Predigt am Christkönigsfest 2021 in Kloster Maria Engelport

Predigt am Christkönigsfest 2021 in Kloster Maria Engelport von Msgr. Michael Schmitz

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

„Rex sum ego“ –  Ich bin König.

Diese Antwort unseres Herrn an Pilatus ist ganz eindeutig. Er ist König. Er ist nicht irgendein König. Er ist nicht ein König wie andere. Er ist DER König. Der Einzige, Großartige, der alles Beherrschende. Und doch hat Er kurz davor gesagt: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ (Joh 18, 36). Mein Reich ist nicht von dieser Welt, weil es anders ist, als das Reich aller Könige. Ist das nicht ein Widerspruch?

„Ich bin König“ (Joh 18,37) sagte der Herr.  In der Epistel hörten wir, warum Er König ist: Er ist „imágo Dei invisíbilis“ (Kol 1, 15). Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes. Nicht nur ein Abbild, sondern ein Ebenbild der göttlichen Wirklichkeit, weil Seine Menschheit ganz und im tiefsten Inneren von der Gottheit durchlebt ist, weil es zwischen Ihm und der Gottheit keine Vermischung und keine Trennung gibt, weil Er ganz Mensch und ganz Gott ist. So ist Er König und Herrscher nicht nur im Namen Gottes und als Gott selbst, sondern auch als der Mensch, der in diese Welt gekommen ist, um über den Tod und die Sünde zu triumphieren.

Durch Ihn, so heißt es weiter, „omnia in ipso creáta sunt…omnia in ipso constant“ (Kol 1, 16-17). Durch Ihn, den König, auch Seiner Menschheit nach, ist alles. Alles besteht durch Seine Macht. Würde Er auch nur einen Augenblick Seine königliche Hand von dem, was Er geschaffen hat, wegnehmen, so würde alles aufhören zu existieren. Wir hängen im Innersten unserer Welt von Seinem Königtum ab, einem Königtum, das einerseits milde ist, andererseits aber so stark, dass die ganze Existenz der Welt und aller Menschen in Ihm ihren Ursprung und ihren Bestand findet.

Dieser König aber ist ebenfalls „caput córporis Ecclésiae; Haupt des Leibes der Kirche“ (Kol, 1, 18). Sein Königtum ragt in diese Welt herein. Sein Königtum ist sichtbar. Nicht in den Reichen dieser Welt, nicht in der oft willkürlichen Macht der Regierenden, sondern in jenem Reich, dass Er selbst gegründet hat. Es ist das Reich der Kirche, das Seine Gottheit und die Macht Seiner rettenden Menschheit weiterträgt in die Geschichte. So kann Er mit Recht sagen: „Ja, ich bin König.“ Der König aller Dinge, der König und das Haupt der Kirche.

Damit verstehen wir besser, was das andere Wort des Herrn bedeutet: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt; Regnum meum non est de hoc mundo.“ Er betont dann noch einmal: „Mein Königtum ist nicht von hier.“ (Joh, 18, 36). Er hat Sein einzigartiges Königtum nicht durch Wahl erhalten. Er hat Sein universales Königtum nicht inne, weil alle damit einverstanden waren, dass Er König sein sollte. Er besitzt seine allumfassende königliche Gewalt aber auch nicht durch rein menschliches Geburtsrecht, obwohl er von königlichem Stamme ist und viele Könige zu seinen gesetzlichen Stammvätern hat. Er ist kein König von Volkes Gnaden, Er ist auch kein bloß menschlicher König von Gottes Gnaden. Er ist König von Ewigkeit her, denn er ist Gott! Er ist König aus der Einheit mit dem Vater!  Er ist König eines Reiches, dass größer ist als diese Welt. Sein Königtum ist eben ein Königtum, dass weiter ist, dass höher reicht und großartiger ist als alle menschliche Macht. Durch Ihn, durch Sein gottmenschliches Königtum reicht die Ewigkeit in diese Welt hinein.

Die Gesetze Seines Königtums sind nicht menschliche Gesetze, über die abgestimmt werden kann, sondern sie sind eherne Worte Gottes, an denen niemand vorbeikommt. Sein Königtum ist nicht das Königtum menschlicher Bestimmung, sondern ewiger göttlicher Macht. Deswegen wird dieses Königtum auch nicht durch unsere Zustimmung oder Ablehnung geändert. Jesus Christus ist immer König, als Gott und Mensch zugleich! Auch wenn sich alle von Ihm abwenden sollten, Sein Königtum bleibt bestehen und Sein Reich bleibt in der Kirche sichtbar bis zum Ende der Zeit. Auch wenn der Glaube weniger werden sollte, ist Er immer unter uns als Herrscher und König, selbst dann, wenn die Mehrheit es nicht wahrhaben will.

Im Lukasevangelium hat der Herr als Gleichnis gesagt, dass ein König hinging, um das Königtum über eine Stadt anzutreten, die klar als Sinnbild des großen Jerusalem erscheint, das den Messias ablehnt. Die Menschen dieser Stadt schickten eine Gesandtschaft gegen den König und sagten: „Wir wollen diesen König nicht“ (Luk 19, 14). Wie oft haben die Menschen in der Geschichte gesagt: „Wir wollen diesen König nicht“! Wie oft haben wir selbst durch unser Handeln gesagt: „Wir wollen diesen König nicht“! Oft genug wenden wir uns durch die Sünde vom ewigen Königtum Jesu Christi ab. Dabei sollen wir Zeugen des Königtums Christi sein, sind wir doch durch die Taufe gerufen, als treue Gefolgsleute unseres großen Königs zu leben. Ihm sollen wir dienen, nicht der Sünde!

Was können wir also tun, um dieses Königtum trotzdem durchzusetzen? Was können wir tun, um dieses Königtum in unserem Leben zu verwirklichen? Was können wir, die wir oft wenig öffentlichen Einfluss haben, dazu beitragen, damit der Herr König über die Herzen und über die Welt sein kann?

Ebenfalls im Lukasevangelium gibt Jesus selbst uns dazu einen eindeutigen Hinweis. Er sagt nämlich: „Regnum Dei intra vos est; das Reich Gottes ist in euch“ (Luk 17, 21). Wenn wir das Königtum Jesu Christi, dieses wahre und ewige Königtum, verwirklichen wollen, dann müssen wir begreifen, dass das Königreich Christi in unseren Herzen beginnt. Alle Gesetze der Welt und der Kirche sind für uns unnütz, wenn wir nicht das Königreich Jesu Christi in unseren Herzen errichten. Das können wir auch, wenn wir gar keine äußerliche Macht und keinen Einfluss haben. Wir sind in der Taufe Glieder des Königreichs Christi, der Kirche, geworden. Wir haben die königliche Gnade der Gotteskindschaft bekommen. Wir sind ein Volk von Königen!

Nun liegt es an uns, an jedem einzelnen von uns, dieses Königtum in unserem Inneren Wirklichkeit werden zu lassen. Leben wir so, dass wir Christus in allen unseren Handlungen sagen: „Ja, Du bist König. Ja, Du bist mein König. Ja, gegen alle Stimmen der Welt, die Dein Königtum ablehnen oder verleugnen, in meinem Herzen thronst Du als König. Deinen Geboten will ich folgen und wenn ich gefallen bin, dann will ich wieder aufstehen und Deinem Feldzeichen weiter folgen! Ich weiß, dass ich ohne dieses Königtum nicht leben und nicht sein kann! Ohne meinen König Jesus Christus ist alles ohne letzten Sinn!“

Deswegen klagen wir nicht dauernd über den Zustand der Welt und der Kirche, ohne etwas zu tun: Wir sind vielmehr berufen, uns selbst zuerst für Christus zu entscheiden. Wollen wir dem Herrn eine Gesandtschaft entgegenschicken und Ihm sagen: „Wir wollen nicht, dass Du König bist“?  Oder wollen wir uns, wie die heilige Jungfrau, zu seinen Füßen werfen und sagen: „Ich bin Deine Magd, bin Dein Diener, sei der König meines Herzens, sei der König meines Lebens. Sei der König aller meiner Taten und Gedanken“?

Wenn wir das tun, dann wächst das Königreich Jesu Christi in uns. Ebenso wächst damit aber das Königreich Jesu Christi um uns. Dann werden wir tatsächlich eine neue Welt gestalten, die in unserem Herzen beginnt. Dann werden auch wir trotz unseres scheinbar so geringen Einflusses die Gesellschaft langsam verändern können, diejenigen beeinflussen, die der Herr uns gegeben hat, und ihnen zeigen können: „Da ist der König! Der Einzige, der alles in der Hand hat. Der Einzige, der alle Krisen und Krankheiten und Katastrophen überwinden kann. Der Einzige, der uns Vertrauen in dieser Welt gibt, weiterzugehen auf dem königlichen Wege, der direkt zu Seinem Throne führt.“

So verstehen wir, dass es keinen Widerspruch zwischen den zitierten Herrenworten gibt. Ja, der Herr ist wirklich DER König, doch Sein Königtum ist nicht von dieser Welt, denn es ist größer, ewiger und herrlich. Wir aber, obwohl wir äußerlich gesehen fast alle keine Fürsten, keine Prinzen, keine Regierenden und keine Könige sind, wir sind eingeladen durch die heilige Taufe und die Firmung Könige zu werden durch Ihn, mit Ihm und in Ihm. Dazu wir müssen Ihm unser Herz täglich neu öffnen! Wir müssen Ihn in unserem Herzen wohnen lassen und Ihm jedem Tag aufs Neue durch Gedanke, Wort und Tat versichern: „Ja, ich glaube, dass Du der Weg, die Wahrheit und das Leben bist. Du bist DER König des Universums und MEIN König! Regiere über mich und mach mich zu einem Deiner Gefolgsleute!“ Amen.