Liebe Gläubige!
Das Dunkel der Nacht umhüllt uns. Wir können nicht in die Ferne blicken. Wir wissen nicht, was dort auf uns wartet. Wir sind zwar von den Mauern der Kirche beschützt, aber in menschlicher Schwäche blicken wir doch mit Furcht auf das Kommende.
Da erstrahlt uns ein Licht, das die Kirche jedes Jahr wieder für uns entzündet. Sie entzündet ein helles Feuer und betet segnend über dieser Quelle von Zuversicht und Wärme: „Herr, Gott, allmächtiger Vater, Du unvergängliches Licht und Schöpfer allen Lichtes, segne dieses Licht, das von Dir, dem Erleuchter der ganzen Welt, geheiligt und gesegnet ist: dieses Licht mache uns hell, und das Feuer Deiner Herrlichkeit bestrahle uns.“ An dieser Flamme, dem Feuer des Dreieinen Gottes, entzündet sie dann in der ursprünglichen Feier der Osternacht, die für fast zwei Jahrtausende die ihre war, schrittweise eine dreifache Kerze.
Diese dreifache Flamme auf einem Leuchter ist ein sprechendes Symbol für das Licht der Dreifaltigkeit, dessen helle Offenbarung mehr und mehr das Dunkel der angstmachenden Nacht des Heidentums durchdringt. Dreimal grüßen wir mit immer höherer Freude dieses Licht des Erlösers, der uns den Ursprung allen Lichtes aus der einen Herrlichkeit der drei göttlichen Personen offenbart: „Lumen Christi – Deo gratias!“
Dieses Licht ist Mensch geworden. Symbolisch steht die leuchtende Osterkerze für die Menschheit Christi, die vom Feuer der Gottheit entflammt ist. Stellvertretend für den Gottmenschen empfängt die Osterkerze das Lob der Erlösten im Gesang des Exsultet: „Nun jubelt im Himmel, ihr Chöre der Engel! Frohlocket, ihr hohen Geheimnisse Gottes! Erschalle die Siegesposaune zum Triumph des erhabenen Königs! Freue dich, Erde, bestrahlt vom himmlischen Lichte, und fühle, vom Lichtglanz des ewigen Königs erhellt, wie das Dunkel im ganzen Umkreis von dir gewichen. Freue auch Du dich, Mutter, heilige Kirche, verklärt von den Strahlen so herrlichen Lichtes, und dieser Tempel widerhalle vom mächtigen Jubel des Volkes!“
Die Kirche singt dieses Lob seit Jahrtausenden. Sie singt es, obwohl sie verfolgt ist, obwohl ihre Lehren nicht angenommen oder entstellt werden, obwohl die Zeiten unmittelbar um und auch nach der Menschwerdung, dem Erlösertod und der Auferstehung des Osterlammes dunkel waren und auch dunkel geblieben sind. Sie singt dieses von der Freude hellstrahlende Osterlob nicht in jenem falschen Hollywood-Optimismus, der sich hier auf Erden immer ein Happy End erwartet. Die Kirche weiß durch lange, leidvolle Erfahrung, dass es gelogen ist, dem Menschen hier auf Erden heuchlerisch zu versichern: „Alles wird gut!“
Nein, das Exsultet ist nicht kurzsichtige Freude über menschliche Sicherheiten, sondern weitblickende Freude über die himmlischen Gnaden, die uns durch das Ostergeheimnis zuteilwerden: „Diese geheiligte Nacht also vertreibt die Laster, wäscht ab die Sünden; den Gefallenen gibt sie die Unschuld wieder, den Trauernden die Freude. Sie verscheucht den Hass, stiftet Eintracht und beugt die Gewalten!“ Die Gaben der wirklichen Freude sind nicht äußerlich und zerstörbar, sondern innerlich und bleibend.
Die Flamme des Ostersieges Christi erlischt nicht mehr und erhellt die Nacht dieser Welt, auch wenn das Dunkel dichter wird: „Der aufgehende Morgenstern schaue noch ihre Flamme, jener Morgenstern, der keinen Untergang kennt; der aus dem Totenreich wiederkehrt, dem Menschengeschlecht aufleuchtet in mildem Glanze.“ Das ist die Freude dieser Nacht, die uns wird, weil wir wissen, dass das Dunkel niemals mehr siegen kann. Die Freude, auf der Seite des Lichtes zu stehen. Die Freude, nicht auf ewig verloren zu sein. Die Freude, das Licht in uns tragen zu können, das triumphiert über Sünde, Tod und Teufel. Diese Freude kann uns niemand nehmen, denn sie kommt nicht von Menschen, sondern von Gott, dem einen und dreifaltigen Gott, dessen Sohn für immer Sieger bleibt: „Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat!“
In dieser Freude wünsche ich Ihnen mitten im Dunkel der Zeit, im Namen des gesamten Institutes Christus König und Hohepriester sowie aller seiner Mitglieder, ein ganz gesegnetes und gnadenreiches Osterfest für Sie und die Ihren. Uns ist das Licht im Dunkel erschienen, denn „Christus ist auferstanden, Er ist wahrhaft auferstanden. Amen. Alleluja!“
Msgr. Prof. DDr. Rudolf Michael Schmitz