Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
„Instaurare omnia in Christo. Alles in Christus wiederherstellen!“ Dieser Aufruf ertönt durch den hl. Paulus im ersten Kapitel des Epheserbriefs (Eph 1, 10). Der große heilige Papst Pius X. hat ihn zu seiner Lebensmaxime gemacht. Alles in Christus wiederherstellen! Diese Restauration, diese Wiederherstellung aller Dinge in Christus ist das Ziel und der Sinn unseres gesamten Christentums, unserer gesamten Religion. Restauration meint hier nicht, etwas Verstaubtes aus der Vergangenheit wieder hervorzuholen, meint nicht, irgendeine überkommene Form um ihrer selbst willen wieder zu erneuern, sondern meint, die göttliche Wirklichkeit, die bereits existiert, zu erkennen und anzuerkennen, damit sie die Herrschaft über alle Dinge ausüben kann. Diese Herrschaft der göttlichen Wirklichkeit fasst sich in dem Titel zusammen, den Pontius Pilatus dem Herrn heute in Form einer Frage gegeben hat: „Also bist Du doch ein König?“. Die Antwort des Herrn ist eindeutig: „Ja, ich bin ein König“ (Joh 18, 36-37). Der Herr wird nicht von uns zum König gemacht. Sein Königtum ist kein Wahlkönigtum, kein Königtum, das durch Erbe auf ihn übergegangen wäre, sondern Er ist König durch sich selbst. Was wir heute wieder anerkennen müssen, ist diese Königsherrschaft, die Herrschaft unseres Herrn über alle Dinge!
Zunächst einmal ist der Herr König, weil Er vor aller Zeit und immer schon Gott ist. Er ist König, weil Er in der Einheit der Allerheiligsten Dreifaltigkeit mit jenem ewigen Königtum herrscht, das Gott, der Schöpfer aller Dinge, durch sein Wesen besitzt. Dieses Königtum hat weder Anfang noch Ende, denn es ruht im Sein des Trinitarischen Gottes.
Der Herr ist aber vor allen Dingen König des geschaffenen Universums und aller Geschöpfe, weil Er diese königliche Gottheit mit der Menschheit, die Er angenommen hat, verbinden konnte. Seine ganze Menschheit ist durch die königliche Kraft der Gottheit durchwoben. Er ist in jedem Augenblick Seiner Existenz der große König, nicht nur als Gott, sondern als Mensch, und Er herrscht vom Kreuz herab über uns alle.
Er ist gottmenschlicher König! Er ist König, so haben wir gesagt, vom Kreuz herab. Er ist König geworden, weil der Vater Ihn in die Welt gesandt hat, um mit Seinem Blut die Königsherrschaft Gottes über die Welt wieder herzustellen. Der Herr ist nicht nur wesenhaft König. Er ist es auch durch Sein Wirken, das uns als gottmenschliches Handeln aus der Sünde retten konnte, um uns die Ewigkeit zu verdienen. Er hat uns mit Seinem königlichen Erlösertod am Kreuz ein so großes Geschenk gemacht, dass wir es nur als königlich bezeichnen können.
König aber ist Er nicht nur durch Seinen verdienstvollen Kreuzestod, der uns gerettet hat, sondern auch dadurch, dass Er nicht aufhört, uns Seine königlichen Geschenke zu geben. Er sendet Seine Gnade weiter in diese Welt hinein! Dafür hat Er als der König von Himmel und Erde ein Reich gestiftet, in dem Sein Königtum sichtbar fortdauert, nämlich die Kirche. In ihr gibt uns Christus, gegenwärtig im Allerheiligsten Altarsakrament, als König weiter alle Gnaden, die wir brauchen, um an Seinem Königtum teilhaben zu können. Durch die Sakramente sind wir selbst ein Volk von Priestern, Königen und Propheten geworden, weil Er uns als König nicht nur gerettet hat, weil Er uns nicht nur wiederhergestellt hat in dem, was wir verloren hatten, sondern weil Er uns auch erhoben hat zu Mitherrschern in Seinem Reich. Der Herr ist also König auch deswegen, weil Sein Königtum in die Welt hineinreicht und weil es in der Kirche weiterlebt, die Ihn auf ihren Altären als den gegenwärtigen König verehrt.
Schließlich aber ist Er König, weil am Ende dieser Welt, ob wir wollen oder nicht, ob wir uns Seinem Königtum unterwerfen oder nicht, Sein Königtum machtvoll offenbar werden wird. In Seinem endgültigen Kommen wird allen offenbar werden, dass Er bereits König ist und dass Er unabhängig von allem menschlichen Willen für immer herrschen wird. Er wird kommen als der Richter über die Lebenden und die Toten, wie wir im Glaubensbekenntnis beten. Er wird herrschen und Er wird uns richten, weil Er die königliche Vollmacht hat, jeden nach seinen Taten zu richten, der in dieser Welt als Sein Geschöpf lebt.
Deswegen ist Sein Königtum nicht nur ein Königtum, das von Anfang an bestanden hat, es ist nicht nur ein Königtum, das diese ganze Welt umfasst, in der Er als Schöpfer, Erlöser, Wiederhersteller und Begnader herrscht, sondern Er ist auch König, weil Er alles vollenden wird. Was der hl. Paulus wünscht: „Omnia restaurare in Christo“, alles in Christus wiederherzustellen, wird am Ende der Welt unfehlbar geschehen. Niemand kann das verhindern, denn Christus ist bereits der siegreiche König des Universums. Es ist jetzt unsere Wahl und unsere freie Entscheidung, ob wir dann an dem Reich des Königs teilhaben wollen. Denn Er ist gekommen, um uns zu erlösen und Er wird uns nicht erlösen gegen unseren Willen. Die königliche Gabe, die der Herr uns geschenkt hat, unsere geschöpfliche Freiheit, kann sich seiner Herrschaft verschließen, auch in alle Ewigkeit. Darin liegt unsere tatsächliche Größe, aber auch unsere mögliche Tragik. Nur wenn wir uns Ihm ganz frei öffnen, kann er uns mit Seiner Gnade krönen zur Teilhabe an Seinem Reich!
Am heutigen Christkönigsfest sollen wir uns daher von Neuem entscheiden. Auch uns fragt Pontius Pilatus, fragt damit die gottferne Welt: „Dann bist Du doch ein König?“ Antworten wir mutig auch jetzt: „Ja, ich bin ein König!“, denn wir wollen teilhaben am Reich des Erlösers. Dass wir uns nicht wie die Welt von Christus abwenden, dass wir nicht versuchen, uns ein eigenes Königtum mit uns selbst als König zu schaffen, sondern dass wir Sein Königtum, das ewig ist, das gegenwärtig ist und das für immer dauern wird, von ganzem Herzen anerkennen, ist Sinn und Ziel unseres Lebens. Laden wir ihn heute ein, König unserer Herzen zu werden, damit Er nicht nur in der Zukunft herrscht, nicht nur in der Ewigkeit, sondern hier und jetzt in unseren Herzen und in unserer Mitte, also in der heiligen Kirche, deren lebendige Steine wir sind!
Unterwerfen wir uns, jeder einzelne, Seinen königlichen Geboten von Neuem. Es sind keine schweren Gebote, es sind keine unerträglichen Gebote. Er gibt uns immer die Gnade, diese Gebote zu halten, wenn wir uns nur dieser Gnade öffnen. Er gibt sie uns von Neuem, wenn wir schwach geworden sind. Unser König ist ein gnädiger König, Er ist ein barmherziger König, Er ist ein König, dessen Königreich alle einladen will, zu der einen Herde unter einem Hirten zu gehören. Öffnen wir unsere Herzen, sagen wir zu Ihm: „Ja, Herr. Mit der Ewigkeit, in der Du für immer thronst, mit der Gegenwart, die unter Deinem Befehl steht, und mit der Zukunft, die Dir gehört, wollen auch wir Dein königliches Volk sein.“
Dann wird geschehen, was der große Papst Leo XIII. in seiner Enzyklika Arcanum Divinae sapientiae schon 1880 gesagt hat: „Nicht nur die Übernatur wird uns geschenkt werden, sondern auch unsere schwache, menschliche Natur wird erhoben werden, die christliche Kultur wird in unseren Familien herrschen, wir werden schon wieder unverdient, aber als treue Untertanen dieses großen Königs Geschenke erhalten, die uns glücklich und in der Zukunft selig machen.“ Amen