Predigt vom Zweiter Sonntag nach Pfingsten 2021

Kloster Maria Engelport

Predigt von Msgr. Prof. DDr. R. Michael Schmitz

Zweiter Sonntag nach Pfingsten 2021

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

„Schönheitsreparaturen reichen nicht“, das sind die Worte eines hohen Kirchenvertreters in einem sogenannten Interview während einer der besten Sendezeiten unseres Fernsehens.

„Schönheitsreparaturen reichen nicht“, darin und nur darin mag der hohe Herr Recht haben. Was er dann als Heilmittel für die jetzige kirchliche Situation angekündigt hat, waren, was wir im Rheinland nicht zu Unrecht „Olle Kamelle“ nennen würden. Denn Frauenordination, Priesterehe, Segen und Kommunion für alle Arten von öffentlichen Sünden sowie die Kontrolle der Priester durch die Laien werden teilweise schon seit der sogenannten Reformation in Deutschland verkündet und sind vor allem seit den letzten 50 Jahren gar nichts Neues. Man möchte sich wünschen, dass diejenigen, die solche „alten Kamellen“ fordern, einmal über die ökumenische Mauer blicken wollten und sehen würden, welche Früchte diese Dinge in den Gemeinschaften getragen haben, die das alles schon lange eingeführt haben. Dort, wo es schon lange keinen Zölibat mehr gibt, dort wo Frauen Pastoren sein können, dort wo alle unterschiedslos zur Kommunion zugelassen werden, dort herrscht in den Kirchenbänken öde Leere. All diese Dinge helfen nämlich nicht, weil sie nicht wirklich eine Reform sind, noch weniger eine „systemische Reform“, sondern nur dem Zeitgeist schmeicheln.

Der heilige Paulus sagt im 12. Kapitel des Römerbriefes dagegen: „Nolite conformari huic saeculo“, passt euch nicht dieser Welt an. Dieses Wort hat die Kirche während der letzten 2000 Jahre sehr ernst genommen. Schon von Anfang an haben sich die Apostel, nachdem sie durch die Auferstehung des Herrn Jesus Christus und seine Erscheinungen zum Glauben zurückgefunden hatten, nicht der Welt angepasst. Sie hätten leicht Kompromisse eingehen können und behaupten können, der Herr sei nicht auferstanden. Das hätte ihnen den Märtyrertod erspart. Sie aber waren dann treu bis zum Tod. Tausende und abertausende anderer Christen sind ebenso als Märtyrer für die Wahrheit des Glaubens gestorben. Wenn nicht viele Heilige gegen die Stimme der Welt mutig verkündet hätten, worum es wirklich geht, dann wäre die Kirche gar nicht bis ins dritte Jahrtausend gelangt.

Wenn wir nur den großen Heiligen des gestrigen Tages, Bonifatius, den Patron Deutschlands, ansehen, der auch für seinen kompromisslosen Glauben gestorben ist, dann können wir, wie beim zweiten Patron Deutschlands, dem heiligen Petrus Canisius, der die Kirche in Deutschland nach der Reformation wieder katholisiert hat, genau erkennen, was man tun muss, um sich nicht der Welt anzupassen. Beide haben nämlich das einzige System verteidigt, das der Kirche wirklich helfen kann, nämlich das göttliche „System“. Dieses „System“ ist unveränderlich und ihm müssen wir die Zeit anpassen, nicht uns der Zeit!

Wie diese Heiligen und alle Christen, die dem Glauben treu geblieben sind, uns vorgelebt haben, dürfen wir uns nicht verblendet der Welt anpassen. So hören wir heute den heiligen Johannes sagen, „Wundert euch nicht, wenn euch die Welt euch hasst.“ (1 Jo 3,13) Was immer für Konzessionen die Kirche macht, sie wird trotzdem von der Welt gehasst werden. Die Welt hat lange nach der Verweltlichung des Priestertums gerufen. Nun, wo viele Priester verweltlicht sind, da zeigt sie mit den Fingern auf die Priester. Die Welt wird immer die Kirche hassen, weil sie die Wahrheit und Jesus Christus hasst.

Deswegen müssen wir nicht auf die Welt schauen, nicht dem System der Welt folgen, sondern dem „System“ Gottes, lebendig im göttlichen Wesen der Kirche. Wie seinerzeit der heilige Bonifatius und der heilige Petrus Canisius, so sollen auch wir das Eigentliche in den Vordergrund stellen, nämlich die feierliche Anbetung Gottes in der Liturgie. Gott ist im Mittelpunkt aller Dinge – nicht der Mensch! Wir müssen die Heilige Eucharistie, die wir am Fronleichnamsfest feierlich durch unsere Straßen getragen haben, wieder mehr verehren. Wir müssen das Priestertum und die Berufungen durch unser Gebet und unsere Ermutigung stärken. Wir müssen die Gottesmutter und die Heiligen, die uns ein erfülltes christliches Leben beispielhaft vorgelebt haben, mit wahrer Frömmigkeit ehren, wir müssen uns vor allem an das Heiligste Herz Jesu halten, dessen Monat wir begehen und seinen Geboten und seinen Worten genau folgen. Daher müssen wir der dauernden Lehre der Kirche, wie sie von allen Päpsten unverändert verkündet worden ist, auch heute in allem treu bleiben!

Dann, Geliebte, und nur dann wird das „System“ Gottes in dieser Kirche wieder herrschen und nur dann werden die Menschen zurückkehren, denn sie werden sehen, dass wir an das, was wir verkünden, auch glauben. Die Krise, die wir sehen, ist nämlich keine Krise der Frauenordination, ist keine Krise der Priesterehe, ist keine Krise der öffentlich tolerierten Sünden, sondern ist eine tiefe Krise des Glaubens. Wenn wir nicht mehr glauben, dass der Herr Gott ist, wenn wir nicht mehr glauben, dass er uns Worte des ewigen Lebens mitteilt, wenn wir seinen Geboten und seinen einfachen Heilsvorschriften, die er der Kirche hinterlassen hat, nicht folgen wollen, auf welcher Ebene auch immer, dann wird das System der Welt uns zerstören.

Folgen wir also, jeder in seinem eigenen Leben, jetzt ganz besonders eifrig dem großen, dem herrlichen Gnadensystem Gottes. Wir sind zum Gastmahl Gottes eingeladen, wie wir im heutigen Evangelium hören (vgl. Luk 14, 16-24). Der Herr hat in seiner großen Liebe zu uns den Tisch reicht gedeckt, alles was wir brauchen, ist bereits da. Der üppig gedeckte Tisch der Gnaden Gottes hat über Jahrtausende die Menschen genährt und sie nicht nur zu Christus hier in dieser Welt geführt, sondern zu Ihm in das ewige Leben gebracht. Der Tisch ist überreich gedeckt! Seien wir nicht wie Menschen, die vor einem reich gedeckten Tisch verhungern, weil sie den Glauben verloren haben, weil sie aus Verblendung die Gaben Gottes nicht mehr erkennen können, weil sie der Welt nachlaufen wollen und denen, die sie am Ende doch auslachen.

Wir haben eine andere Richtung zu gehen, die Richtung Gottes, die Richtung Christi! Er ist der liebende Herr, der uns vorangeht. Er gibt uns in der Kirche schon lange alle Gnaden, die wir brauchen. Seinen Reichtum haben wir empfangen!  Ihn müssen wir wieder entdecken, ihn müssen in unserem eigenen Leben sichtbar werden lassen! Dann wird das „System“ Gottes, das System der Gnade, das System der Rettung stärker sein als die Welt! Diese „systemische Reform“ ist in der Tat keine „Schönheitsreparatur“, sondern umfasst die Rückkehr zum Wesentlichen. Wenn wir das wirklich Wesentliche des Glaubens mit der ganzen kirchlichen Überlieferung leben, dann sind wir des Hohngelächters der Welt und manchmal auch ihrer Verfolgung sicher. Aber nur dann dürfen wir auch hoffen, mit der Gottesmutter, den Heiligen und all denen, die immer mutig und ohne Abstriche den Glauben bekannt haben, in den Himmel einzuziehen um Christus zu loben und zu preisen für immer. Amen.