen Josef, dem Schutzpatron eines guten Todes, gewidmet ist, teilen wir Ihnen mit großer Trauer mit, dass Kanonikus Henrique Fragelli heute früh in Brasilien im Alter von 59 Jahren an einer Lungeninfektion verstorben ist.

Er wurde am 3. Juli 2008 von Seiner Eminenz Kardinal Raymond Leo Burke zum Priester geweiht und übte seinen priesterlichen Dienst in Wausau, in der Diözese La Crosse (Vereinigte Staaten), dann in Oakland (Vereinigte Staaten) und schließlich in Mouila (Gabun) aus.

Durch seine unermüdliche Arbeit und seinen großen Eifer gelang es ihm, unserer Mission in Mouila neues Leben zu geben. Er gründete eine Schule, eine Krankenstation und ein Waisenhaus.

Nachdem er im Frühjahr 2021 an Covid erkrankt war, musste er für längere Zeit im Krankenhaus bleiben. Viele von Ihnen haben für seine Genesung gebetet. Nach seiner wunderbaren Genesung wurde sein Gesundheitszustand wieder sehr fragil.

Ich bin Ihnen zutiefst dankbar für die geistliche Unterstützung, die Sie ihm großzügig gewährt haben, und bitte Sie nun, für die Ruhe seiner priesterlichen Seele zu beten. Möge er, der sein Leben im Dienst der Heiligen Mutter Kirche in der Familie des Instituts Christus König und Hohepriester gegeben hat, nun den ewigen Lohn empfangen, der denen versprochen ist, die im Weinberg unseres Herrn arbeiten.

Ich vertraue Ihrem Gebet in dieser Zeit der Trauer auch die Familie von Kanonikus Fragelli an, ebenso alle, die von seinem Tod betroffen sind.

Möge unsere Schmerzensmutter uns alle in dieser heiligen Fastenzeit in der Hoffnung auf die Auferstehung ihres göttlichen Sohnes und in der freudigen Erwartung des kommenden himmlischen Lebens stärken.

Requiescat in pace.

In Christo Rege,
Msgr. Gilles Wach
Generalprior

Stellungnahme von Kardinal Burke

Stellungnahme

bzgl. des Empfangs der heiligen Kommunion durch diejenigen, die in öffentlicher schwerer Sünde verharren

Viele Katholiken und auch Nichtkatholiken, die zwar nicht den katholischen Glauben annehmen, aber die katholische Kirche für ihre Lehre bezüglich des Glaubens und der Moral respektieren, haben mich gefragt, wie es für Katholiken möglich ist, die heilige Kommunion zu empfangen, während sie gleichzeitig öffentlich und hartnäckig Programme, eine Politik und Gesetze in direkter Missachtung des Moralgesetzes fördern. Insbesondere fragen sie, wie katholische Politiker und Beamte, die öffentlich und beharrlich die Praxis der Abtreibung auf Verlangen verteidigen und fördern, hinzutreten können, um die heilige Kommunion zu empfangen. Ihre Frage bezieht sich eindeutig auch auf jene Katholiken, die öffentlich eine Politik und Gesetze fördern, die die Würde des menschlichen Lebens derjenigen verletzen, die durch schwere Krankheit, Behinderung oder fortgeschrittenes Alter belastet sind, und die gegen die Integrität der menschlichen Sexualität, der Ehe und der Familie verstoßen oder die freie Religionsausübung verletzen.  

Die Frage verdient eine Antwort, besonders weil sie die Grundlagen der kirchlichen Lehre über Glauben und Moral betrifft. Vor allem handelt es sich um die heilige Eucharistie, „ [d]as Sakrament der Liebe…das Geschenk der Selbsthingabe Jesu Christi, mit dem er uns die unendliche Liebe Gottes zu jedem Menschen offenbart… [Jesus liebt uns] im eucharistischen Sakrament immer noch ‚bis zur Vollendung‘, bis zur Hingabe seines Leibes und seines Blutes“.[1]

Es ist meine Hoffnung, dass die folgenden Punkte der Lehre der Kirche für diejenigen hilfreich sein werden, die zu Recht irritiert und in der Tat durch den allzu häufigen öffentlichen Verrat an der Glaubens- und Sittenlehre der Kirche durch diejenigen, die sich als katholisch bekennen, häufig skandalisiert sind. Ich werde hier die Frage der Abtreibung besprechen, aber die gleichen Punkte gelten auch für andere Verletzungen des Moralgesetzes.

  1. Was die heilige Eucharistie betrifft, so hat die Kirche immer geglaubt und gelehrt, dass die heilige Hostie Leib, Blut, Seele und Gottheit Christi, des menschgewordenen Gottessohnes, ist. Der Glaube der Kirche wird vom Konzil von Trient so ausgedrückt: “Weil Christus, unser Erlöser, gesagt hat, dass es wirklich sein Leib ist, den er unter der Gestalt des Brotes darbringt [vgl. Mt. 26,26-29; Mk. 14,22-25; Lk. 22,19f; 1 Kor. 11,24-26], ist es von jeher die Überzeugung der Kirche Gottes gewesen, und dieses heilige Konzil erklärt nun erneut, dass durch die Wandlung des Brotes und des Weines eine Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes stattfindet” (Session 13, Kapitel 4).[2]  Deshalb lehrt der heilige Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther deutlich “Wer also das Brot isst oder den Kelch des Herrn unwürdig trinkt, der wird schuldig am Leibe und Blute des Herrn” (1 Kor 11,27).
  2. Der Empfang der heiligen Kommunion durch diejenigen, die öffentlich und hartnäckig das moralische Gesetz in seinen grundlegendsten Geboten verletzen, ist eine besonders schwere Form des Sakrilegs. Mit den Worten des Katechismus der katholischen Kirche: „Eine besonders schwere Sünde ist das Sakrileg dann, wenn es sich gegen die Eucharistie richtet, denn in diesem Sakrament ist der Leib Christi substantiell gegenwärtig“ (Nr. 2120). Sie verdient nicht nur die ewige Strafe für denjenigen, der unwürdig empfängt, sondern stellt auch einen schwersten Skandal für die anderen dar, denn sie verleitet sie zu dem falschen Glauben, man könne öffentlich und hartnäckig das moralische Gesetz in einer schwerwiegenden Angelegenheit verletzen und dennoch Unseren Herrn in der heiligen Kommunion empfangen. Ein nachdenkender Mensch muss vor einer solchen Situation zu dem Schluss kommen, dass entweder die heilige Hostie nicht der Leib Christi oder dass die Förderung der erwirkten Abtreibung zum Beispiel keine schwere Sünde ist.
  3. Der Codex des Kanonischen Rechtes, der die immerwährende und unveränderliche Lehre der Kirche wiederholt, bestimmt im Can. 915: “Zur[M1]  heiligen Kommunion dürfen nicht zugelassen werden Exkommunizierte und Interdizierte nach Verhängung oder Feststellung der Strafe sowie andere, die hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren.”[3]  Die Verweigerung der heiligen Kommunion ist keine kirchliche Strafe, sondern die Anerkennung des objektiv unwürdigen Zustandes einer Person, sich zum Empfang der heiligen Kommunion zu nähern. Die in Can. 915 enthaltene Disziplin schützt die Heiligkeit der heiligsten Wirklichkeit in der Kirche, der heiligen Eucharistie, bewahrt die Person, die hartnäckig in schwerer Sünde verharrt, davor, die zusätzliche schwerste Sünde des Sakrilegs zu begehen, indem sie den Leib Christi entweiht, und verhindert den unvermeidlichen Skandal, der aus dem unwürdigen Empfang der heiligen Kommunion resultiert.
  4. Es ist die Pflicht der Priester und Bischöfe, die Gläubigen, die sich in dem von Can. 915 beschriebenen Zustand befinden, zu belehren und zu ermahnen, damit sie nicht hinzutreten, um die heilige Kommunion zu empfangen und damit ein höchst schweres Sakrileg begehen, das ihnen selbst ewigen Schaden zufügt und auch andere in einer so ernsten Angelegenheit in den Irrtum und sogar in die Sünde führt. Wenn eine Person ermahnt worden ist und immer noch in einer schweren öffentlichen Sünde verharrt, darf sie nicht zum Empfang der heiligen Kommunion zugelassen werden.
  5. Es ist klar, dass kein Priester oder Bischof einer Person, die sich öffentlich und unbelehrbar in schwerer Sünde befindet, die Erlaubnis zum Empfang der heiligen Kommunion erteilen kann. Es geht auch nicht um ein Gespräch zwischen dem Priester oder Bischof und demjenigen, der die Sünde begeht, sondern um eine Ermahnung bezüglich der Glaubens- und Sittenwahrheiten von Seiten des Priesters oder Bischofs und um die Besserung eines irrigen Gewissens von Seiten des Sünders.
  6. Der hl. Papst Johannes Paul II. hat in seiner Enzyklika Evangelium Vitae die unveränderliche Lehre der Kirche in Bezug auf die Abtreibung dargelegt. In seinem Pfingstschreiben von 1991 bezog er sich auf die Konsultation der Bischöfe der Weltkirche in dieser Angelegenheit und erklärte: „Mit der Autorität, die Christus Petrus und seinen Nachfolgern übertragen hat, erkläre ich deshalb in Gemeinschaft mit den Bischöfen — die mehrfach die Abtreibung verurteilt und, obwohl sie über die Welt verstreut sind, bei der eingangs erwähnten Konsultation dieser Lehre einhellig zugestimmt haben — dass die direkte, das heißt als Ziel oder Mittel gewollte Abtreibung immer ein schweres sittliches Vergehen darstellt, nämlich die vorsätzliche Tötung eines unschuldigen Menschen.“[4]  Er stellte klar, dass seine Lehre „auf dem Naturrecht und auf dem geschriebenen Wort Gottes beruht, durch die Tradition der Kirche überliefert und durch das ordentliche und universale Lehramt gelehrt“ wird.[5]
  7. Es wird manchmal argumentiert, dass ein katholischer Politiker persönlich an die Unmoral der Abtreibung glauben kann, während er eine öffentliche Politik fördert, die eine sogenannte “legalisierte” Abtreibung vorsieht. Das war zum Beispiel der Fall in den Vereinigten Staaten von Amerika beim Gipfeltreffen bestimmter katholischer Moraltheologen, die die irrige Moraltheorie des Proportionalismus oder Konsequentialismus vertraten, und katholischer Politiker. Das Treffen fand im Sommer 1964 auf dem Anwesen der Familie Kennedy in Hyannisport, Massachusetts, statt.[6]  Der hl. Papst Johannes Paul II. antwortet in Evangelium Vitae deutlich auf solch irriges moralisches Denken: „Kein Umstand, kein Zweck, kein Gesetz wird jemals eine Handlung für die Welt statthaft machen können, die in sich unerlaubt ist, weil sie dem Gesetz Gottes widerspricht, das jedem Menschen ins Herz geschrieben, mit Hilfe der Vernunft selbst erkennbar und von der Kirche verkündet worden ist.“[7]  In seiner Enzyklika Veritatis Splendor korrigiert der hl. Papst Johannes Paul II. den grundlegenden Irrtum des Proportionalismus und des Konsequentialismus.[8]
  8. Es wird manchmal gesagt, dass die Verweigerung der heiligen Kommunion für Politiker, die unbelehrbar in schwerer Sünde verharren, der Gebrauch der heiligen Kommunion durch die Kirche für politische Zwecke sei. Im Gegenteil dazu ist es jedoch die ernsthafte Verantwortung der Kirche, die Heiligkeit der heiligen Eucharistie zu bewahren, die Gläubigen davon abzuhalten, ein Sakrileg zu begehen und einen Skandal unter den Gläubigen und anderen Personen guten Willens zu verhindern.
  9. Es ist vielmehr der katholische Politiker, der, indem er öffentlich und hartnäckig das fördert, was dem moralischen Gesetz widerspricht, und es dennoch wagt, sakrilegisch die heilige Kommunion zu empfangen, die heilige Eucharistie für politische Zwecke benutzt. Mit anderen Worten: Der Politiker stellt sich als frommer Katholik dar, während die Wahrheit ganz anders ist.
  10.  Abgesehen von der Verweigerung der heiligen Kommunion für Personen, die öffentlich und hartnäckig gegen das Moralgesetz verstoßen, stellt sich auch die Frage nach der Verhängung oder Erklärung einer gerechten kirchlichen Strafe, um die Person zur Umkehr aufzurufen und den Skandal zu beheben, den ihre Handlungen verursachen.
  11. Wer öffentlich und beharrlich gegen das Sittengesetz verstößt, befindet sich zumindest im Zustand des Glaubensabfalls, das heißt, er hat den Glauben faktisch verlassen, indem er sich hartnäckig weigert, in der Praxis in Übereinstimmung mit den grundlegenden Glaubens- und Sittenwahrheiten zu leben (vgl. Can. 751). Ein Abfall vom Glauben zieht automatisch die Strafe der Exkommunikation nach sich (vgl. Can. 1364). Der Bischof muss bei einer solchen Person die Bedingungen für die Erklärung der automatisch eingetretenen Strafe der Exkommunikation prüfen.
  12. Sie können sich auch in der Häresie befinden, wenn sie hartnäckig die Wahrheit über das immanente Übel der Abtreibung leugnen oder bezweifeln, wie sie “vom göttlichen und katholischen Glauben her zu glauben ist” (Can. 751).[9]  Häresie zieht, wie Apostasie, automatisch die Strafe der Exkommunikation nach sich (vgl. Can. 1364). Auch im Fall der Häresie muss der Bischof die Bedingungen für die Erklärung der automatisch eingetretenen Strafe der Exkommunikation überprüfen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die kirchliche Disziplin, beginnend mit dem Apostel Paulus, konsequent die notwendige richtige Gewissenseinstellung für den Empfang der heiligen Kommunion gelehrt hat. Das Versäumnis, diese Disziplin zu befolgen, führt zur Entweihung der heiligsten Wirklichkeit in der Kirche – dem Leib, dem Blut, der Seele und der Gottheit Christi – , stellt die schwerste Sünde des Sakrilegs dar und verursacht den schwersten Skandal durch das Versäumnis, die Wahrheit der heiligen Kommunion und die moralische Wahrheit zu bezeugen, zum Beispiel die unantastbare Würde des menschlichen Lebens, die Integrität von Ehe und Familie und die Freiheit, Gott “im Geist und in der Wahrheit”[10] anzubeten.

Die Antwort auf die mir so oft gestellte Frage ist klar: Ein Katholik, der sich öffentlich und hartnäckig gegen die Wahrheit des Glaubens und der Moral stellt, darf  nicht zum Empfang der heiligen Kommunion hinzutreten und der Spender der heiligen Kommunion darf ihm das Sakrament der Eucharistie nicht geben.

Raymond Leo Kardinal Burke
Rom, den 7. April 2021


[1] “[s]acramentum caritatis, … donum est Iesu Christi se ipsum tradentis, qui Dei infinitum nobis patefacit in singulos homines amorem… Eodem quidem modo in eucharistico Sacramento Iesus «in finem», usque scilicet ad corpus sanguinemque tradendum, diligere nos pergit.” Benedictus PP. XVI, Adhortatio Apostolica Postsynodalis Sacramentum caritatis, De Eucharistia vitae missionisque Ecclesiae fonte et culmine, 22 Februarii 2007, Acta Apostoliae Sedis 99 (2007) 105, n. 1. Nachsynodalisches apostolisches Schreiben Sacramentum Caritatis, Bendikt XVI, deutsche Übersetztung von: http://www.vatiCan.va/content/benedict-xvi/de/apost_exhortations/documents/hf_ben-xvi_exh_20070222_sacramentum-caritatis.html.

[2] “Quoniam autem Christus redemptor noster corpus suum id, quod sub specie panis offerebat [cf. Mt 26:26-29; Mc 14:22-25; Lc 22:19s; 1 Cor 11:24-26], vere esse dixit, ideo persuasum semper in Ecclesia Dei fuit, idque nunc denuo sancta haec Synodus declarat: per consecrationem panis et vini conversionem fieri totius substantiae panis in substantiam corporis Christi Domini nostri, et totius substantiae vini in substantiam sanguinis eius.” Heinrich Denzinger, Compendium of Creeds, Definitions, and Declarations on Matters of Faith and Morals, ed. Peter Hünermann, englische Übersetzung. Robert Fastiggi and Anne Englund Nash, 43. Auflage. (San Francisco: Ignatius Press, 2012), S. 394, Nr. 1642.

[3] “Can. 915  Ad sacram communionem ne admittantur excommunicati et interdicti post irrogationem vel declarationem poenae aliique in manifesto gravi peccato obstinate perseverantes.” Code of Canon Law: Latin-English Edition, englische Übersetzung. Canon Law Society of America (Washington, DC: Canon Law Society of America, 1998), S. 298.

[4] “Auctoritate proinde utentes Nos a Christo Beato Petro eiusque Successoribus collata, consentientes cum Episcopis qui abortum crebrius respuerunt quique in superius memorata interrogatione licet per orbem disseminati una mente tamen de hac ipsa concinuerunt doctrina – declaramus abortum recta via procuratum, sive uti finem intentum seu ut instrumentum, semper gravem prae se ferre ordinis moralis turbationem, quippe qui deliberata exsistat innocentis hominis occisio.” Ioannes Paulus PP. II, Litterae Encyclicae Evangelium vitae, “De vitae humanae inviolabili bono,” 25 Martii 1995, Acta Apostolicae Sedis 87 (1995) 472, Nr. 62, deutsche Übersetzung: http://www.vatiCan.va/content/john-paul-ii/de/encyclicals/documents/hf_jp-ii_enc_25031995_evangelium-vitae.html

[5] “… naturali innititur lege Deique scripto Verbo, transmittitur Ecclesiae Traditione atque ab ordinario et universali Magisterio exponitur.” Evangelium vitae, ibid.

[6] Vgl. Albert R. Jonsen, The Birth of Bioethics (New York: Oxford University Press, 1998), S. 290-291.

[7] “Nequit exinde ulla condicio, ulla finis, ulla lex in terris umquam licitum reddere actum suapte natura illicitum, cum Dei Legi adversetur in cuiusque hominis insculptae animo, ab Eccesia praedicatae, quae potest etiam ratione agnosci.” Evangelium vitae, 472, n. 62, deutsche Übersetzung: siehe oben (N.4).

[8] Vgl. Ioannes Paulus PP. II, Litterae Encyclicae Veritatis splendor, De quibusdam quaestionibus fundamentalibus doctrinae moralis Ecclesiae, 6 Augusti 1993, Acta Apostolicae Sedis 85 (1993) 1192-1197, nn. 74-78.

[9] Can 751: “… fide divina et catholica credendae.”

[10] Jn 4, 23-24.

Die Rechte der Eltern als hauptsächliche Erzieher ihrer Kinder

Die Rechte der Eltern als hauptsächliche Erzieher ihrer Kinder und ihre Pflicht zum Widerstand gegen Lehrpläne, die im Widerspruch zur christlichen Moral stehen

Vortrag von Raymond Leo Kardinal Burke

VOICE OF THE FAMILY
Virtuelle Konferenz
September 2020

            Es ist mir eine große Freude, Voice of the Family in ihrer großartigen Arbeit der Verbreitung und Förderung der wahren Lehre und Disziplin der Kirche über die Ehe und deren  wunderbare Frucht, die Familie, zu unterstützen. Insbesondere ist es mir ein Anliegen,  das kritische Thema der Erziehung anzusprechen, das die wesentliche Mission der Familie und ein grundlegender Ausdruck unserer Kultur ist.

            Niemand, der aufmerksam die Entwicklungen in unserer Gesellschaft verfolgt, kann sich der Erkenntnis entziehen, dass das Bildungs- und Erziehungswesen heutzutage heftigen Angriffen ausgesetzt ist.  Sowohl im Bildungswesen als auch im Recht – beides grundlegende Ausdrucksformen unserer Kultur – erleben wir die Abkehr vom Verständnis der menschlichen Natur und vom Gewissen, durch das Gott uns gerufen hat, die Wahrheit der Natur zu respektieren und in reiner und selbstloser Liebe in Übereinstimmung mit dieser Wahrheit zu leben.

            Der heilige Paulus erklärte in seinem Brief an die Epheser unter Bezugnahme auf die Entfremdung des Menschen von Gott und damit von der Welt:

Jetzt aber seid ihr, die ihr einst in der Ferne wart, durch Christus Jesus, nämlich durch sein Blut, in die Nähe gekommen. Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile (Juden und Heiden) und riss durch sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder. Er hob das Gesetz samt seinen Geboten und Forderungen auf, um die zwei in seiner Person zu dem einen neuen Menschen zu machen. Er stiftete Frieden und versöhnte die beiden durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib. Er hat in seiner Person die Feindschaft getötet. Er kam und verkündete den Frieden: euch, den Fernen, und uns, den Nahen. Durch ihn haben wir beide in dem einen Geist Zugang zum Vater. Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Durch ihn werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut.[1]

Christus allein kann unser Verständnis öffnen und unser Herz dazu ermutigen, die Wahrheit anzunehmen und sie in Liebe zu leben. Pädagogen, die mit den Eltern zusammenarbeiten, führen daher die Kinder dazu, Christus kennenzulernen und ihm in allen Dingen zu folgen, und weisen ihnen so den Weg zum Frieden, der das Verlangen jedes menschlichen Herzens ist. Erziehung, sowohl zu Hause als auch in der Schule, öffnet dem Kind die Augen für das Geheimnis der Liebe Gottes zu uns, der seinen eingeborenen Sohn in Menschengestalt zu uns und seinen Heiligen Geist, die große Frucht der Erlösenden Inkarnation, in unsere Seelen gesandt hat.

            Eltern, die sich in der Vergangenheit darauf verlassen konnten, dass ihre Kinder in den Schulen zu wahren Bürgern des Himmels und der Erde, zu guten Mitgliedern der Kirche und guten Mitgliedern der Zivilgesellschaft erzogen wurden, müssen nun wahrhaben, dass manche Schulen nur mehr Orte der Indoktrination mit atheistischem Materialismus und dem damit verbundenen Relativismus sind. Tatsächlich versuchen solche Schulen, die zu Hause erhaltene Erziehung in Bezug auf die grundlegendsten Wahrheiten aktiv zu zerstören: die Wahrheit über die unantastbare Würde des unschuldigen menschlichen Lebens, die Integrität der menschlichen Sexualität und der Ehe und die Unersetzbarkeit der Beziehung des Menschen zu Gott oder der heiligen Religion. Wenn Eltern zu Recht versuchen, ihre Kinder vor einer solchen nihilistischen Ideologie zu schützen, versuchen diese Schulen immer häufiger, den Kindern die Indoktrination mit totalitären Methoden aufzuzwingen.

            Unglücklicherweise fühlen sich einige katholische Schulen aus verschiedenen Gründen bemüßigt, die Situation in nichtkatholischen Schulen nachzuahmen, indem sie die Ideologie gegen das Leben, gegen die Familie und gegen die Religion mittragen, die das heutige Bildungswesen im Allgemeinen kennzeichnet – eine schlimme Situation, da Eltern, die ihre Kinder auf eine katholische Schule schicken, darauf vertrauen, dass diese Schule wirklich katholisch sein wird, obwohl sie es tatsächlich nicht mehr ist. Dass solche Schulen immer noch unter der Bezeichnung „katholisch“ geführt werden, stellt ein großes Unrecht gegenüber den Familien dar.

            Der bedauernswerten kulturellen Situation, in der wir uns befinden, liegt der Verlust des Sinns für Natur und Gewissen zugrunde. Papst Benedikt XVI. hat diesen Verlust im Zusammenhang mit den Grundlagen der Rechtsordnung während seines Pastoralbesuchs in Deutschland im September 2011 in seiner Rede vor dem Bundestag angesprochen. Unter Bezugnahme auf die Geschichte der Thronbesteigung des jungen Königs Salomo erinnerte er die politischen Führer an die Lehre der Heiligen Schrift über die Arbeit der Politiker. Gott fragte König Salomo, welche Bitte er zu Beginn seiner Regierungszeit über Gottes heiliges Volk stellen wolle. Der Heilige Vater kommentierte dazu:

Was wird sich der junge Herrscher in diesem Augenblick erbitten? Erfolg – Reichtum – langes Leben – Vernictung der Feinde? Nicht um diese Dinge bittet er. Er bittet: „Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht“ (1 Kön 3,9).[2]

Wie Papst Benedikt XVI. bemerkte, lehrt die Geschichte von König Salomo, was das Ziel der politischen Aktivität und damit der Regierung sein muss. Er erklärte: „Politik muss Mühen um Gerechtigkeit sein und so die Grundvoraussetzung für Frieden schaffen.… Dem Recht zu dienen und der Herrschaft des Unrechts zu wehren ist und bleibt die grundlegende Aufgabe des Politikers“.[3]

            Papst Benedikt XVI stellte dann die Frage, wie wir das Gute und Rechte, das die politische Ordnung und insbesondere das Gesetz schützen und fördern sollen, erkennen können. Während er anerkannte, dass in vielen Angelegenheiten „kann die Mehrheit ein genügendes Kriterium sein“,[4] betonte er auch, dass ein solches Prinzip „in den Grundfragen des Rechts, in denen es um die Würde des Menschen und der Menschheit geht“.[5] In Bezug auf die Grundlagen des Lebens der Gesellschaft muss das positive Zivilrecht „Natur und Vernunft als die wahren Rechtsquellen“[6] respektieren. Mit anderen Worten muss es auf das natürliche Sittengesetz zurückgegriffen werden, das Gott jedem menschlichen Herzen eingeschrieben hat. Ich denke an meine eigene Heimat, die Vereinigten Staaten von Amerika, in der der Oberste Gerichtshof der Nation es auf sich genommen hat, den Beginn des menschlichen Lebens, die Partnerschaft der Ehe und die menschliche Sexualität selbst nach materialistischen und relativistischen, sentimentalen Überlegungen zu definieren, unter Missachtung des Gesetzes, das Gott auf das menschliche Herz geschrieben hat.[7]

            Was Papst Benedikt XVI. in Bezug auf die Grundlagen des Rechts in Natur und Gewissen sagte, weist auf die grundlegende Arbeit in der Erziehung hin, die darauf abzielen muss, bei den Schülern ein „hörendes Herz“ zu fördern, das danach strebt, das Gesetz Gottes zu kennen und diesem durch ein auf Entwicklung der Tugenden gerichtetes Leben Respekt zu erweisen. Wahre Erziehung zielt darauf ab, die menschliche Person „zur vollen menschlichen und christlichen Reife“[8] zu bringen. Ich möchte hier dazu nur sagen, dass die Eltern wachsam sein müssen, um sicherzustellen, dass die schulische Erziehung ihrer Kinder mit der christlichen Erziehung und der Erziehung zu Hause übereinstimmt. So wie die Familie für die Transformation der Kultur von wesentlicher Bedeutung ist, so ist auch die Bildung aufgrund ihrer intrinsischen Verbindung mit dem Wachstum und der Entwicklung des Kindes von wesentlicher Bedeutung.

            Die Anti-Lebens-, Anti-Familien- und Anti-Religions-Agenda unserer Zeit wird mit enormer Energie vorangetrieben; sie verdankt ihren Erfolg nicht zuletzt der mangelnden Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der selektiven Information durch die Medien. Die allgegenwärtigen Massenmedien, die der mächtige Motor hinter dieser Agenda sind, verwirren und korrumpieren Geist und Herz und trüben das Gewissen der Menschen für das Gesetz, das Gott der Natur und jedem menschlichen Herzen eingeschrieben hat. In seiner Enzyklika über das Evangelium des Lebens, Evangelium Vitae, erklärte Papst Johannes Paul II :

Es bedarf dringend einer allgemeinen Mobilisierung der Gewissenund einer gemeinsamen sittlichen Anstrengungum einegroße Strategie zu Gunsten des Lebens in die Tat umzusetzen. Wir müssen alle zusammen eine neue Kultur des Lebens aufbauen:neu, weil sie in der Lage sein muß, die heute neu anstehenden Probleme in Bezug auf das Leben des Menschen aufzugreifen und zu lösen; neu, weil sie eben mit stärkerer und tätiger Überzeugung von seiten aller Christen aufgebaut werden muß; neu, weil sie in der Lage sein muß, zu einer ernsthaften und mutigen kulturellen Gegenüberstellung mit allen anzuregen. Die Dringlichkeit dieser kulturellen Wende hängt mit der historischen Situation zusammen, in der wir uns befinden, aber sie wurzelt vor allem im Evangelisierungsauftrag, der wesenhaft zur Kirche gehört. Denn das Evangelium hat zum Ziel, „die Menschheit von innen her umzuwandeln, sie zu erneuern“; es ist wie die Hefe, die den ganzen Teig durchsäuert (vgl. Mt 13, 33), und als solches dazu bestimmt, alle Kulturen zu durchdringen und sie von innen her zu beleben, damit sie die ganze Wahrheit über den Menschen und über sein Leben zum Ausdruck bringen.[9]

Was Papst Johannes Paul II über die Mobilisierung der Gewissen in Bezug auf die Unverletzlichkeit unschuldigen menschlichen Lebens sagte, gilt sicherlich ebenso und ebenso stark für die Mobilisierung der Gewissen in Bezug auf die Integrität der Ehe und des Familienlebens sowie in Bezug auf die unersetzliche Beziehung zu Gott, die heilige Religion.

            Papst Johannes Paul II betonte, dass solche Bemühungen mit der „Erneuerung  der Kultur des Lebens innerhalb der christlichen Gemeinschaften selbst[10] beginnen müssen. Die Kirche selbst ist gefordert, sich mit der Situation so vieler ihrer Mitglieder zu beschäftigen, die zwar in kirchlichen Organisationen und Projekten aktiv tätig sind, die jedoch „auf eine Art Trennung zwischen dem christlichen Glauben und seinen sittlichen Forderungen in bezug auf das Leben [verfallen], was schließlich zum moralischen Subjektivismus und zu manchen unannehmbaren Verhaltensweisen führt“.[11] Diese Trennung von Glauben und Praxis hat besonders verheerende Auswirkungen auf das Bildungswesen. Das Kind, das gelernt hat, ein „hörendes Herz“ zu haben, das auf die Stimme seines Gewissens und auf Gottes in sein Herz geschriebenes Gesetz zu hören gewöhnt ist, wird genau von denen korrumpiert, denen man es zu vertrauen gelehrt hat. Man denke nur an die Korruption, die durch eine durchgehend verfehlte Erziehung zur menschlichen Sexualität bewirkt wird. Eltern können nicht aufmerksam genug auf die Ausbildung ihrer Kinder achten, um zu verhindern, dass diese im Rahmen ihrer schulischen „Erziehung“ solchen Einflüssen ausgesetzt werden.

            Eine katholische Erziehung für Kinder und Jugendliche ist eine vollständige Erziehung, die die Entwicklung der Vernunft durch kompetente Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten im Kontext des Glaubens zum Gegenstand hat; dies wird durch das Studium des Wortes Gottes und seines Plans für uns und unsere Welt, den er uns geoffenbart hat, erreicht. In seiner Enzyklika Divini Illius Magistri beschrieb Papst Pius XI eine katholische oder christliche Erziehung mit folgenden Worten:

Eigentliches und unmittelbares Ziel der christlichen Erziehung ist die Mitwirkung mit der Gnade Gottes bei der Bildung des wahren und vollkommenen Christen: das heißt Christi selbst in den durch die Taufe Wiedergeborenen, entsprechend dem anschaulichen Ausdruck des Apostels: „Meine Kindlein, für die ich abermals Geburtswehen leide, bis Christus in euch gestaltet ist.“ Der wahre Christ muss ja das übernatürliche Leben in Christus leben: „Christus, euer Leben“, und es in seinem ganzen Tun offenbaren: „damit auch das Leben Jesu in unserem sterblichen Fleische offenbar werde“.

Deshalb umfaßt gerade die christliche Erziehung den ganzen Bereich des menschlichen Lebens, des sinnlichen und übersinnlichen, des geistigen und sittlichen, des Lebens des Einzelnen, der Familie und der Gemeinschaft, nicht um es irgendwie einzuengen, sondern um es zu erheben, zu ordnen und zu vervollkommnen nach dem Beispiel und der Lehre Christi.

Der wahre Christ, die Frucht der christlichen Erziehung, ist also der übernatürliche Mensch, der ständig und folgerichtig nach der vom übernatürlichen Licht des Beispiels und der Lehre Christi erleuchteten gesunden Vernunft denkt, urteilt und handelt; oder, um es mit dem heute gebräuchlichen Ausdruck zu sagen: der wahre und vollendete Charaktermensch. Denn nicht jede beliebige, nach rein subjektiven Grundsätzen Konsequenz und Beharrlichkeit aufweisende Lebensführung stellt den wahren Charakter dar, sondern nur die Ausdauer in Befolgung des ewigen Grundgesetzes der Gerechtigkeit, wie es auch der heidnische Dichter anerkennt, wenn er in untrennbarer Verbindung „den gerechten und vorsatztreuen Mann“ lobt. Anderseits kann aber vollendete Gerechtigkeit nur da bestehen, wo auch Gott gegeben wird, was Gottes ist, wie es der wahre Christ tut.[12]

Nur eine solche vollständige Ausbildung kann unsere Kinder und Jugendlichen auf dem Weg zu dem Glück führen, für das Gott jeden von uns geschaffen hat. Mit Hilfe einer soliden Ausbildung zu Hause und in der Schule erfahren Kinder das Glück sowohl während ihres Lebens auf dieser Welt als auch am ewigen Ziel ihrer Pilgerreise, das der Himmel ist. Nur eine solche Erziehung kann unsere Kultur verändern.

Die Familie ist der erste Ort, an dem Erziehung und Bildung vermittelt wird – eine Wahrheit, die im Wesentlichen die Mission der Schule definiert. Die Schule hat der Familie zu dienen und daher eng mit der Familie zusammenzuarbeiten, um Kinder zu immer größerer Reife zu bringen, zur Fülle des Lebens in Christus. In Bezug auf die christliche Ehe und die Familie sowie die Mission der Erziehung erklärte der Heilige Papst Johannes Paul in seinem nachsynodalen Apostolischen Schreiben zur Familie 1981, Familiaris Consortio, dass „die christliche Familie … ja die erste Gemeinschaft [ist], der es obliegt, dem heranwachsenden Menschen das Evangelium zu verkünden und ihn durch eine fortschreitende Erziehung und Glaubensunterweisung zur vollen menschlichen und christlichen Reife zu führen“.[13] Eine christliche Erziehung in der Familie und in der Schule führt Kinder und Jugendliche immer tiefer in die Tradition, in das große Geschenk unseres Lebens in Christus in der Kirche ein, die uns durch die Jahrhunderte aus einer ungebrochenen Überlieferung weitergegeben worden ist, die direkt auf die Apostel und ihre Nachfolger zurückverfolgt werden kann.

Ein Erziehungswesen, das auf das Wohl des Einzelnen und der Gesellschaft ausgerichtet ist, muss besonders darauf achten, sich gegen die Fehler des Säkularismus und Relativismus zu rüsten, damit sie es nicht verabsäumt, den nachfolgenden Generationen die Wahrheit, die Schönheit und das Gute unseres Lebens und unserer Welt zu vermitteln, wie sie sich in der unveränderlichen Lehre des Glaubens, in seinem höchsten Ausdruck durch Gebet, Hingabe und göttliche Anbetung und in der Heiligkeit des Lebens derer ausdrückt, die sich zum Glauben bekennen und Gott anbeten „in Geist und in Wahrheit“.[14]

In der Erklärung über die christliche Erziehung des zweiten Vatikanischen Konzils, Gravissimum Educationis, wurde klargestellt, dass die Hauptverantwortung für die Erziehung von Kindern bei Eltern liegt, die sich auf ordentlich geführte Schulen verlassen, die jenen Teil der Gesamterziehung ihrer Kinder übernehmen sollen, die sie zu Hause nicht vermitteln können. Das wesentliche Gut der Ehe, das Geschenk der Kinder, umfasst sowohl die Zeugung als auch die Erziehung des Kindes. Ich zitiere aus Gravissimum Educationis:

Da die Eltern ihren Kindern das Leben schenkten, haben sie die überaus schwere Verpflichtung zur Kindererziehung. Daher müssen sie als die ersten und bevorzugten Erzieher ihrer Kinder anerkannt werden. Ihr Erziehungswirken ist so entscheidend, daß es dort, wo es fehlt, kaum zu ersetzen ist. Den Eltern obliegt es, die Familie derart zu einer Heimstätte der Frömmigkeit und Liebe zu Gott und den Menschen zu gestalten, daß die gesamte Erziehung der Kinder nach der persönlichen wie der gesellschaftlichen Seite hin davon getragen wird. So ist die Familie die erste Schule der sozialen Tugenden, deren kein gesellschaftliches Gebilde entraten kann. Besonders aber sollen in der christlichen Familie, die mit der Gnade und dem Auftrag des Ehesakraments ausgestattet ist, die Kinder schon von den frühesten Jahren an angeleitet werden, gemäß dem in der Taufe empfangenen Glauben Gott zu erkennen und zu verehren und den Nächsten zu lieben.[15]

Natürlich trifft auch die Gesellschaft im Allgemeinen und die Kirche in besonderer Weise eine Verantwortung für die Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen, aber diese Verantwortung muss immer unter Achtung der Hauptverantwortung der Eltern ausgeübt werden.

Die Eltern ihrerseits sind dazu aufgerufen, sich voll und ganz in jeglichen Bildungsmöglichkeiten zu engagieren, die von der Gesellschaft und der Kirche geboten werden. Kinder und Jugendliche sollten nicht durch eine außerhalb des Hauses erhaltene Ausbildung verwirrt oder zu Irrtümern verleitet werden, die im Widerspruch zu der zu Hause empfangenen Erziehung steht. Heute müssen die Eltern besonders wachsam sein, denn einige Schulen sind zu Werkzeugen einer weltlichen Agenda geworden, die der christlichen Lebensweise zuwiderläuft. Man denke nur an die obligatorische sogenannte „Gender Education“ in einigen Schulen, die einen direkten Angriff auf die menschliche Sexualität, auf die Ehe und damit auf die Familie darstellt.

Im Interesse unserer Jugend müssen wir alle dem grundlegenden Ausdruck unserer Kultur, der Bildung, besondere Aufmerksamkeit widmen. Gute Eltern und gute Bürger dürfen die Lehrpläne der Schulen und die Weise, in der die Schulen geführt werden, nicht aus den Augen verlieren, um sicherzustellen, dass unsere Kinder in den menschlichen und christlichen Tugenden geformt und nicht durch Indoktrination in Bezug auf die grundlegendsten Wahrheiten des menschlichen Lebens, der Familie und der Religion verwirrt und verformt werden – eine Indoktrination, die sie nur in die Sklaverei der Sünde und damit zu tiefem Unglück und zur Zerstörung unserer Kultur  führen werden.

Im Zentrum eines soliden Lehrplans stehen  die Achtung sowohl der Würde des Menschen als auch der Tradition der Schönheit, der Wahrheit und des Guten in der Kunst und in der Wissenschaft. Heute scheint oft Toleranz gegenüber Denk- und Handlungsweisen, die gegen das Sittengesetz verstoßen, für viele Christen der interpretative Schlüssel zu sein. Nach diesem Ansatz kann man nicht mehr zwischen dem Schönen und dem Hässlichen, dem Wahren und dem Falschen sowie dem Guten und dem Bösen unterscheiden. Diese Einstellung ist nicht sicher in der moralischen Tradition verankert, dominiert jedoch tendenziell unsere Herangehensweise, soweit wir behaupten, Christen zu sein, aber gleichzeitig Denk- und Handlungsweisen tolerieren, die dem moralischen Gesetz, das uns in der Natur und in der Heiligen Schrift geoffenbart wurde, diametral entgegengesetzt sind. Der Ansatz wird manchmal so relativistisch und subjektiv, dass wir nicht einmal das grundlegende logische Prinzip der Widerspruchsfreiheit beachten, das heißt, dass eine Sache nicht gleichzeitig in derselben Hinsicht sein und nicht sein kann. Mit anderen Worten können bestimmte Handlungen dem moralischen Gesetz nicht gleichzeitig entsprechen und widersprechen.

Tatsächlich muss Nächstenliebe allein der interpretative Schlüssel unserer Gedanken und Handlungen sein. Toleranz bedeutet im Kontext der Nächstenliebe bedingungslose Liebe zu der Person, die am Bösen beteiligt ist, aber entschiedene Abscheu vor dem Bösen, in das die Person verfallen ist. Jede Erziehung sollte darauf gerichtet sein, die Schüler in der Nächstenliebe zu formen, die Geist und Herz für das Schöne, das Wahre und das Gute empfänglich macht, für das Gott uns geschaffen hat.

Eine Erziehung, die zu Hause beginnt und später durch gute und vor allem wahrhaft katholische Schulen ergänzt und weitergeführt wird, ist grundsätzlich auf die Bildung guter Staatsbürger und guter Mitglieder der Kirche ausgerichtet. Letztendlich hat sie das Glück des Einzelnen zum Ziel, das in richtigen Beziehungen zu finden ist und seine Erfüllung im ewigen Leben hat. Sie setzt die objektive Natur der Dinge voraus, auf die das menschliche Herz gerichtet ist, wenn es zu einem „hörenden Herzen“[16] geformt wurde, das heißt, wenn es einem entsprechend geformten Gewissen folgt. Sie strebt nach einem immer tieferen Wissen und nach Lieben zum Wahre, zum Gute, und zum Schöne. Sie leitet jeden Einzelnen zu diesem grundlegenden, lebenslangen Streben an.

Möge Gott alle Eltern und auch uns in unseren Bemühungen, unseren Kindern und Jugendlichen zu ihrer Errettung und zur Verwandlung unserer Kultur „hörende Herzen” mitzugeben, inspirieren und stärken. Mögen wir unter der mütterlichen Fürsorge der jungfräulichen Mutter Gottes im Herzen Jesu die Weisheit und Kraft suchen und finden, um die ständige Lehre und Praxis der Kirche in Bezug auf das menschliche Leben, in Bezug auf die menschliche Sexualität, die Ehe, die Familie und in Bezug auf die heilige Religion zu bewahren und zu fördern.

            Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Gott segne Sie.

Raymond Leo Kardinal BURKE


[1] Eph 2, 13-22.

[2] Benedictus PP. XVI, Allocutio „Iter apostolicum in Germaniam: ad Berolinensem foederatum coetum oratorum,“ 22 Septembris 2011, Acta Apostolicae Sedis 103 (2011), S. 663. [Bundestag].

[3] Bundestag, S. 664.

[4] Bundestag, S. 664.

[5] Bundestag, S. 664.

[6] Bundestag, S. 665.

[7] Cf. Roe v. Wade :: 410 U.S. 113 (1973); Obergefell v. Hodges :: 576 U.S. 644 (2015); und Bostock v. Clayton County :: 590 U.S. ___ (2020).

[8] „… ad plenam maturitatem humanam et christianam ….“ Ioannes Paulus PP. II, Adhortatio Apostolica Familiaris Consortio, „De Familiae Christianae muneribus in mundo huius temporis,“ 22 Novembris 1981, Acta Apostolicae Sedis 74 (1982), 823, Nr. 2. [FC]. Deutsche Übersetzung: www.vatican.va/content/john-paul-ii/de/a[pst_exhortations/documents/hf_jp-ii_exh_19811122_familiaris-consortio.html, S. 2, Nr. 2. [FCDe].

[9] „Quam primum inducantur necesse est generalis conscientiarum motus moralisque communis nisus, qui excitare valeant validum sane opus ad vitam tuendam: omnibus nobis simul coniunctis nova exstuenda est vitae cultura: nova, quae scilicet possit hodiernas de vita hominis ineditas quaestiones suscipere atque solvere; nova, utpote quae acriore et alacriore ratione omnium christianorum conscientiam permoveat; nova demum, quae accommodata sit ad gravem animosamque culturalem suscitandam comparationem cum omnibus. Huius culturalis conversionis necessitas coniungitur cum aetatis nostrae historica rerum condicione, at praesertim inhaeret in ipso evangelizandi munere quod proprium est Ecclesiae. Evangelium enim eo spectat „ut perficiat interiorem mutationem“ et „humanitatem novam efficiat“; est velut fermentum quo pasta tota fermentatur (cfr Mt 13, 33), atque, qua tale, perfundere debet omnes culturas easque intus pervadere, ut integram declarent de homine deque eius vita veritatem.“ Ioannes Paulus PP. II, Litterae encyclicae Evangelium vitae, „De vitae humanae inviolabili bono“, 25 Martii 1995, Acta Apostolicae Sedis 87 (1995), 509, Nr. 95. [EV]. Deutsche Übersetzung:www.vatican.va/content/john-paul-ii/de/encyclicals/documents/hf_jp-ii_enc_25031995_evangelium-vitae.html, S. 83, Nr. 95. [EVDe].

[10] „… vitae cultura renovanda intra ipsas christianas communitates.“ EV, 509, Nr. 95. Deutsche Übersetzung: EVDe, S. 83, Nr. 95.

[11] „… seiunctionem quandam inferunt inter christianam fidem eiusque moralia circa vitam postulata, progredientes hac ratione ad moralem quendam subiectivismum adque vivendi mores qui probari non possunt.“ EV, 509-510, Nr. 95. Deutsche Übersetzung: EVDe, S. 83, Nr. 95.

[12] „Eo proprie ac proxime intendit christiana educatio, ut, divina cum gratia conspirando, germanum atque perfectum christianum efficiat hominem: ut Christum scilicet ipsum exprimat atque effingat in illis qui sint Baptismate renati, ad illud Apostoli vividum: „Filioli mei, quos iterum parturio, donec formetur Christus in vobis“. Vitam enim supernaturalem germanus christianus vivere debet in Christo: „Christus, vita vestra“, eandemque in omnibus rebus gerendis manifestare „ut et vita Iesu manifestetur in carne nostra mortali“.

Quae cum ita sint, summam ipsam humanorum actuum, quod attinet ad efficentiam sensuum et spiritus, ad intellectum et ad mores, ad singulos et ad societatem domesticam atque civilem, christiana educatio totam complectitur, non autem ut vel minime exenuet, verum ut secundum Iesu Christi exempla et doctrinam extollat, regat, perficiat.

Itaque verus christianus, christiana educatione conformatus, alius non est ac supernaturalis homo, qui sentit, iudicat, constanter sibique congruenter operatur, ad rectam rationem, exemplis doctrinaque Iesu Christi supernaturaliter collustratam: siclicet, homo germana animi firmitate insignis. Neque enim quisquis sibi consentitit et sui propriique tenax propositi agit, is solido ingenio est, sed unus ille qui aeternas iustitiae rationes sequitur, ut agnovit ethnicus ipse poëta, „iustum“ una simul „et tenacem propositi virum“ extollens; quae, ceterum, iustitiae rationes integre servari nequeunt, nisi Deo tribuatur – ut fit a vero christiano – quidquid Deo debetur.“ Pius PP. XI, Litterae Encyclicae Divini Illius Magistri, „De Christiana iuventutis educatione,“ 31 Decembris 1929, Acta Apostolicae Sedis 22 (1930), 83. Deutsche Übersetzung: Mensch und Gemeinschaft in christlicher Schau. Dokumente, Emil Marmy [Hrsg.] (Freiburg in der Schweiz: Verlag der Paulusdruckerei, 1945), S.344-345, Nr. 469-469a.

[13] „… christiana enim familia est prima communitas, cuius est Evangelium personae humanae crescent annuntiare eamque progrediente education et catechesis ad plenam maturitatem humanam et christianam perducere.“ FC, 823, Nr. 2. Deutsche Übersetzung: FCDe, S.1-2, Nr. 2.

[14] Joh 4, 24.

[15] „Parentes, cum vitam filiis contulerint, prolem educandi gravissima obligatione tenentur et ideo primi et praecipui eorum educatores agnoscendi sunt. Quod munus educationist anti ponderis est ut, ubi desit, aegre suppleri possit. Parentum enim est talem familiae ambitum amore, pietate erga Deum et homines animatum creare qui integrae filiorum educationi personali et sociali faveat. Familia proinde est prima schola virtutum socialium quibus indigent omnes societates. Maxime vero in christiana familia, matrimonii sacramenti gratia et officio ditata, filii iam a prima aetate secundum fidem in baptismo receptam Deum percipere et colere atque proximum diligere doceantur oportet; …“ Sacrosanctum Concilium Oecumenicum Vaticanum II, Declaratio Gravissimum educationis, „De Educatione Christiana,“ 28 Octobris 1965, Acta Apostolicae Sedis 58 (1966), 731, Nr. 3.. Deutsche Übersetzung: Das Zweite Vatikanische Konzil. Konstitutionen, Dekrete und Erklärungen, Lateinisch und Deutsch, Teil II, Hrsg. Lexikon für Theologie und Kirche, zweite auflage, 13 (Freiburg, Basel, Wien: Herder, 1967), S. 375 und 377, Nr. 3.

[16] 1 Kön 3, 9.

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Stellungnahme von Kardinal Burke

Stellungnahme

Die weltweiten Kommunikationsmedien haben mit starkem Nachdruck die Nachricht gebracht, dass Papst Franziskus über Menschen mit homosexueller Veranlagung gesagt habe, dass sie als Kinder Gottes „ein Recht darauf haben, eine Familie zu haben“ und dass „niemand deswegen verstoßen oder unglücklich gemacht werden sollte“, und diese Meinungsäußerung als eine Kursänderung bezeichnet. Laut der gleichen Medien habe der Papst weitergesagt: „Wir brauchen ein Gesetz für eingetragene Lebensgemeinschaften. Auf diese Weise sind sie gesetzlich abgesichert. Ich habe mich dafür eingesetzt.“ Diese Erklärungen wurden während eines Interviews mit Evgeny Afineevsky abgegeben, dem Regisseur des Dokumentarfilms Franceso, der seine Premiere am 21. Oktober 2020 während des Rom-Filmfestivals (Festa del Film di Roma) hatte.

Solche Meinungsäußerungen führen zu großer Verunsicherung, Verwirrung und Irrtum bei den katholischen Gläubigen, da sie im Widerspruch zur Lehre der Heiligen Schrift und der Heiligen Überlieferung sowie zum jüngsten kirchlichen Lehramt stehen, mit dem die Kirche den gesamten Glaubensschatz, der in der Heiligen Schrift und der Heiligen Überlieferung enthalten ist, bewahrt, schützt und auslegt. Sie lösen bei Menschen guten Willens, die ernsthaft wissen wollen, was die katholische Kirche lehrt, Erstaunen und Irrtum über die Lehre der Kirche aus. Sie erlegen den Seelenhirten die Gewissenspflicht auf, angemessene und notwendige Stellungnahmen abzugeben.

Zunächst einmal entbehren solche Behauptungen aufgrund ihres Kontextes und Anlasses jeglichen kirchlichen Lehramtscharakters. Sie werden zu Recht als einfache private Meinungen der Person interpretiert, die sie abgegeben hat. Diese Aussagen binden in keiner Weise das Gewissen der Gläubigen, die vielmehr verpflichtet sind, gewissenhaft dem zu folgen, was die Heilige Schrift, die Heilige Überlieferung und das ordentliche Lehramt der Kirche über die in Frage stehenden Angelegenheit lehren. Insbesondere sind folgende Punkte zu beachten:

1.„Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet, hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, ‘dass die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind‘. Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.“ (Katechismus der Katholischen Kirche: Nr. 2357; Hl. Kongregation für die Glaubenslehre: „Persona humana: Erklärungen zu einigen Fragen der Sexualethik“, Nr. 8[1]).

2. Die manchmal tief verwurzelten homosexuellen Neigungen von individuellen Männern und Frauen stellen für sie eine Prüfung dar. Obwohl diese Neigungen an sich keine Sünde sind, müssen sie dennoch als objektiv ungeordnet betrachtet werden (Vgl. KKK: Nr. 2358; Kongregation für die Glaubenslehre, Homosexualitatis problema, “Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über die Seelsorge für Homosexuelle Personen.,” Nr. 3[2]). Homosexuell veranlagte Personen sind daher mit Respekt, Mitgefühl und Takt zu behandeln und jede ungerechte Diskriminierung ihnen gegenüber ist zu vermeiden. Der katholische Glaube lehrt die Gläubigen, die Sünde zu hassen, den Sünder aber zu lieben.

3. Die Gläubigen und insbesondere die katholischen Politiker sind gehalten, sich gegen die rechtliche Anerkennung von Partnerschaften zwischen Homosexuellen einzusetzen. (Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, „Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen“, Diverse questioni concernenti l’omosessualità, n. 10[3]). Das Recht, eine Familie zu gründen, ist kein einfaches privates Recht, das man verteidigen muss, sondern muss dem Plan des Schöpfers entsprechen, der den Menschen in geschlechtlicher Verschiedenheit gewollt hat, “männlich und weiblich hat er sie erschaffen” (Gen 1, 27) und damit den Menschen, männlich und weiblich, zur Weitergabe des Lebens berufen hat. „Weil die Ehepaare die Aufgabe haben, die Folge der Generationen zu garantieren, und deshalb von herausragendem öffentlichen Interesse sind, gewährt ihnen das bürgerliche Recht eine institutionelle Anerkennung. Die homosexuellen Lebensgemeinschaften bedürfen hingegen keiner spezifischen Aufmerksamkeit von Seiten der Rechtsordnung, da sie nicht die genannte Aufgabe für das Gemeinwohl besitzen.“ (ebendort, Nr. 9[4]). Von einer homosexuellen Lebensgemeinschaft im gleichen Sinne wie von der ehelichen Union der Verheirateten zu sprechen, ist in der Tat zutiefst irreführend, da es eine solche Union zwischen Personen des gleichen Geschlechts nicht geben kann. Was die Rechtspflege anbelangt, so können sich Personen mit einer homosexuellen Veranlagung, wie alle Bürger, immer auf die gesetzlichen Vorschriften berufen, um ihre privaten Rechte zu schützen.         

Es ist eine Quelle tiefster Trauer und drängender pastoraler Besorgnis, dass die von der Presse mit so viel Nachdruck berichteten und Papst Franziskus zugeschriebenen Privatmeinungen nicht der ständigen Lehre der Kirche entsprechen, wie sie in der Heiligen Schrift und der Heiligen Überlieferung zum Ausdruck kommt und vom kirchlichen Lehramt bewahrt, geschützt und interpretiert wird. Ebenso traurig und beunruhigend ist der Aufruhr, die Verwirrung und die Irrtümer, die sie unter den katholischen Gläubigen auslösen, wie auch der Skandal, den sie im allgemeinen hervorrufen, indem sie den völlig falschen Eindruck erwecken, die katholische Kirche habe einen Kurswechsel vollzogen, d.h. sie habe ihre immerwährende Lehre über solche grundlegenden und kritischen Fragen geändert.

Raymond Leo Kardinal BURKE
Rom, am 22. Oktober 2020


[1] “… suapte intrinseca natura esse inordinatos.” Sacra Congregatio pro Doctrina Fidei, Declaratio, Persona humana, “De quibusdam quaestionibus ad sexualem ethicam spectantibus,” 29 Decembris 1975, Acta Apostolicae Sedis 68 (1976) 85, n. 8. Deutsche Übersetzung: https://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19751229_persona-humana_ge.html

[2] Vgl. Congregatio pro Doctrina Fidei, Epistula, Homosexualitatis problema, “Ad universos catholicae Ecclesiae episcopos de pastorali personarum homosexualium cura,” 1 Octobris 1986, Acta Apostolicae Sedis 79 (1987) 544, n. 3. Deutsche Übersetzung: http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19861001_homosexual-persons_ge.html

[3] Congregatio pro Doctrina Fidei, Nota, Diverse quaestioni concernenti l’omosessualità, “De contubernalibus eiusdem sexus quoad iuridica a consectaria contubernii,” 3 Iunii 2003, Acta Apostolicae Sedis 96 (2004) 48, n. 10, deutsche Übersetzung: http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_20030731_homosexual-unions_ge.html

[4]“Poiché le coppie matrimoniali svolgono il ruolo di garantire l’ordine delle generazioni e sono quindi di eminente interesse pubblico, il diritto civile conferisce loro un riconoscimento istituzionale. Le unioni omosessuali invece non esigono una specifica attenzione da parte dell’ordinamento giuridico, perché non rivestono il suddetto ruolo per il bene comune.” Ibid., 47, n. 9.  

Eine Botschaft von S. Em. Raymond Leo Kardinal Burke zur Karwoche 2020

Liebe Freunde,

Von Anfang meines Dienstes als Diözesanbischof an schien es, dass jedes Jahr, wenn die Feierlichkeiten zu Weihnachten und Ostern näher rückten, ein zutiefst trauriges Ereignis in der Diözese oder eine schwierige Krise zum Wohle der Diözese eintreten würde. Immer wenn ich die Feier der großen Geheimnisse unserer Erlösung mit Freude erwartete, geschah etwas, das aus menschlicher Sicht eine dunkle Wolke über die Feierlichkeiten legte und die Freude, die sie auslösten, in Frage stellte. Als ich einmal einem Mitbruder im Bischofsamt von dieser fast erschütternd regelmäßigen Erfahrung erzählte, antwortete er einfach: “Es ist Satan, der versucht, Dir Deine Freude zu stehlen.”

Es macht Sinn, dass Satan, den unser Herr als “einen Mörder von Anfang an, … einen Lügner und den Vater der Lüge” (Joh. 8,44) beschreibt, vor unseren Augen die großen Realitäten der Menschwerdung und der Erlösung verbergen und uns von den liturgischen Riten ablenken will, durch die wir nicht nur diese Wahrheiten feiern, sondern auch unermessliche und unendliche Gnaden empfangen, die für uns erworben worden sind. Satan will uns davon überzeugen, dass Verlust und Tod und die Trauer und Angst, die die Riten dieser Woche begleiten, Christus als falsch erscheinen lassen, seine erlösende Menschwerdung verfälschen und unseren Glauben und die Freude, die die damit einhergeht, als Lüge darstellen.

Aber es ist Satan, der falsch liegt. Er ist der Lügner. Christus, Gott der Sohn, ist in der Tat Mensch geworden, Er hat in der Tat die grausamsten Leiden und den grausamsten Tod erlitten, aber nur, um unsere menschliche Natur zu erlösen, um uns das wahre Leben wiederzugeben, das göttliche Leben, das die schlimmsten Leiden und sogar den Tod selbst überwindet und uns sicher zu unserer wahren Bestimmung führt: zum ewigen Leben mit ihm.

Der hl. Paulus schrieb, im Angesicht unzähliger, zutiefst entmutigenden Prüfungen im Laufe seines apostolischen Dienstes, der in seinem Martyrium in Rom gipfelte, an die Christen in Kolossae: “Nun freue ich mich über meine Leiden um euretwillen, und in meinem Fleisch vollende ich das, was an den Leiden Christi fehlt, um Seines Leibes, der Kirche, willen” (Kol. 1,24). Für ihn, wie es auch für uns sein sollte, ist das Leiden mit Christus um der Kirche willen, um der Liebe Gottes und unseres Nächsten willen, die unangreifbare und unerschöpfliche Quelle unserer Freude. Es ist der höchste Ausdruck unserer Gemeinschaft mit Christus, dem fleischgewordenen Gott, der mit ihm das Geheimnis der göttlichen Liebe Gottes – des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes – teilt. Das Leben Christi, die Gnade des Heiligen Geistes, die aus dem Herzen Christi ausgegossen wird, um in unseren Herzen zu wohnen, inspiriert und stärkt uns, Verlust und Tod mit seiner Liebe zu umarmen, somit zu erobern und in ewigen Gewinn und ein Leben ohne Ende zu verwandeln. Unsere Freude ist also keine oberflächliche Freude oder Emotion, sondern die Frucht der Liebe, die “stark wie der Tod” ist, die “viele Wasser nicht auslöschen […] und auch keine Überschwemmungen ertränken kann” (Hohelied 8,6-7).

Unsere Freude nimmt uns nicht den scharfen Stachel von Verlust und Tod, sondern stellt sich ihnen mit Vertrauen und Mut als Teil des lebenslangen Kampfes der Liebe, zu dem wir in diesem Leben berufen sind – schließlich sind wir durch Gottes Gnade wahre Soldaten Christi (2. Tim. 2,3) – in dem sicheren Wissen um den Sieg des ewigen Lebens. So konnte der hl. Paulus am Ende seines Lebens an seinen geistlichen Sohn und Mithirten der Herde, den hl. Timotheus, schreiben:

Denn ich bin bereits im Begriff, geopfert zu werden; die Zeit meines Aufbruchs ist gekommen. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf beendet, ich habe den Glauben bewahrt. Nun liegt mir der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr an jenem Tag als der gerechte Richter überreichen wir; nicht nur mir, sondern auch allen, die in Liebe seinem Erscheinen zugewandt sind. (2. Tim 4,6-8).

Wir lieben Unseren Herrn, wir lieben die erlösende Inkarnation, durch die Er für uns in der Kirche lebendig ist, und deshalb freuen wir uns, den guten Kampf mit Ihm zu kämpfen, den Kurs zu halten, gleich welche Prüfungen uns bevorstehen sollten, und den Glauben zu bewahren, wenn der Vater der Lüge uns versucht, an Christus zu zweifeln oder ihn sogar zu verleugnen.

Satan hat vielleicht nie ein besseres Werkzeug als das Coronavirus gehabt, um uns die Freude an der Feier der heiligsten Tage im ganzen Jahr zu rauben, der Tage, an denen Christus für uns das ewige Leben erworben hat. Wie gerne würde er dieser einen Woche des Jahres, die einfach Karwoche genannt wird, die Heiligkeit nehmen! Die derzeitige internationale Gesundheitskrise, die durch das Coronavirus COVID-19 verursacht wird, bringt weiterhin eine tragische Ernte von Verlust und Tod ein, die tiefe Trauer und Angst im menschlichen Herzen hervorruft. Sicherlich nutzt Satan das Leid, das so viele Häuser, Stadtviertel, Städte und Nationen heimgesucht hat, um uns dazu zu verleiten, an unserem Herrn und dem Glauben, der Hoffnung und der Liebe zu zweifeln, die Seine großen Geschenke für unser tägliches Leben sind. Die Wirkung der mörderischen Absicht Satans und seiner Lügen wird umso größer, je weiter wir vom Herrn entfernt sind, wenn wir Sein Leben in uns als selbstverständlich hingenommen haben, wenn wir Ihn sogar verlassen haben, als wir vorübergehenden weltlichen Vergnügungen, Bequemlichkeiten oder Erfolgen nachgegangen sind.

In der Kirche selbst erleben wir das Versäumnis, an erster Stelle Christus als den Herrn zu verkündigen. Wie viele leiden heute zutiefst unter einer grundlosen Angst, weil sie das Königtum des Herzens Jesu in ihren Herzen und Häusern vergessen oder sogar abgelehnt haben. Denken Sie an die Worte unseres Herrn an Jairus, der Seine Hilfe für seine sterbende Tochter suchte: “Fürchte dich nicht, glaube nur” (Mk. 5,36). Wie viele sind heute ohne Hoffnung, weil sie glauben, dass der Sieg über das Übel des Coronavirus COVID-19 völlig von uns abhängt, weil sie vergessen haben, dass wir zwar alles tun müssen, was wir menschlich tun können, um ein großes Übel zu bekämpfen, dass aber Gott allein unsere Bemühungen segnen und uns den Sieg über Verlust und Tod geben kann. Es ist so traurig, Dokumente – sogar Dokumente der Kirche – zu lesen, die vorgeben, die wichtigsten Schwierigkeiten anzusprechen, mit denen wir konfrontiert sind, aber in denen keine Anerkennung der Herrschaft Christi zu finden ist, der Wahrheit, dass wir in unserem Sein, in allem, was wir sind und haben, völlig von Gott abhängig sind und dass deshalb Gebet und Anbetung unser erstes und wichtigstes Mittel zur Bekämpfung eines jeglichen Übels ist.

Vor einigen Tagen sagte ein junger, erwachsener Katholik zu mir, als wäre dies eine logische Tatsache, dass er dieses Jahr wegen des Coronavirus kein Ostern feiern würde. Wenn es bei der Freude über unserer Osterfeierlichkeiten nur um die Frage eines Wohlgefühls ginge, würde ich seine Gefühle verstehen. Aber die Freude über Ostern wurzelt in der ewigen Wahrheit: es ist der Sieg Christi über das, was augenscheinlich nach Seiner Vernichtung aussah, es ist der Sieg, den er in Seiner menschlichen Natur errungen hat, um uns dieses gleichen Sieges in unserer menschlichen Natur teilhaftig werden zu lassen, ganz gleich, welche Härten wir erleiden mögen. Wenn wir an Christus glauben, wenn wir auf seine Verheißungen vertrauen, dann müssen wir mit Freude sein großes Werk der Erlösung feiern. Die Geheimnisse der Passion, des Todes und der Auferstehung Christi zu feiern, bedeutet nicht, dass es uns an Respekt für das Leiden so vieler Menschen in der heutigen Zeit mangelt, sondern dass wir erkennen, dass Christus mit uns ist, um unsere Leiden mit seiner Liebe zu überwinden. Unsere Feier ist ein Leuchtfeuer der Hoffnung für diejenigen, deren Leben auf eine harte Probe gestellt ist, und lädt sie ein, ihr Vertrauen auf unseren Herrn zu setzen.

Ja, die Karwoche in diesem Jahr ist für uns ganz anders. Das mit dem Coronavirus verbundene Leiden hat sogar dazu geführt, dass viele Katholiken in der Karwoche keinen Zugang zu den Sakramenten der Buße und der Heiligen Eucharistie haben, die unsere außergewöhnliche, aber auch gewöhnliche Begegnung mit dem auferstandenen Herrn sind, damit er uns in seinem Leben erneuert und stärkt. Aber sie bleibt die heiligste Woche des Jahres, denn sie erinnert an die Ereignisse, durch die wir in Christus lebendig sind, durch die das ewige Leben uns gehört, auch angesichts einer Pandemie, einer weltweiten Gesundheitskrise. Ich bitte Sie daher inständig, nicht der Lüge Satans nachzugeben, der Sie davon überzeugen will, dass Sie in diesem Jahr in der Karwoche nichts zu feiern haben. Nein, Sie haben alles zu feiern, denn Christus ist uns in jedem Leid vorangegangen und begleitet uns auch jetzt in unseren Leiden, damit wir in Seiner Liebe stark bleiben, der Liebe, die jedes Übel besiegt.

Heute feiern wir den Palmsonntag, an dem Christus mit dem vollen Wissen um die Passion und den Tod, die ihn erwarteten, in Jerusalem einzog. Er wusste, wie vergänglich die Begrüßung war, die man ihm darbrachte. Es war eine angemessene Begrüßung für den König des Himmels und der Erde, aber sie war oberflächlich, weil diejenigen, die sie ihm entgegenbrachten, nur ein weltliches Verständnis von der Erlösung hatten, die er für uns zu erwerben kam. Sie waren nicht bereit, sich mit Christus zu vereinigen, als Er Sein ewiges Königreich durch die Ereignisse seiner Passion und seines Todes errichtete. Nach dem Palmsonntag wird die ganze Karwoche zu Recht als heilig bezeichnet, weil jeder dieser Tage einen Teil der beständigen Heilssendung Christi umfasst, die sich auf ihrem Höhepunkt befindet.

Nehmen Sie sich heute Zeit, darüber nachzudenken, welchen königlichen Empfang Sie Christus in Ihrem Herzen und in Ihrem Haus bereitet haben. Lesen Sie noch einmal den Bericht über seinen Einzug in Jerusalem und darüber, wie er nach seinem triumphalen Einzug mit den Worten über Jerusalem geweint hat:

O Jerusalem, Jerusalem, das du die Propheten mordest und die steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, wie eine Henne ihre Küchlein unter ihren Flügeln sammelt, und ihr habt nicht gewollt!” (Mt. 23,37).

Wenn Sie oder Ihr Haus weit von Unserem Herrn entfernt sind, denken Sie daran, wie sehr Er wünscht, Ihnen nahe und der ständige Gast Ihres Herzens und Ihres Hauses zu sein.

Bleiben Sie während der gesamten Karwoche bei Christus. Machen Sie den Gründonnerstag in besonderer Weise zu einem Tag der tiefen Danksagung für die Sakramente der Heiligen Eucharistie und des Heiligen Priestertums, die Unser Herr beim letzten Abendmahl eingesetzt hat. Machen Sie den Karfreitag zu einem ruhigen Tag, an dem Sie Bußübungen vornehmen, um tiefer in das Geheimnis des Leidens und Sterbens Christi einzutauchen. Seien Sie am Karfreitag erfüllt von Dankbarkeit für die Sakramente der Buße und der Krankensalbung. Halten Sie am Karsamstag Wache bei unserem Herrn, preisen und danken Sie Ihm für das Geschenk Seiner Gnade in unseren Seelen durch die Ausgießung des Heiligen Geistes aus Seinem herrlichen, durchbohrten Herzen. Denken Sie besonders darüber nach, wie Seine Gnade in Ihnen durch die Sakramente der Taufe, der Firmung und der Heiligen Eucharistie wirkt. Denken Sie in all diesen Tagen über das Geschenk des Sakraments der heiligen Ehe und seiner Frucht, der Familie – der “Hauskirche” oder kleinen Hauskirche -, nach und danken Sie ihm dafür. Es ist normalerweise der erste Ort, an dem wir Gott kennen lernen, ihm Gebet und Anbetung darbringen und unser Leben nach seinem Gesetz ausrichten.

Wenn Sie an den liturgischen Feiern dieser heiligsten Tage nicht teilnehmen können, was in der Tat eine große Not ist, denn nichts kann die Begegnung mit Christus durch die Sakramente in diesen Tagen ersetzen, dann bemühen Sie sich in Ihren Häusern um die Teilnahme an der heiligen Liturgie durch Ihren Wunsch, in der Gemeinschaft mit Unserem Herrn zu sein, besonders im Geheimnis seines Heilswerkes. Unser Herr erwartet von uns nicht das Unmögliche, aber Er erwartet, dass wir so gut wie möglich versuchen, in diesen Tagen Seiner mächtigen Gnade bei Ihm zu sein.

Es gibt viele wunderbare Hilfen, um solch ein heiliges Verlangen zu nähren. Zunächst einmal gibt es in der Kirche einen reichen Schatz an Gebeten: die Lektüre der Heiligen Schrift, z.B. der Bußpsalmen, insbesondere des Psalms 51 [50], und die Darstellung des Leidens unseres Herrn in den vier Evangelien, die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu, die Meditation über die Geheimnisse unseres Glaubens durch das Beten des Heiligen Rosenkranzes, insbesondere die schmerzhaften Geheimnisse, die Litaneien des Heiligsten Herzens Jesu, der Seligen Jungfrau (der Lauretanischen Litanei), des hl. Josef, und der Heiligen, den Kreuzweg – der auch zu Hause mit den Bildern der Vierzehn Stationen, die in einem Gebetbuch oder auf einem heiligen Gegenstand dargestellt sind, gemacht werden kann – , das Beten des Barmherzigkeitsrosenkranzes, Besuche von Heiligtümern, Grotten und anderen Orten, die unserem Herrn und den Geheimnissen der erlösenden Menschwerdung heilig sind, und die Verehrung der Heiligen, die uns mächtig geholfen haben, insbesondere des hl. Rochus, des Schutzpatrons gegen die Pest.

Auch sind wir in unserer Zeit gesegnet, dass wir über die Kommunikationsmedien Zugang zu den heiligen Riten und öffentlichen Andachten haben, wie sie in bestimmten Kirchen gefeiert werden, insbesondere in den Kirchen von Klöstern und Konventen, an denen die gesamte Gemeinschaft teilnimmt. Einen heiligen Ritus zu sehen, der im Fernsehen übertragen wird, ist sicherlich nicht dasselbe wie die direkte Teilnahme daran, aber wenn es alles ist, was uns möglich ist, dann ist es sicherlich unserem Herrn angenehm, der es nie versäumen wird, uns, als Antwort auf unseren demütigen Akt der Hingabe und Liebe, mit seiner Gnade zu überschütten.

Auf jeden Fall darf die Karwoche nicht für uns wie jede andere Woche sein, sondern muss von den tiefsten Gefühlen des Glaubens an Christus, der allein unsere Rettung ist, geprägt sein. Die Gefühle des Glaubens in diesen heiligsten Tagen sind ebenfalls Gefühle tiefster Dankbarkeit und Liebe. Wenn Ihre Dankbarkeit und Liebe nicht durch die Teilnahme an der Heiligen Liturgie ihren höchsten Ausdruck finden können, dann lassen Sie sie in der Hingabe Ihrer Herzen und Ihres Hauses zum Ausdruck kommen. Im Gedenken an die Ereignisse des Heiligen Triduums, zusammen mit Christus, seiner Gottesmutter und allen Heiligen, betrachten wir das Geheimnis seines Lebens in jedem von uns. Uns allen wird die Zeit, die wir jeden Tag im Gebet und in der Andacht verbringen und über die Passion unseres Herrn meditieren, helfen, in diesen heiligsten aller Tage auf die bestmögliche Weise mit unserem Herrn zusammen zu sein. Wie sehr sollten uns die Leiden der momentanen Zeit lehren, welch unvergleichliches Geschenk die heilige Liturgie und die Sakramente sind!

Ich möchte mit der Versicherung schließen, dass Sie und Ihre Anliegen heute in meinen Gebeten sind sowie während der gesamten Karwoche und insbesondere während des Heiligen Triduums am Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag. Mögen wir alle Christus mit tiefstem Glauben, tiefster Hoffnung und Liebe begegnen, wenn wir diese heiligsten Tage feiern, an denen er gelitten hat, gestorben und auferstanden ist, um uns von der Sünde und von allem Bösen zu befreien und für uns das ewige Leben zu gewinnen. Möge das Begehen der Karwoche in diesem Jahr unsere starke Bewaffnung im laufenden Kampf gegen das Coronavirus COVID-19 sein. In Christus wird der Sieg unser sein. “Fürchtet euch nicht, glaubet nur” (Mk. 5,36).

Raymond Leo Kardinal BURKE, Palmsonntag, den 5 April 2020

Brief an die Gläubigen von Msgr. Dr. Gilles Wach, dem Generalprior des Instituts Christus König

Liebe Freunde des Instituts Christus König und Hohepriester,

anlässlich der Karwoche möchte ich die Gelegenheit ergreifen, um mich an Sie zu wenden und Sie in diesen tragischen Stunden der Gebete unserer Gemeinschaft zu versichern; außerdem möchte ich Ihnen einige Neuigkeiten über unser Institut, unsere Priester, Seminaristen und Schwestern übermitteln.

Infolge der Regierungsmaßnahmen, die in Italien kurz nach Beginn der Gesundheitskrise ergriffen wurden, haben sich unser Mutterhaus und unser Seminar in Gricigliano schon vor fast einem Monat in Quarantäne begeben. Da es sich nicht um eine Pfarrei, sondern um ein von unserem florentinischen Apostolat unabhängiges Ausbildungshaus handelt, war es notwendig, die vielen Seminaristen und Priester, die dort leben, zu schützen, damit sie ihr Gebetsleben und ihr Studium wie gewohnt fortsetzen können. So haben wir das Gebetsleben und den Gesang des Offiziums beibehalten und zu den üblichen Ämtern Bittgebete in Ihren Anliegen, die tägliche Anbetung und eine wöchentliche Bußprozession auf dem Seminargelände hinzugefügt, um Gottes Gnade zu erflehen.

In unseren Prioraten, Kirchen, Klöstern, Missionen, Werken und Stiftungen versuchen unsere über die ganze Welt verteilten Kanoniker ihr Bestes zu geben, um an Ihrer Seite zu bleiben – ist ja der Trost der Heiligen Kirche in solchen Momenten besonders wertvoll und wichtig. Je nach den Einschränkungen, die durch zivile oder kirchliche Gesetze auferlegt werden, versuchen sie, Ihnen den größtmöglichen Zugang zu den Schätzen des sakramentalen Lebens zu ermöglichen.

Es scheint mir, dass eine Epidemie solchen Ausmaßes erlaubterweise als ein Zeichen des Himmels interpretiert werden darf, zu dem Zweck, uns auf das Wesentliche zurückzubringen, wie es von vielen Seiten zu hören ist. Aber was ist das Wesentliche? Ist es nicht Gott selbst? In der Heiligen Schrift gibt Gott vergleichbare Warnungen, um uns zur Bekehrung anzuregen. “Ein Jesus, der mit allem und jedem übereinstimmt”, schreibt Benedikt XVI., “ein Jesus ohne seinen heiligen Zorn, ohne die Härte der Wahrheit und der wahren Liebe, ist nicht der wahre Jesus, wie die ihn Schrift zeigt, sondern seine elende Karikatur. Eine Konzeption des Evangeliums, in der der Ernst des Zornes Gottes nicht mehr existiert, hat nichts mit dem biblischen Evangelium zu tun” (J. Ratzinger, Auf Christus schauen).

Heutzutage hören wir so wenig über die Sünden, die Fehler, die Vergehen, die der Mensch gegen seinen Gott begeht und die gegenwärtig auf gesellschaftlicher Ebene sogar noch gefördert werden. Man erkennt den Schöpfer kaum als den absoluten Herrn über Leben und Tod an. Die Erfahrung von Krankheit und Angst lehrt uns auf zweifache Weise: Der Reichtum und die Größe unserer Welt sind nichts als Eitelkeit, da die Kleinheit eines Virus ausreicht, um sie in die Knie zu zwingen; andererseits müssen wir den Sinn unseres menschlichen Zustandes wiederentdecken; es ist die Liebe für die Kleinsten, die Zerbrechlichsten, die Verletzlichsten und der erlösende Sinn des Leidens.

Um aber die richtige Antwort auf das »Warum« des Leidens finden zu können, müssen wir auf die Offenbarung der göttlichen Liebe schauen, die tiefste Quelle für den Sinn von allem, was ist. Die Liebe ist auch die reichste Quelle für den Sinn des Leidens, das immer ein Geheimnis bleiben wird: Wir sind uns bewusst, wie unzureichend und unangemessen unsere Erklärungen sind. Christus lässt uns jedoch in das Geheimnis eindringen und das »Warum« des Leidens entdecken in dem Maße, wie wir fähig sind, die Tiefe der göttlichen Liebe zu erfassen.

In diesen Tagen feiern wir den fünfzehnten Todestag des hl. Johannes Paul II. und Anfang Mai seinen hundertsten Geburtstag. Was der Diener Gottes uns als sein letztes Zeugnis hinterlassen hat, ist ein Leiden, das durch die Liebe des Erlösers verklärt und für seine apostolische Sendung und die Nächstenliebe ausschlaggebend wurde. In seiner Enzyklika ‚Salvifici Doloris‘, die dem Sinn des Leidens gewidmet ist, schrieb er: “Das Leiden ist etwas noch viel Umfassenderes als die Krankheit; es ist noch vielschichtiger und zugleich noch tiefer im Menschsein selbst verwurzelt. […] Die Weite und Vielfalt des moralischen Leidens sind gewiss nicht geringer als beim körperlichen Leiden; […] Um den tiefen Sinn des Leidens zu finden muss man v.a. das Licht der Offenbarung aufnehmen, nicht nur soweit es die transzendente Ordnung der Gerechtigkeit zum Ausdruck bringt, sondern insofern es diese Ordnung mit Liebe erleuchtet, der letzten Quelle für alles, was existiert. Die Liebe ist auch die reichste Quelle für die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Leidens. Diese Antwort ist von Gott dem Menschen im Kreuze Jesu Christi gegeben worden.”

Am Karfreitag wird die Kirche wieder die großen Stunden der Passion und des Todes des Erlösers erleben. Mögen wir uns mit den Leiden des göttlichen Opfers vereinen, mit unseren eigenen Kreuzen, Krankheiten, Einsamkeiten, Ängsten, materiellen und geistlichen Entbehrungen, die uns diese lange Quarantäne auferlegt. Seien wir überzeugt, dass Gott, der so gut, so liebevoll, so barmherzig ist, “nicht den Tod des Sünders will, sondern dass er sich vielmehr bekehre und lebe.” (Hesekiel, XXXI, 11).

Mir scheint, dass bestimmte kirchliche Autoritäten zu schnell und leicht beschlossen haben, die Kirchen zu schließen und den Zugang zu den Sakramenten einzuschränken – oder sogar zu unterdrücken. Wie können solche Maßnahmen ins Auge gefasst werden, wenn Supermärkte und Banken geöffnet bleiben? Ist das übernatürliche Leben von geringerem Wert? Ist es zweitrangig? Muss nicht auch die Seele regelmäßig genährt, gereinigt und unterstützt werden, v.a. wenn sie unzähligen Prüfungen ausgesetzt ist? Wenn man seinen Arzt konsultieren darf, bei Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen, warum kann man dann nicht, ebenfalls bei Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen, den Priester, den wahren Arzt der Seele, treffen? Könnten nicht die Vorkehrungen, die zur Verminderung des Risikos in den Supermärkten, den Arztpraxen etc. getroffen werden, ebenfalls in unseren Kirchen Anwendung finden? Mit den derzeitigen Mitteln ist es möglich, selbst strenge Vorsichtssysteme in unseren Kirchen zu schaffen. Die Evangelisten haben uns gezeigt, welche besondere Liebe Christi zu den Unglücklichen im Leben hatte und ganz besonders zu den Kranken, indem ihnen die körperliche Gesundheit wiederherstellte, als einfaches Unterpfand der geistlichen Heilung: “Geh, dein Glaube hat dich gerettet! ”

Ich danke herzlich unseren Kanonikern, die alles tun, um Ihnen zu helfen und die, durch Sie, unserem Herrn dienen, durch ihre Besuche oder die Übertragung der liturgischen Feiern. Jetzt schon zeichnet sich eine große wirtschaftliche und menschliche Krise ab: Wir werden uns mutig mit Engpässen aller Art auseinandersetzen müssen. Ich weiß, dass wir in einigen Häusern des Instituts und in den Konventen unserer Schwestern bereits damit begonnen haben, Lebensmittel zu verteilen und Familien zu helfen, die sich in Versorgungsschwierigkeiten befinden. Wir werden diesen dringend benötigten Dienst am Nächsten weiter entwickeln und organisieren. Aber in der Überzeugung, dass “der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund des Allerhöchsten kommt”, werden wir v.a. auch für die geistlichen Bedürfnisse sorgen, indem wir, ohne die vorgeschriebenen Einschränkungen zu verletzen, die Kontinuität des sakramentalen Lebens gewährleisten. Denn wir sind uns sehr wohl bewusst, dass die größte Gefahr, die unsere Gesellschaft heute bedroht, geistlicher Natur ist – mehr als die soziale oder wirtschaftliche.

Ich frage mich, was für eine Theologie ein Kleriker haben muss, der sich erlaubt, den Zugang zu den Sakramenten zu verbieten, während er gleichzeitig für eine bessere Zusammenarbeit im Bereich der natürlichen Belange eintritt. Niemand bestreitet, dass sowohl die materielle als auch die geistliche Existenz an die Umstände angepasst werden müssen und die üblichen Vorsichtsmaßnahmen genauestens eingehalten werden sollten. Trotz alledem ist die Unterdrückung der gewöhnlichen Kanäle der Gnade niemals eine gute Lösung. Auch wenn der Zugang zu den Sakramenten kein absolutes Recht der Gläubigen ist, so ist es dann nicht dennoch die Pflicht des Priesters, ihre Ausspendung zu erleichtern und Gott zu den Zerbrechlichsten, Einsamsten und Unglücklichsten zu bringen? Welchen Wert hätte das Opfer, die volle und beständige Weihe des eigenen Lebens, ohne diese Perspektive?

Ich danke allen unseren Gläubigen für ihre unermüdliche Unterstützung, die sich in Ihren vielen Botschaften widerspiegelt, und unseren Kanonikern, Schwestern und Seminaristen für ihr Engagement und ihre Gebete.

Wir stehen unmittelbar vor der Karwoche, dem Höhepunkt des liturgischen Zyklus und dem Zentrum des christlichen Lebens. In dieser Zeit in Gricigliano bin ich mit Ihnen im Gebet vereint. Jedem von uns liegt es am Herzen, Ihre Anliegen zum Fuß des Kreuzes zu tragen und für die Kranken, die Sterbenden, für die Familien, die in Schmerzen, Qualen oder Bedrängnissen leben, zu beten, ebenso wie für die Vielen in der Welt mit ihrem beispiel- und heldenhaften Einsatz, lebensnotwendige Dienste weiterhin zu leisten und ihre Verpflichtungen mutig zu erfüllen. Möge Gott sie alle schützen und segnen!

Und Sie, liebe Gläubige, bleiben Sie im Gebet mit uns vereint. Ich werde mir erlauben, Ihnen weiterhin Neuigkeiten mitzuteilen, da die für die kommenden Wochen geplanten Veranstaltungen des Instituts je nach den Fristen abgesagt oder verschoben worden sind. Ich lade Sie ein, besonders Unsere Liebe Frau von Pompeji, den hl. Rochus und den hl. Sebastian anzurufen, deren Fürsprache sich in Zeiten einer Epidemie immer als sehr mächtig erwies. In Gricigliano ist eine echte Kreuzreliquie, umgeben von anderen Reliquien von Schutzheiligen und Beschützern, zur Verehrung ausgestellt und es wird fleißig davor gebetet.

Ich wünsche Ihnen eine gute und gesegnete Karwoche und lade Sie ein, Ihr Gebetsleben in Ihren Häusern mit häufigeren Andachten zu intensivieren. Hoffen Sie auf das bevorstehende Osterfest, denn an diesem feierlichen Tag zeigt uns Jesus Christus, wie Er inmitten der Widrigkeiten und Prüfungen des Lebens der Sieger über Tod und Sünde bleibt.

In Christus dem König,

Msgr. Gilles Wach, Generalprior des Instituts Christus König und Hohepriester

Brief Seiner Eminenz Raymond Leo Kardinal Burke

Deutsche, leicht gekürzte Fassung eines Textes von S. Em. Raymond Leo Kardinal Burke vom 21. März 2020 (die englische Originalversion siehe www.cardinalburke.com)

Liebe Freunde,

Seit einiger Zeit kämpfen wir gegen die Verbreitung des Coronavirus COVID-19. Nach allem, was wir sagen können – und eine der Schwierigkeiten des Kampfes ist, dass noch so viel über diese Pest unklar ist – , wird der Kampf noch einige Zeit andauern. Das Virus ist besonders heimtückisch, denn es hat eine relativ lange Inkubationszeit – manche sagen 14 Tage, manche sagen 20 Tage – und ist hoch ansteckend, viel höher als andere Viren, die wir bisher erlebt haben.

Da ich in Italien lebe, wo die Verbreitung des Coronavirus besonders tödlich ist, vor allem für ältere Menschen und für diejenigen, die sich bereits in einem heiklen Gesundheitszustand befinden, bin ich von der großen Sorgfalt erbaut, mit der die Italiener sich und andere vor der Ansteckung schützen. Wie Sie vielleicht schon gelesen haben, wird das Gesundheitssystem in Italien bei dem Versuch, die notwendigen Krankenhausaufenthalte und Intensivbehandlungen für die am meisten gefährdeten Menschen zu gewährleisten, auf eine harte Probe gestellt. Bitte beten Sie für das italienische Volk und besonders für diejenigen, für die das Coronavirus tödlich sein kann, ebenso für diejenigen, die mit ihrer Betreuung betraut sind. Als Bürger der Vereinigten Staaten habe ich die Situation der Ausbreitung des Coronavirus in meinem Heimatland verfolgt und weiß, dass die in den Vereinigten Staaten lebenden Menschen immer mehr darauf bedacht sind, die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, damit sich eine Situation wie die in Italien dort nicht wiederholt.

Die ganze Situation versetzt uns sicherlich in eine tiefe Trauer und auch in Angst. Niemand will sich mit der Krankheit, die mit dem Virus verbunden ist, anstecken oder jemand anderen anstecken lassen. Wir wollen vor allem nicht, dass unsere geliebten alten Menschen oder andere, die gesundheitlich angeschlagen sind, durch die Verbreitung des Virus in Todesgefahr geraten. Um die Ausbreitung des Virus zu bekämpfen, befinden wir uns alle in einer Art ‚Zwangsexerzitien‘, mit Ausgangssperren, ohne die üblichen Zeichen der Zuneigung gegenüber der Familie und den Freunden zeigen zu können. Für diejenigen, die sich in Quarantäne befinden, ist die Isolation eindeutig noch schwerer, da sie mit niemandem Kontakt haben dürfen, auch nicht aus der Distanz.

Als ob die mit dem Virus verbundene Krankheit selbst nicht ausreichend wäre, um uns zu beunruhigen, dürfen wir vor den wirtschaftlichen Verwüstungen, die die Verbreitung des Virus verursacht, nicht die Augen schließen, ebenso wenig ihre schmerzlichen Auswirkungen auf Einzelpersonen und Familien und auf diejenigen, die uns in unserem täglichen Leben auf vielfältige Weise dienen. Natürlich können wir uns auch schwer gegen Gedanken wehren, die die Möglichkeit einer noch größeren Verwüstung unter der Bevölkerung in unseren Heimatländern und sogar in der Welt sorgenvoll in Betracht ziehen.

Sicherlich ist es richtig, dass wir alle natürlichen Mittel kennenlernen und einsetzen, um uns vor einer Ansteckung zu schützen. Es ist ein grundlegender Akt der Nächstenliebe, mit allen Mitteln zu verhindern, dass das Coronavirus sich durch uns verbreitet. Die natürlichen Mittel zur Verhinderung der Verbreitung des Virus müssen jedoch das respektieren, was wir zum Leben brauchen, zum Beispiel den Zugang zu Nahrung, Wasser und Medikamenten. So sieht der Staat beispielsweise trotz immer stärkerer Einschränkungen der Bewegungsfreiheit vor, dass der Einzelne den Supermarkt und die Apotheke besuchen darf, wobei die Vorkehrungen zur sozialen Distanzierung und zur Verwendung von Desinfektionsmitteln von allen Beteiligten beachtet werden müssen.

Bei der Überlegung, was zum Leben notwendig ist, dürfen wir nicht vergessen, dass unsere erste Überlegung unsere Beziehung zu Gott ist. Wir erinnern uns an die Worte unseres Herrn im Johannesevangelium: “Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir kommen zu ihm und nehmen Wohnung bei ihm” (14, 23). Christus ist der Herr der Natur und der Geschichte. Er ist nicht fern und uninteressiert an uns und an der Welt. Er hat uns versprochen: “Ich bin immer bei euch, bis zum Ende der Zeit” (Mt. 28,20). Im Kampf gegen das Übel des Coronavirus ist unsere wirksamste Waffe daher unsere Beziehung zu Christus durch Gebet und Buße, durch Andacht und heilige Anbetung. Wir wenden uns an Christus, um uns von der Pest und von allem Übel zu befreien, und Er antwortet uns immer mit reiner und selbstloser Liebe. Deshalb ist es für uns von wesentlicher Bedeutung, dass wir jederzeit und v.a. in Krisenzeiten Zugang zu unseren Kirchen und Kapellen, zu den Sakramenten und zu Andachten und Gebeten haben.

So wie wir Lebensmittel und Medikamente kaufen können, wobei wir darauf achten müssen, das Coronavirus nicht zu verbreiten, so müssen wir auch in unseren Kirchen und Kapellen beten, die Sakramente empfangen und uns an Andachten beteiligen können, damit wir Gottes Nähe zu uns erfahren, ihm nahe bleiben und seine notwendige Hilfe anrufen können. Ohne die Hilfe Gottes sind wir in der Tat verloren. Historisch gesehen, haben sich die Gläubigen in Zeiten der Pest inbrünstig zum Gebet versammelt und an Prozessionen teilgenommen. Tatsächlich gibt es in dem von Papst Johannes XXIII. 1962 herausgegebenen Römischen Meßbuch besondere Texte für die hl. Messe, die in Zeiten der Pest dargebracht werden soll, z.B. die Votivmesse zur Befreiung vom Tod in Zeiten der Pest (Missae Votivae ad Diversa, Nr. 23). Ebenso beten wir in der traditionellen Heiligenlitanei: “Herr, erlöse uns von Pest, Hungersnot und Krieg.”

Oft, wenn wir uns in großem Leid befinden und sogar dem Tod ins Auge sehen, fragen wir uns: “Wo ist Gott? Aber die eigentliche Frage ist: “Wo sind wir?” Mit anderen Worten: Gott ist mit Sicherheit bei uns, um uns zu helfen und uns zu retten, besonders in der Zeit der schweren Prüfung oder des Todes, aber wir sind zu oft weit von ihm entfernt, weil wir unsere völlige Abhängigkeit von ihm nicht anerkennen und deshalb nicht täglich zu ihm beten und ihm unsere Anbetung anbieten.

In diesen Tagen habe ich von sehr vielen gläubigen Katholiken erfahren, die zutiefst betrübt und entmutigt sind, dass sie nicht in der Lage sind, in ihren Kirchen und Kapellen zu beten und anzubeten. Sie verstehen die Notwendigkeit, soziale Distanz zu wahren und die anderen Vorsichtsmaßnahmen zu beachten, und sie werden diese umsichtigen Praktiken befolgen, die sie in ihren Kirchen leicht genug praktizieren können. Aber oft genug müssen sie das tiefe Leid akzeptieren, dass ihre Kirchen und Kapellen geschlossen sind und ihnen kein Zugang zur Beichte und zur heiligsten Eucharistie gewährt wird.

Im gleichen Licht kann ein gläubiger Mensch das gegenwärtige Unglück, in dem wir uns befinden, nicht ansehen, ohne auch erkennen zu müssen, wie weit unsere moderne Kultur von Gott entfernt ist. Sie ist nicht nur gleichgültig gegenüber Seiner Gegenwart in unserer Mitte, sondern auch offen rebellisch gegenüber Ihm und der guten Ordnung, mit der Er uns geschaffen hat und uns im Sein erhält. Wir brauchen nur an die alltäglichen gewalttätigen Angriffe auf das menschliche Leben hinsichtlich seiner Geschlechtlichkeit, die Gott nach seinem Bild und Gleichnis gemacht hat (Gen 1,27), an Angriffe auf unschuldige und wehrlose Ungeborene und auf diejenigen, die den ersten Anspruch auf unsere Fürsorge haben, d.h. an diejenigen, die an schweren Krankheiten oder Behinderungen leiden, oder fortgeschrittenen Alters sind. Wir sind täglich Zeugen der Verbreitung von Gewalt in einer Kultur, die das menschliche Leben nicht respektiert.

Ebenso brauchen wir nur an den allgegenwärtigen Angriff auf die Integrität der menschlichen Sexualität zu denken, an unsere Identität als Mann oder Frau, unter dem Vorwand, für uns selbst, oft unter Einsatz gewalttätiger Mittel, eine andere sexuelle Identität als die uns von Gott gegebene zu definieren. Mit immer größerer Sorge erleben wir die verheerenden Auswirkungen der so genannten “Gender-Theorie” auf Einzelpersonen und Familien.

Auch innerhalb der Kirche sind wir Zeugen eines Heidentums, das die Natur und die Erde anbetet. Es gibt innerhalb der Kirche diejenigen, die die Erde als unsere Mutter bezeichnen, als ob wir von der Erde kämen, und als ob die Erde unsere Rettung sei. Aber wir kommen aus der Hand Gottes, des Schöpfers des Himmels und der Erde. In Gott allein finden wir die Erlösung. Wir beten in den göttlich inspirierten Worten des Psalmisten: “[Gott] allein ist mein Fels und mein Heil, meine Festung; ich werde nicht erschüttert werden” (Ps. 62 [61], 6). Wir sehen, wie sich das Glaubensleben selbst zunehmend säkularisiert und damit die Herrschaft Christi, des menschgewordenen Gottessohnes, des Königs des Himmels und der Erde, kompromittiert hat. Wir sind Zeugen so vieler anderer Übel, die sich aus dem Götzendienst, aus der Anbetung unserer selbst und unserer Welt ergeben, anstatt Gott, die Quelle allen Seins, anzubeten. Wir sehen traurig in uns selbst die Wahrheit der inspirierten Worte des heiligen Paulus bezüglich der “Gottlosigkeit und Bosheit der Menschen, die durch ihre Bosheit die Wahrheit unterdrücken”: “Sie tauschten die Wahrheit über Gott gegen eine Lüge aus und beteten das Geschöpf an und dienten ihm, anstatt dem Schöpfer, der für immer gesegnet ist! (Röm. 1, 18. 25).

Viele, mit denen ich in Verbindung stehe und die über die gegenwärtige weltweite Gesundheitskrise mit all ihren Auswirkungen nachdenken, haben mir gegenüber die Hoffnung geäußert, dass diese uns – als Einzelne, als Familien und als Gesellschaft – dazu führen wird, unser Leben zu reformieren, uns Gott zuzuwenden, der uns sicher nahe und unermesslich und unendlich in seiner Barmherzigkeit und Liebe zu uns ist. Es steht außer Frage, dass große Übel wie die Pest eine Auswirkung der Erbsünde und unserer tatsächlichen Sünden sind. Gott muss in Seiner Gerechtigkeit die Unordnung, die die Sünde in unser Leben und in unsere Welt bringt, reparieren. In der Tat erfüllt Er die Anforderungen der Gerechtigkeit durch Seine überreiche Barmherzigkeit.

Gott hat uns nicht in dem Chaos und Tod, die die Sünde in die Welt bringen, zurückgelassen, sondern hat seinen eingeborenen Sohn, Jesus Christus, gesandt, damit er leidet, stirbt, von den Toten aufersteht und in Herrlichkeit zu seiner Rechten aufsteigt, um immer bei uns zu bleiben, uns von der Sünde zu reinigen und uns mit seiner Liebe zu entzünden. In seiner Gerechtigkeit erkennt Gott unsere Sünden und die Notwendigkeit ihrer Wiedergutmachung, während er gleichzeitig in seiner Barmherzigkeit die Gnade der Umkehr und Wiedergutmachung über uns ausgießt. Der Prophet Jeremiah betete: “Wir erkennen, Herr, unsere Bosheit, die Schuld unserer Väter an, dass wir gegen dich gesündigt haben”, aber er setzt seinem Gebet sofort hinzu: “Um deines Namens willen verachte uns nicht, lass nicht in Unehre fallen deiner Herrlichkeit Thron; denke an deinen Bund mit uns und breche ihn nicht” (Jer. 14,20-21).

Gott wendet sich nie von uns ab; er wird niemals seinen Bund der treuen und beständigen Liebe mit uns brechen, auch wenn wir so oft gleichgültig, kalt und untreu sind. Da das gegenwärtige Leiden so viel Gleichgültigkeit, Kälte und Untreue unsererseits aufdeckt, sind wir aufgerufen, uns an Gott zu wenden und um seine Gnade zu bitten. Wir sind zuversichtlich, dass er uns erhört und uns mit seinen Gaben der Barmherzigkeit, der Vergebung und des Friedens segnet. Wir verbinden unsere Leiden mit der Passion und dem Tod Christi und vervollständigen so, wie der heilige Paulus sagt, “das, was an den Leiden Christi fehlt, um seines Leibes willen, d.h. der Kirche willen” (Kol. 1,24). Wenn wir in Christus leben, kennen wir die Wahrheit des biblischen Gebets: “Die Rettung der Gerechten kommt vom Herrn; er ist ihre Zuflucht in der Zeit der Not” (Ps. 37 [36], 39). In Christus hat Gott uns die Wahrheit, die im Gebet des Psalmisten zum Ausdruck kommt, vollständig offenbart: “Barmherzigkeit und Wahrheit sind einander begegnet; Gerechtigkeit und Frieden haben sich geküsst” (Ps. 85 [84], 10).

In unserer völlig säkularisierten Kultur gibt es die Tendenz, Gebet, Andacht und Anbetung wie jede andere Aktivität zu betrachten, z.B. einen Kino- oder Fußballbesuch, der nicht unbedingt notwendig ist und daher aufgehoben werden kann, um jede erdenkliche Vorsichtsmaßnahme zu treffen, um die Ausbreitung einer tödlichen Seuche zu verhindern. Aber das Gebet, die Andachten und der Gottesdienst, vor allem die Beichte und die Heilige Messe, sind wesentlich, um gesund und geistlich stark zu bleiben und um Gottes Hilfe in einer Zeit großer Gefahr für alle zu suchen. Deshalb können wir nicht einfach die Entscheidungen weltlicher Regierungen akzeptieren, die die Anbetung Gottes genauso behandeln wie den Besuch eines Restaurants oder eines sportlichen Wettkampfs. Andernfalls werden die Menschen, die bereits so sehr unter den Folgen der Pest leiden, jener objektiven Begegnungen mit Gott beraubt, der in unserer Mitte ist, um Gesundheit und Frieden wiederherzustellen.

Wir Bischöfe und Priester müssen öffentlich die Notwendigkeit deutlich machen, dass Katholiken in ihren Kirchen und Kapellen beten und anbeten und Gottes Segen für sein Volk erbitten, das so sehr leidet. Wir müssen darauf bestehen, dass die Vorschriften des Staates, auch zum Wohle des Staates, die besondere Bedeutung von Kirchen und Gebetsstätten anerkennen, besonders in Zeiten nationaler und internationaler Krisen. In der Vergangenheit haben die Regierungen in der Tat vor allem die Bedeutung des Glaubens, des Gebets und der Anbetung des Volkes zur Überwindung einer Seuche verstanden.

So wie wir einen Weg gefunden haben, für Nahrung, Medizin und andere Lebensbedürfnisse während einer Zeit der Ansteckung zu sorgen, ohne die Ausbreitung der Ansteckung unverantwortlich zu riskieren, so können wir auf ähnliche Weise einen Weg finden, um für die Bedürfnisse unseres geistlichen Lebens zu sorgen. Wir können mehr Gelegenheiten für die hl. Messe und Andachten anbieten, an denen eine Reihe von Gläubigen teilnehmen können, ohne die notwendigen Vorkehrungen gegen die Ausbreitung der Ansteckung zu verletzen. Viele unserer Kirchen und Kapellen sind sehr groß. Sie ermöglichen es einer Gruppe von Gläubigen, sich zum Gebet und zur Anbetung zu versammeln, ohne die Erfordernisse der “sozialen Distanz” zu verletzen. Der Beichtstuhl mit der traditionellen Trennwand ist in der Regel mit einem dünnen, mit Desinfektionsmittel behandelbaren Schleier ausgestattet oder kann, wenn nicht, leicht mit einem solchen ausgestattet werden, so dass der Zugang zum Sakrament der Beichte ohne große Schwierigkeiten und ohne Gefahr der Übertragung des Virus möglich ist. Wenn eine Kirche oder Kapelle nicht über einen ausreichend großen Stab verfügt, um die Kirchenbänke und andere Oberflächen regelmäßig zu desinfizieren, zweifle ich nicht daran, dass die Gläubigen in Dankbarkeit für die Gaben der Heiligen Eucharistie, der Beichte und der öffentlichen Andacht gerne helfen werden.

Auch wenn wir weiterhin, aus welchen Gründen auch immer, keinen Zugang zu unseren Kirchen und Kapellen haben sollten, müssen wir uns daran erinnern, dass unsere Häuser eine Erweiterung unserer Pfarrei sind, eine kleine Kirche, in die wir Christus aus unserer Begegnung mit ihm in der größeren Kirche bringen. Unsere Häuser sollen in dieser Zeit der Krise die Wahrheit widerspiegeln, dass Christus in jedem christlichen Haus zu Gast ist. Wenden wir uns ihm durch das Gebet, insbesondere den Rosenkranz, und andere Andachten zu. Wenn das Bild des Heiligsten Herzens Jesu zusammen mit dem Bild des Unbefleckten Herzens Mariens nicht bereits in unserem Haus thront, wäre jetzt die Zeit dafür gekommen. Der Ort des Herz-Jesu-Bildes ist für uns ein kleiner Altar zu Hause, an dem wir uns im Bewusstsein der Tatsache, dass Christus durch die Ausgießung des Heiligen Geistes in unseren Herzen wohnt, versammeln und unsere oft armen und sündigen Herzen in Sein herrliches, durchbohrtes Herz legen – immer offen, um uns aufzunehmen, uns von unseren Sünden zu heilen und uns mit göttlicher Liebe zu erfüllen. Wenn Sie das Bild des Heiligsten Herzens Jesu inthronisieren möchten, empfehle ich Ihnen die Anleitung zur Thronerhebung des Heiligsten Herzens Jesu, die im Internet zu finden ist.

Denjenigen, die keinen Zugang zur hl. Messe und zur hl. Kommunion haben, empfehle ich die andächtige Praxis der geistlichen Kommunion. Wenn wir gut vorbereitet sind, die hl. Kommunion zu empfangen, d.h. wenn wir uns im Zustand der Gnade befinden, uns keiner Todsünde bewusst sind, die wir begangen haben und für die uns im Bußsakrament noch nicht vergeben wurde, und den Wunsch haben, unseren Herrn in der hl. Kommunion zu empfangen, aber nicht in der Lage sind, dies zu tun, vereinen wir uns geistlich mit dem hl. Messopfer und beten mit den Worten des hl. Alphons von Liguori zu unserem eucharistischen Herrn: “Da ich jetzt nicht in der Lage bin, Dich sakramental zu empfangen, komm wenigstens geistlich in mein Herz. ” Die geistliche Gemeinschaft ist ein schöner Ausdruck der Liebe zu unserem Herrn im Allerheiligsten Sakrament. Sie wird es nicht versäumen, uns reiche Gnaden zu bringen.

Gleichzeitig lädt uns die Kirche, wenn wir uns bewusst sind, dass wir eine Todsünde begangen haben und keinen Zugang zum Sakrament der Buße oder der Beichte haben, zu einem Akt vollkommener Reue ein, d.h. zur Trauer um die Sünde, die “aus einer Liebe entsteht, durch die Gott über alles geliebt wird”. Ein Akt vollkommener Reue “erlangt die Vergebung der Todsünden, wenn er den festen Entschluss enthält, so bald wie möglich zur sakramentalen Beichte zu gehen” (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1452). Ein Akt vollkommener Reue disponiert unsere Seele für die geistliche Kommunion.

Am Ende arbeiten Glaube und Vernunft, wie sie es immer tun, zusammen, um die angemessene und richtige Lösung für eine schwierige Herausforderung zu finden. Wir müssen die Vernunft, inspiriert vom Glauben, nutzen, um die richtige Art und Weise zu finden, wie wir mit einer tödlichen Pandemie umgehen. Diese Art und Weise muss dem Gebet, der Hingabe und der Anbetung, der Anrufung der Barmherzigkeit Gottes über sein Volk, das so viel leidet und in Todesgefahr ist, Vorrang einräumen. Wir sind nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen und erfreuen uns der Gaben des Verstandes und des freien Willens. Mit diesen gottgegebenen Gaben, vereint mit den ebenfalls gottgegebenen Gaben des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, werden wir unseren Weg in der gegenwärtigen Zeit der weltweiten Prüfung finden, die die Ursache für so viel Trauer und Angst ist.

Wir können auf die Hilfe und Fürsprache der großen Schar unserer himmlischen Freunde zählen, mit denen wir in der Gemeinschaft der Heiligen eng verbunden sind. Die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria, die heiligen Erzengel und Schutzengel, der hl. Joseph, der wahre Bräutigam der Jungfrau Maria und Schutzpatron der Universalkirche, der hl. Rochus, den wir in Zeiten einer Epidemie anrufen, und die anderen Heiligen und Seligen, an die wir uns regelmäßig im Gebet wenden, sind an unserer Seite. Sie leiten uns und versichern uns ständig, dass Gott unser Gebet nie unerhört lassen wird; Er wird mit Seiner unermesslichen und unendlichen Barmherzigkeit und Liebe antworten.

Liebe Freunde, ich biete Ihnen diese wenigen Überlegungen an, in dem tiefen Bewusstsein, wie sehr Sie unter dem pandemischen Coronavirus leiden. Ich hoffe, dass diese Überlegungen Ihnen helfen können. Vor allem hoffe ich, dass sie Sie dazu inspirieren, sich im Gebet und in der Anbetung an Gott zu wenden, jeder nach seinen Möglichkeiten, und so Seine Heilung und Seinen Frieden zu erfahren. Darüber hinaus seien Sie gewiss, dass ich mich täglich in meinem Gebet und Oper Ihrer Anliegen erinnere, insbesondere bei der Darbringung des hl. Messopfers.

Ich bitte Sie, in Ihren täglichen Gebeten auch an mich zu denken.

Ich verbleibe im Heiligsten Herzen Jesu und im Unbefleckten Herzen Mariens und im reinsten Herzen des heiligen Josef,

Ihr

Raymond Leo Kardinal Burke
21. März 2020
Fest des hl. Benedikt, Abt