Predigt zur Gebetswoche für die Einheit der Christen, am 3. Sonntag nach Epiphanie

Predigt zur Gebetswoche für die Einheit der Christen,

am 3. Sonntag nach Epiphanie, in Kloster Maria Engelport

Msgr. Michael Schmitz

Wer ist eigentlich katholisch? Das ist eine Frage, die wir zunächst beantworten müssen, bevor wir von der Einheit der Christen sprechen. Wir stehen in der Woche der Einheit der Christen und wir sind aufgerufen, für diese Einheit zu beten. Wohlgemerkt: Nicht für die Einheit der Kirche, die bereits existiert, sondern dafür, dass alle Christen zur Kirche finden und sich mit und in ihr vereinen.

Um das aber tun zu können, um zu wissen, um was wir beten, müssen wir uns fragen: Wer ist eigentlich katholisch? Natürlich gehört jeder, der getauft ist, zur Kirche dazu. Deswegen nennen wir auch jene, die nicht in der vollen Einheit mit der katholischen Kirche stehen, Christen. Auch über sie hat die Kirche eine ihr von Christus gegebene Vollmacht. Trotzdem sind diese Christen nicht katholisch. Was es bedeutet, wirklich katholisch zu sein, sagt uns das Rechtsbuch der Kirche in seinem Kanon 205, der folgendermaßen lautet: „Voll in der Gemeinschaft der katholischen Kirche in dieser Welt stehen jene Getauften, die in ihrem sichtbaren Verband mit Christus verbunden sind, und zwar durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung.“ Es ist nur der tatsächlich katholisch zu nennen, der mit der Kirche verbunden ist durch diese drei Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung.

Was aber bedeutet das? Es bedeutet zunächst, dass jeder, der zur vollen Einheit mit der katholischen Kirche gehören will, der römisch-katholisch sein und leben will, den gesamten Glauben, den die Kirche von Christus erhalten hat, ungeschmälert annimmt und in seinem Leben verwirklicht. Der Glaube ist nicht ein Kuchen, aus dem wir uns ein Stück nach unserem eigenen Gutdünken herausschneiden können, weil es uns am besten mundet. Die vollständige Glaubenslehre müssen wir vielmehr bekennen, wenn wir katholisch sind. Das gilt für die Gläubigen in der Welt, das gilt für die Priester, das gilt für die Bischöfe und auch für den Papst. Der ganze katholische Glaube ist es, den wir annehmen müssen, denn er ist uns von Christus, der die Wahrheit ist, verkündet worden. Ob es auch unangenehme Wahrheiten sind, wie die, die wir heute gehört haben, von der Hölle, wo Heulen und Zähneknirschen herrscht (Matthäus 8, 12), oder Wahrheiten, die unser eigenes Handeln hier direkt betreffen und Opferbereitschaft fordern, wie das Verbot der Empfängnisverhütung oder andere Gebote Gottes – alles das gehört zum katholischen Glauben. Wir können nicht etwas herausnehmen, nicht nach unserem Gutdünken auswählen, sondern wir dürfen Christus gläubig sagen: „Du hast durch die Kirche all diese Wahrheiten, die für unser Heil notwendig sind, verkündet, und wir nehmen sie alle an.“ Das ist das Band des Glaubensbekenntnisses.

Der Katholik ist aber mit der Kirche ebenso durch das Band der Sakramente vereint. Vergessen wir nicht, dass die meisten protestantischen Glaubensgemeinschaften nur noch ein einziges Sakrament ihr eigen nennen können, nämlich die Taufe. Wir aber, mit den orientalischen Kirchen, bekennen die Siebenzahl der Sakramente. Wir schließen kein Sakrament aus, dass vom Herrn stammt, denn wir wissen, dass wir je nach unserem Lebensstand die Gnaden Gottes durch diese Sakramente geschenkt bekommen und ohne sie nicht katholisch leben können. Dazu gehören vor allen Dingen das Priesteramt, also die Priesterweihe, und das heilige Sakrament der Eucharistie. Wer an ihnen nicht festhält, der rüttelt an den Fundamenten der Kirche selber und er würde all diejenigen, die ihm folgen wollten, von der Quelle des Heiles abschneiden. Deswegen dürfen wir auch hier keine Auswahl treffen, sondern können uns glücklich schätzen, dass der hl. Geist die sieben Sakramente, jene wirksamen Heilszeichen, die Gott uns schenkt, in der Kirche bewahrt hat und durch sie die Gnaden gibt, die wir brauchen, um wirklich katholisch zu sein.

Schließlich sind wir als Katholiken mit dem Leib Christi durch das Band der Kirchenleitung vereint. Wenn wir treu dem Stuhle Petri ergeben sind, was nicht bedeutet, dass wir über alles, was von Rom kommt, klatschen müssen. Wir sind keine Claqueure. Wir sind katholische Christen. Wir wissen, dass in der Geschichte, angefangen von Paulus, viele Heilige auch dem Papst haben ins Angesicht widerstehen müssen, wenn dieser sich in praktischen Fragen oder in Fragen der Klugheit in die falsche Richtung bewegt hat. Die Unfehlbarkeit, mit der Jesus Christus die Päpste ausgestattet hat, bezieht sich nur auf die feierlich verkündeten Lehren des Glaubens und der Sitte.

Gewiss aber sollen wir dem Petrusnachfolger und dem Stuhle Petri als Katholiken treu ergeben sein, indem wir uns von der Mitte der Kirche, die der Felsen Petri ist, nicht entfernen und uns davon auch nicht wegstoßen lassen. Wir dürfen nicht in eine falsche Kritiksucht verfallen. Wir müssen uns zunächst immer sagen: Hier spricht Petrus! Aber auch Petrus war ein Mensch, auch Petrus hat den Herrn verraten, auch er braucht Hilfe in Gebet, Rat und Tat. Trotzdem hat der Herr die ganze Kirche auf ihm aufgebaut, die dank dieser Mitte die Geschichte heil durchlebt und, trotz aller inneren Kämpfe, immer die Einheit behalten hat. Auch wenn wir unter den Vertretern der Kirche leiden, so müssen wir ihrer Leitung im Sinne der Überlieferung treu bleiben, und dürfen, wenn wir einmal der menschlichen Schwäche unserer Hirten widerstehen müssten, trotzdem wissen: Petrus ist der Fels, das Amt ist auch heute größer als der Mensch, wir dürfen uns nicht davon entfernen!

Das also sind die drei Bande, die uns zu Katholiken machen. Der ganze, unverfälschte, von Christus uns hinterlassene Glaube, die sieben Sakramente und die Treue zu dem Stuhle Petri. Alle, die daran festhalten, alle, die ihr Leben daran ausrichten, auch wenn es manchmal schwer wird, sind wirklich katholisch. Sie brauchen, damit sie katholisch bleiben können, jene Demut, deren großes Beispiel uns im heutigen Evangelium der Hauptmann zeigt, der zum Herrn sagt: „Ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach“ (Matthäus 8, 8). Diese Demut brauchen wir, denn, wir entscheiden nicht über den Inhalt des Glaubens, sondern wir nehmen ihn von Christus an. Der heilige Paulus sagt in der heutigen Epistel: „Haltet euch nicht selber für klug!“ (Römer 12, 16). Wir entscheiden nicht über den Glauben, wir entscheiden nicht über die Sakramente, wir entscheiden nicht, wie die Kirche im Stuhle Petri durch Christi Willen ihren Halt findet, sondern wir nehmen diese offenbarten Tatsachen demütig im katholischen Glauben an.

Wenn wir das tun, mit der Demut der Gottesmutter und des heiligen Joseph, wenn wir auch in den Dingen, die uns schwerfallen, uns den ganzen römisch-katholischen Glauben zu eigen machen, wenn wir wirklich aus der Kraft aller Sakramente leben, und wenn wir auch in schweren Zeiten dem Zentrum der Kirche nach Kräften treu bleiben, dann sind wir katholisch. Dann erst können wir jene, die es nicht sind, einladen, uns zu folgen. Dann wissen wir, was es bedeutet, katholisch zu sein. Dann können wir Zeugnis geben und können für das wichtige Ziel der Einheit der Christen beten. Dann wissen wir: Die Einheit ist erst dann erreicht, wenn wir alle zu dieser Mitte hingeführt haben, wenn alle durch diese drei Bande der einen wahren Kirche mit Christus verbunden sind und wenn alle den einen sicheren Heilsweg gehen, den die Kirche uns zeigt und den Christus all denen verheißen hat, die sich wahrhaft katholisch nennen und es sind!

Amen.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.