Predigt vom dritten Sonntag nach Pfingsten

Predigt zur äußeren Feier des Herz Jesu Festes

in Kloster Maria Engelport (am dritten Sonntag nach Pfingsten)

von Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Jede Liebe braucht Symbole. Jede Liebe lebt von Zeichen, die wir einander geben. Schon die Freundesliebe kommt ohne gute Worte, ohne Besuche, ohne freundliche Gesten, ja ohne kleine Geschenke nicht aus: „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, heißt es zurecht. Mehr noch trifft das auf die Elternliebe zu. Wie oft küsst nicht eine Mutter ihr Baby, wie oft geben die Eltern nicht ihren Kindern Zeichen ihrer Liebe, auch in Worten, in Geschenken, in einer oft großen Geduld, in der Bereitschaft, ihnen immer zur Seite zu stehen. Liebe ohne Zeichen ist nicht vollständig.

Das gilt besonders für die eheliche Liebe. Diese kann nicht auf Dauer bestehen, wenn die Zeichen der Zärtlichkeit, des gegenseitigen Respektes, der gegenseitigen Anhänglichkeit fehlen. Das größte Zeichen der ehelichen Liebe, die eheliche Umarmung, ist ein Symbol, das gleichsam bewirkt, was es bezeichnet, denn es zeigt die Ganzhingabe und bringt die Frucht der Liebe hervor. Deswegen ist jede Ganzhingabe des Körpers irgendwie verlogen und falsch, wenn sie außerhalb des endgültigen Willens der ehelichen Ganzhingabe stattfindet. So ist es ein wichtiges Faktum, dass die eheliche Umarmung zur Gültigkeit der Ehe hinzugehört, und dass sie im Sakrament das Siegel der Unauflöslichkeit dieser Hingabe und damit der Ehe ist.

Das größte Zeichen aber, das wirkliche Realsymbol der Liebe, wie der Herr selber sagt, ist das Opfer, und vor allem die Bereitschaft, füreinander zu sterben. Jesus lehrt im 15. Kapitel des Johannesevangeliums: „Niemand hat eine größere Liebe, als wer sein Leben gibt für seine Freunde.“ Der Herr hat sein Leben hingegeben! Selbst wenn ein Mensch für einen anderen stirbt, sehen wir die Ganzhingabe der Liebe deutlich vor Augen und wirklich vollzogen. Wieviel mehr gilt das für den Gottmenschen!

Deswegen begreifen wir auch, dass die gesamte Menschwerdung Jesu Christi ein solches Realsymbol, ein wirkliches Zeichen der Ganzhingabe Gottes an uns ist. Nicht nur der Opfertod des Herrn zeigt uns das, sondern Sein ganzes Leben; die Menschwerdung selber ist doch für den allmächtigen, ganz geistigen Gott ein dauerndes Opfer des Verzichtes. Die zweite Person der Dreifaltigkeit steigt herab in das Dunkel unseres Lebens und nimmt dieses Leben so ganz an, dass der Herr auch einen Leib Sein Eigen nennt. Es ist gleichsam ein unaufhörliches Opfer, das Gott in Christus aus Liebe für uns bringt.

Diese Opferbereitschaft zeigt sich auch darin, dass Er uns die Wahrheit in menschlichen Worten verkündet, die wir verstehen können, in einfachen Begriffen, die jedes Menschen Geist und Herz erhellen können. Es zeigt sich Seine opferbereite Liebe ebenfalls, wenn Er niemals die Geduld verliert, uns zu heilen. Als Er als Mensch unter uns wandelte, hat Er unaufhörlich die große Menge derjenigen, die zu Ihm kamen, nicht fortgewiesen, sondern geheilt. So heilt Er auch unsere Gebrechen, seien sie geistiger, seien sie körperlicher Art, wenn wir nur im Glauben an Ihn herantreten und darum bitten.

Der Herr hat schließlich mit Seinem Opfertod gezeigt, dass diese Ganzhingabe der Liebe keine Grenze hat. Er hat in diesem Realsymbol bezeichnet und bewirkt, was unsere Rettung ist. Er hat sich zur Sühne für uns hingegeben, Er hat sein Herz durchstechen lassen. Er hat schließlich in der Auferstehung offenbart, dass diese Ganzhingabe in einen Triumph über Tod und Sünde mündet, weil er Gott ist. Alles, was der Herr tut, ist somit ein Zeichen Seiner Liebe, ein Realsymbol dafür, dass Gott uns unaufhörlich mit einer zärtlichen Liebe liebt.

Das alles aber ist zusammengefasst im Heiligsten Herzen Jesu. Dort sehen wir die Menschwerdung, dieses dauernde Opfer des Herrn, für immer verwirklicht. Dort sehen wir Seine Wahrheit und Seine Wunderkraft in unser Leben hineinwirken. Dort sehen wir, dass das Opfer und der Opfertod niemals aufhören, denn Sein Herz ist in der Eucharistie als das geopferte gegenwärtig. Dort sehen wir auch, dass Er Sieger und triumphierender Held über den Tod und den Teufel ist, denn Sein auferstandenes Herz bleibt für immer durchstochen, aber glorreich in der Herrlichkeit des Vaters. 

In diesem Realsymbol, das unsere ganze Religion zusammenfasst, können wir daher erkennen, wie sehr der Herr uns geliebt hat. Deswegen sagt Papst Pius XII. in der Enzyklika Haurietis Aquas: „Das Herz des göttlichen Erlösers ist mehr als alle anderen Glieder seines Leibes ein natürliches Kennzeichen beziehungsweise Symbol für Seine Liebe zum Menschengeschlecht; und im Heiligsten Herzen liegt das Symbol und das ausgeprägte Bild der unbegrenzten Liebe Jesu Christi vor, die uns zur gegenseitigen Liebe bewegt.“ Er zeigt uns in Seinem Herz die Fülle Seiner Opferbereitschaft und Seiner Ganzhingabe, um uns dazu zu bringen, Ihn freiwillig wiederzulieben.

Deswegen hat die Kirche seit vielen hundert Jahren die Herz Jesu Verehrung für uns als ein Symbol der Wiederliebe begründet und propagiert. Deswegen auch will der Herr, dass wir das Herz Jesu in unseren Häusern und Wohnungen inthronisieren. Es soll nicht nur der Mittelpunkt und das Zentralsymbol unserer Religion sein, sondern unseres ganzen Lebens. Wenn wir wissen, wie sehr jede Liebe der Zeichen und Symbole bedarf, wenn wir begriffen haben, wie sehr die Einheit von Gottheit und Menschheit das Herz Jesu zum wahren Realsymbol der opferbereiten Liebe Gottes für uns macht, dann können wir nicht kalt bleiben, dann können wir nicht gleichgültig bleiben!  Dann müssen auch wir bereit sein, Ihm unser Leben zu schenken, Ihn im Heiligsten Herzen zu lieben und zu verehren und Ihm Dank zu sagen für die unendlichen und nie endenden Zeichen Seiner opferbereiten Liebe für uns!

Nehmen wir also die Aufforderung der Kirche ernst, inthronisieren wir das Herz Jesu in unseren Häusern und Wohnungen, vor allen Dingen aber in unseren Herzen. Vergessen wir dadurch nie, auf welche göttliche, unverbrüchliche und ewige Wahrheit wir bauen können, die der Herr uns in Seinem Herzen täglich offenbart: „Niemand hat eine größere Liebe, als wer sein Leben gibt für seine Freunde.“ Amen.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.Amen.