Wallfahrtstag zu den Heilig-Rock-Tagen nach Trier

Herzlich laden wir Sie zu unserem diesjährigen Wallfahrtstag zu den Heilig-Rock-Tagen nach Trier ein! Verehren wir den Heiligen Rock als Sinnbild der Einheit und beten wir gemeinsam für die hl. Kirche, die unser Gebet gerade jetzt nötiger hat denn je. Bringen Sie gerne Ihre Familie und Bekannten mit und leiten Sie die Information an Interessierte weiter.

Jesus Christus, Heiland und Erlöser, erbarme dich über uns und über die ganze Welt, gedenke deiner Christenheit und führe zusammen was getrennt ist. Amen. (Trierer Pilgergebet)

Predigt Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz, Sonntag Quinquagesima, 19. 2. 2023

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Eines der größten Kreuze für die Menschen ist es, wenn sie das Augenlicht verlieren, oder gar, wenn sie, ohne sehen zu können, auf diese Welt gekommen sind. Das Dunkel, das immer mehr oder ganz auf ihren Augen liegt, macht ihr Leben zu einem schwierigen Kreuzweg.

Schlimmer noch als die Blindheit der Augen aber ist die Blindheit des Herzens!  Deswegen haben schon die Kirchenväter den Wunsch des Blinden an den Herrn: „Ut videam“, „Mach mich sehend“ (Lk 18, 42), als den Wunsch und die Notwendigkeit der ganzen sündigen Menschheit interpretiert. Wir sind nicht alle blind, wenn es um das Augenlicht geht, aber viele von uns – und leider immer mehr – leiden an einer tiefen Herzensblindheit, an einer Verblendung des Herzens, die sie nicht mehr erkennen lässt, wie sehr Gott sie liebt. Diese Herzensblindheit, diese innere Verblendung kann viele verschiedene Gründe haben. Wenn wir heute in die Gesellschaft und in die Kirche blicken, sehen wir einige von ihnen, die offensichtlich sind.

Zunächst einmal sind viele verblendet und können dem Wort des Herrn und seinem Licht nicht mehr folgen, weil sie der Ideologie und der Lüge verfallen sind. Wir merken, dass selbst intelligente Menschen, und vielleicht gerade sie, nicht mehr erkennen können, was klar vor Augen liegt, was unbedingt getan werden müsste, was Gut und Böse ist, weil sie einer Ideologie folgen, die mit der Wahrheit nichts zu tun hat, weil sie vom Vater der Lüge stammt. Eine solche Verblendung – wir sehen es in der Geschichte und heute wieder – befällt nicht selten die Regierenden, vor allem, wenn sie sich von Gott angewandt haben. Doch leider, und so lehrt uns die allerjüngste Geschichte in unseren deutschen Landen, kommt eine solche Verblendung auch bei Würdenträgern der Kirche vor, die trotz der Wahrheit des Glaubens nicht mehr sehen können und wollen, wo der wahre Weg des Willens Gottes liegt. Sie können nicht mehr erkennen, was das Heil für alle ist, und meinen, durch eigene Wege und Sonderwege etwas zu erreichen, was vielleicht „zeitgemäß“ erscheint, aber ganz deutlich gegen den Willen Gottes gerichtet ist. Die Verblendung des Herzens treibt den Menschen durch Ideologie und Falschheit vom Wege Gottes und schließlich aus der Einheit der wahren Kirche.

Die Verblendung des Herzens aber findet ihren Ursprung oft genug ebenfalls in Hass und Neid. Dadurch kommt sie nicht selten in unser eigenes Leben, wenn wir dem Nächsten nicht gönnen, was er hat; wenn uns jemand so zuwider ist, dass wir ihn nicht mehr mit klaren Augen sehen können; wenn wir nicht mehr begreifen, dass auch der, der uns unsympathisch ist, ein Kind Gottes ist und dass es im Garten Gottes verschiedene Pflanzen gibt, die alle auf die eine oder andere Weise ein Recht haben zu wachsen. Wenn Abneigung, wenn gar Hass und Neid uns Herz und Auge verengen, dann können wir nicht mehr sehen, wer der andere wirklich ist. Wir können und wollen nicht mehr wahrhaben, dass auch er von der Gnade berührt wurde und wir wollen nicht einsehen, wie gut es wäre, mit ihm in Frieden zu leben. „Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“, ruft der Dichter; wie leicht, geben wir es zu, können wir selbst dieser böse Nachbar sein!

Leider gibt es in unserem eigenen Leben ebenso die Verblendung durch Egoismus und Hochmut. Wie oft drehen wir uns nur um uns selbst! Wir beklagen uns darüber, was uns fehlt, und sehen dabei gar nicht mehr die Not des anderen und das, was uns alles von Gott geschenkt worden ist. Wir sind hochmütig und meinen, über alle anderen richten zu können und in unserer Verblendung sehen wir nicht, wie klein, wie hilflos und wie erbarmungswürdig wir selbst sind. Unsere eigene, eingebildete autonome Selbstherrlichkeit hindert uns daran, die Größe Gottes und Seiner Gnadengeschenke zu sehen, Ihn dankbar mit ganzem Herzen zu verehren und Ihn so zu lieben, wie Er von uns geliebt werden will. Wir sind hartherzig Gott und den Menschen gegenüber und daher herzensblind und stolz verblendet.

Vielleicht am häufigsten und gleichzeitig am unsichtbarsten ist diese Verblendung, wenn sie durch die Gewohnheit eintritt. Hier ist nicht die gute Gewohnheit gemeint, die wir alle brauchen, die als ordnende Hand unser Leben dem Willen Gottes angleicht und die uns in ihrer höchsten Form als Tugend begegnet. Es ist vielmehr die Gewohnheit der Routine, die gleichsam mit einer kalten Hand die Augen des Herzens bedeckt. Wir können uns an das Gute so sehr gewöhnen, dass wir es nicht mehr sehen. Wenn in Ehe oder Freundschaft durch lange Gewohnheit plötzlich das Gute, das man einander tut, oder das Gute, das in dem Ehepartner oder den Freunden liegt, nicht mehr gesehen wird, weil es schon zur unbeachteten Gewohnheit geworden ist, dann ist unser inneres Auge blind geworden für die Güte der anderen Personen. Wenn wir die Augen unserer kleinen, routinemäßigen Gewohnheit mehr auf die Schwächen unserer Umgebung lenken als auf die Stärken, werden auch wir verblendet. Das kann in jedem Kreis von Menschen passieren, der geistlichen Gemeinschaft, der Familie, dem Freundeskreis, der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz: Wir sehen dann immer nur den Splitter in den Augen der anderen, nicht aber die Balken in unseren eigenen, weil die schlechte Gewohnheit uns blind gemacht hat für das Gute, das Gott in jeden legt und das uns täglich durch sie geschenkt wird. Der so Verblendete dankt weder Gott noch den Menschen, sondern nimmt alles Gute für selbstverständlich, während auch das kleinste Opfer ihn gleich zum Klagen bringt!

Schlimmer noch ist die Verblendung durch die Gewohnheitssünden, jene schäbigen Angewohnheiten, die unsere Seele beschmutzen, ohne dass wir es so recht bemerken.  Fast unbemerkt haben wir sie angenommen, weil sie so üblich sind und so häufig, ganz wie Mittelmäßigkeit und schlechter Durchschnitt. Das sind z.B. die ständigen Lügen in kleinen Dingen, um Dinge zu beschönigen oder uns zu entschuldigen; die üble Nachrede, die uns immer wieder auf die Zunge kommt, obwohl wir nicht besser sind als die anderen; das vorschnelle Urteil über Menschen, die wir gar nicht richtig kennen; der kleinliche Geiz;  erbärmlichen Grauzonen im sechsten Gebot und viele andere große und kleine Gewohnheitssünden, die sich wie Staub auf unsere Augen legen. Sie verblenden unser Herz und machen den Blick auf das Wahre, Gute und Schöne Gottes dunkel; wir sehen unsere eigene Wirklichkeit und die des Nächsten nicht mehr klar. So denken wir in eingebildeter Verblendung über uns selbst: „Wirklich, ich bin eigentlich ein guter Mensch!“, während alle anderen eher das Gegenteil bemerken. Durch die Verblendung durch die oft nicht bekämpften Gewohnheitssünden werden wir wie der Pharisäer auf die anderen herabblicken und nicht merken, dass wir selbst in Wirklichkeit der letzte Zöllner sind, der nur das Recht hätte, sich an die Brust zu klopfen und zu sagen: „Herr, ich bin nicht würdig!“ Gewohnheitssünden sind daher oft der Grund für innere Verblendung, der Grund für die Unmöglichkeit, sich zu bekehren und der Grund dafür, dass wir die Herrlichkeit der Gnade Gottes in unserem Leben und in dem Leben des anderen nicht mehr klar sehen.

Muss uns das mutlos machen? Gibt es gegen diese verschiedenen Arten der Verblendung denn überhaupt ein Heilmittel? Können wir eigentlich etwas dagegen machen, wenn wir, wie es scheint, blinder und blinder werden und von Blinden umgeben sind, die Blinde führen?

Der hl. Paulus weist klar auf das einzige Heilmittel gegen die Herzensblindheit(cf. 1 Kor 13, 1-13): Geradezu das Allheilmittel gegen alle Verblendung, das Heilmittel, das uns statt der Ideologie die Wahrheit lehrt, das Heilmittel, das uns statt Hass und Neid Zuneigung und Großzügigkeit eingibt, das Heilmittel, das uns von der Blindheit der Routine und allen schäbigen Gewohnheitssünden befreit und uns aus der Dunkelheit in das Licht Gottes treten lässt, ist die große Liebe Gottes! Sie ist kein zu oft zitierter Gemeinplatz, kein sentimentales Gefühl, sondern ein göttliches Geschenk, das wir uns nicht selber schaffen müssen! Das Allheilmittel der Liebe ist uns vielmehr bereits in der Taufe eingegossen worden!

Jeder Getaufte hat das Geschenk der Liebe Gottes erhalten, in der hl. Firmung ist es gestärkt worden und bei jeder hl. Beichte wird es uns wiedergegeben und erneuert. Es ist nicht etwas, das wir selbst hervorbringen können, sondern es ist in unseren Herzen, solange wir im Stande der Gnade sind. Wir sollen es nur leben, wir sollen diesem Geschenk keine Hindernisse setzen, wir müssen es nur aus unserem Herzen hervorkommen lassen durch die täglich in Gebet und guten Werken erneuerte Gottes- und Nächstenliebe: Statt Lüge Wahrheit, statt Hochmut Demut, statt Hass Vergebung, statt Neid Großzügigkeit, statt schlechter Gewohnheit Dankbarkeit und Bekehrung!

Für ein solches christliches Leben fehlt uns Gottes Gnade nie. Mit ihr können wir alle Verblendung der Welt und unseres eigenen Herzens überwinden. Nicht nur das, wir können auch klar wissen, ob wir so leben, denn der Maßstab, den der hl. Paulus uns gibt, ist eindeutig. Hören wir noch einmal den Beginn des 13. Kapitels aus seinem ersten Brief an die Korinther, denn darin wird für jeden von uns erkennbar, wann wir aus Liebe und wann wir aus Verblendung handeln: „Die Liebe nämlich ist geduldig, die Liebe ist gütig, die Liebe neidet nicht, sie handelt nicht prahlerisch, sie bläst sich nicht auf, sie ist nicht ehrgeizig, nicht selbstsüchtig, sie lässt sich nicht erbittern, sie denkt nichts Arges, sie freut sich nicht über das Unrecht, sie hat Freude an der Wahrheit, sie trägt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“

Lesen wir diese Worte oft nach! Vergleichen wir unser eigenes Tun mit dem göttlichen Maßstab, der uns in diesen Worten offenbart wird: Jedes Mal, wenn uns die Verblendung des Herzens zu einer der Liebe entgegengesetzten Haltung verführt hat, haben wir hier den eindeutigen Maßstab, zu dem es sofort zurückzukehren gilt! Bleiben wir nicht verblendet, sondern fangen wir neu an und lassen das Licht Gottes und Seiner Gnade in unsere Augen und unser Herz scheinen! Die Liebe ist ein Geschenk Gottes, das wir alle bereits erhalten haben. Je mehr die Liebe regiert, desto mehr wird die Verblendung des Herzens verschwinden!

Diejenigen, die so verblendet sind, dass sie das nicht mehr begreifen können, können trotzdem von der Liebe bekehrt werden: von der betenden Liebe, von der opfernden Liebe, von der duldenden Liebe, von der stellvertretenden Liebe Christi und der Christen!  Wie sehr wird nicht der Sünder davon berührt, wenn wir ihm ein gutes Wort sagen, wenn wir seine wenigen guten Taten anerkennen, wenn wir uns nicht von ihm abwenden, wenn wir für ihn beten und leiden! Wenn wir das tun, wenn wir also das Geschenk der Liebe auch denen bringen, die verhärtet sind, dann können sie sich bekehren, dann können sie plötzlich sehen, was Christus dem Blinden getan hat, und sie werden sagen wie er: „Domine, ut videam; Herr, mach mich sehend!“

Beten wir gegen alle innere Verblendung auch selbst jeden Tag dieses Gebet des Blinden: „Ut  videam, mach mich sehend!“ Doch fügen wir ein anderes, größeres Gebet aus der Tiefe unseres Herzens hinzu, um durch die Gnade die Blindheit unserer Seele gänzlich zu überwinden: „Domine, ut amem, Herr, mach mich liebend!“ Nur wenn wir lieben, werden wir auch sehen. Amen.

Kanonikus Henrique Fragelli, Requiescat in Pace

Liebe Freunde des Instituts,

an diesem ersten Tag des Monats März, der dem heiligen Josef, dem Schutzpatron eines guten Todes, gewidmet ist, teilen wir Ihnen mit großer Trauer mit, dass Kanonikus Henrique Fragelli heute früh in Brasilien im Alter von 59 Jahren an einer Lungeninfektion verstorben ist.

Er wurde am 3. Juli 2008 von Seiner Eminenz Kardinal Raymond Leo Burke zum Priester geweiht und übte seinen priesterlichen Dienst in Wausau, in der Diözese La Crosse (Vereinigte Staaten), dann in Oakland (Vereinigte Staaten) und schließlich in Mouila (Gabun) aus.

Durch seine unermüdliche Arbeit und seinen großen Eifer gelang es ihm, unserer Mission in Mouila neues Leben zu geben. Er gründete eine Schule, eine Krankenstation und ein Waisenhaus.

Nachdem er im Frühjahr 2021 an Covid erkrankt war, musste er für längere Zeit im Krankenhaus bleiben. Viele von Ihnen haben für seine Genesung gebetet. Nach seiner wunderbaren Genesung wurde sein Gesundheitszustand wieder sehr fragil.

Ich bin Ihnen zutiefst dankbar für die geistliche Unterstützung, die Sie ihm großzügig gewährt haben, und bitte Sie nun, für die Ruhe seiner priesterlichen Seele zu beten. Möge er, der sein Leben im Dienst der Heiligen Mutter Kirche in der Familie des Instituts Christus König und Hohepriester gegeben hat, nun den ewigen Lohn empfangen, der denen versprochen ist, die im Weinberg unseres Herrn arbeiten.

Ich vertraue Ihrem Gebet in dieser Zeit der Trauer auch die Familie von Kanonikus Fragelli an, ebenso alle, die von seinem Tod betroffen sind.

Möge unsere Schmerzensmutter uns alle in dieser heiligen Fastenzeit in der Hoffnung auf die Auferstehung ihres göttlichen Sohnes und in der freudigen Erwartung des kommenden himmlischen Lebens stärken.

Requiescat in pace.

In Christo Rege,
Msgr. Gilles Wach
Generalprior

Predigt Msgr. Prof.DDr. Rudolf Michael Schmitz am 6. Januar 2023 (Epiphanie)

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

„Denn sieh, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker“ (Is 30, 1-2). Dunkel ist es nicht nur wegen des Winters, dunkel ist es auch wegen einer fortschreitenden Banalität unseres Lebens. Je materialistischer unsere Gesellschaft wird, desto langweiliger und eintöniger wird sie. Man versucht zwar mit allerlei künstlichen Freudenausbrüchen diese Eintönigkeit und diese Langeweile zu übertönen, aber im Grunde ist es immer dasselbe. Immer dieselbe Arbeit, immer dasselbe Leid, immer dieselbe Sucht nach Materiellem und nach Lust, und wenn man alles bekommen hat, dann ist einem immer noch langweilig.

In diese Langeweile, in diese Banalität des Materiellen tritt das Geheimnis Gottes ein wie ein großes Licht. Wenn wir heute die Erscheinung des Herrn feiern, dann feiern wir nicht nur ein einziges Fest, nicht nur die Anbetung der Könige, sondern wir feiern verschiedene Momente des Lebens Jesu, in denen die Herrlichkeit des Herrn, Sein Licht, Sein Glanz eintritt in die Banalität des menschlichen Lebens, die von der Sünde geschaffen ist.

Wir feiern nämlich im heutigen Fest nicht nur die Erscheinung des Herrn, sondern wir sehen das gesamte, trinitarische Geheimnis des allmächtigen Gottes in unsere Welt eintreten. Die Kirche feiert heute die Anbetung der Könige, die den Herrn in der Krippe erscheinen sehen. Sie feiert aber auch seit alters her, ja fast noch vor dem heutigen Festgeheimnis, dieses Hochfest als das Fest der Taufe Jesu, als den Moment, wo der Herr selbst als der Sohn des ewigen Gottes offenbart wird. Die Kirche begeht heute ebenso von alters her das Gedächtnis des ersten Wunders des Herrn bei der Hochzeit von Kana, in der Er sich offenbart als der, der Er ist: der große, allmächtige Gott! In diesen drei Festmomenten des heutigen Tages offenbart sich jeweils die Größe und der Glanz der Heiligen Dreifaltigkeit.

Zunächst folgen die Könige, die weisen Magier aus dem Morgenland, dem Zeichen, das sie in den Sternen des Schöpfergottes gesehen haben. Sie folgen dem Naturgesetz, das nicht erlaubt, Dinge fest vorauszusehen, wenn man in die Sterne blickt, das aber doch gewisse Gesetzmäßigkeiten aufscheinen lässt, in denen Ereignisse von großer Bedeutung sichtbar werden. Die heiligen drei Könige wissen das, weil sie gelernt haben, in der Schöpfung des Vatergottes zu lesen. Sie kommen dann von weit her, angeleitet durch die Führung des Geistes, der vor ihnen den Stern der Weisheit aufgehen lässt. Der Geist Gottes führt sie durch die Wüsten ihrer Heimat, durch unwegsames Gelände, durch die Vorurteile ihrer Zeit bis an die Stufen des Thrones dessen, der Jesus in Judäa am meisten hasste, Herodes, der ganz der Banalität der Welt ergeben ist. Selbst dieser aber kann dem Wirken des Geistes nicht Einhalt tun, so dass sie schließlich durch den Stern an die Krippe gelangen. Dort offenbart sich ihnen, nachdem sie der Eingebung des Vaters gefolgt sind, nachdem sie der Geist geleitet hat, die Herrlichkeit des Sohnes, und sie beten an und geben Ihm ihre Gaben.

Bei der Taufe Jesu im Jordan sehen wir ebenso die Herrlichkeit der Dreifaltigkeit in die Banalität der Welt eintreten. Johannes tauft den demütig sich neigenden Herrn. In diesem Moment kommt der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf Ihn nieder und die Stimme des Vaters sagt: „Das ist mein Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe.“ Was viele als Taufe der Buße über sich ergehen ließen, das wird plötzlich Epiphanie, Gotteserscheinung, und wir sehen, dass der demütige Herr, der sich vor Johannes neigt, in Wirklichkeit der Messias, der göttliche Gesandte des Dreifaltigen Gottes in dieser Welt ist.

Schließlich werden wir bei der Hochzeit von Kana gewahr, wie stark die Macht des Vaters ist, der damals wie heute in unsere Welt hineinwirken kann. Der Herr wirkt Sein erstes Wunder in der Allmacht des Vaters, mit dem Er ganz eins ist. Er wirkt es durch das Tun des Hl. Geistes, der überall da anwesend ist, wo der Herr auftritt. Gerade dadurch merken alle: Jesus ist kein gewöhnlicher Prophet; Er ist der Erlöser der Welt, dem die Elemente gehorchen und der verwandeln kann, wo den Menschen keine Möglichkeit mehr gegeben ist. Er verwandelt nicht nur Wasser in Wein, Er verwandelt gleichsam uns alle in Kinder Gottes und der Kirche dadurch, denn er uns statt Brot sein Fleisch und statt Wein Sein eigenes Blut zu schenken bereit ist.

Die Heilige Dreifaltigkeit wird an diesem Tag dreimal im Handeln Jesu Christi und im Handeln der Kirche sichtbar, die diese Festgeheimnisse geheimnisvoll wieder aufleben lässt.

Gleichzeitig sehen wir in den geheimnisvollen Gaben, die die Heiligen Drei Könige heute bringen, die ganz besondere Gegenwart des allmächtigen Gottes unter uns. Sie bringen Gold, Weihrauch und Myrrhe. Schon von Anfang an haben die hl. Kirchenväter dieses außergewöhnliche Ereignis interpretiert. So sagt der hl. Irenäus: „Die Magier haben durch die Geschenke angezeigt, wer es war, den sie anbeteten.“ Gold haben sie gebracht als Zeichen für das Königtum des Herrn, der da, demütig wieder, in der Krippe liegt. Weihrauch haben sie gebracht: Daran sehen wir die Gottheit des Herrn, die wie Weihrauch aufsteigt in der Kälte der Zeit, um den Vater zu preisen. Sie haben Myrrhe gebracht, um bereits anzudeuten, dass die Menschheit unseres Herrn Jesus Christus eines Tages mit Myrrhe gesalbt wird, wenn sie für unser Heil gestorben ist. Wir wissen deswegen, dass der König der Krippe nicht nur wahrer Gott ist, sondern auch wahrer Mensch.

Die Väter haben in diesen Zeichen noch mehr geschaut. Sie haben gesehen, dass der Herr ganz Gott ist, erkennbar an dem Gold, das die Könige bringen. Aber der Herr ist auch Priester, denn der Weihrauch Seines ganzen Lebens steigt auf, um ein Sühneopfer für unsere Sünden zu sein. Der Herr ist ebenso der Seelenarzt, der mit der Myrrhe Seiner Barmherzigkeit unsere Seelen salbt, damit sie geheilt werden von den Sünden. Wir können darin wieder das Wirken der Dreifaltigkeit erkennen: Das Gold steht für den Vatergott, der seinen Glanz den anderen Personen der Heiligen Dreifaltigkeit mitteilt. Der Weihrauch steht für den Heiligen Geist, der, sich verbrennend in Liebe, ständige Gebete zum Vater und zum Sohne hervorbringt, die Ihm in Liebe antworten. Und die Myrrhe steht für den Sohn, der Sich ganz den anderen schenkt, der von Ihnen ganz gesalbt ist, damit nichts, was Seine Menschheit ausmacht, die Größe Seiner Gottheit vermindert. Hier ist nichts banal und langweilig, sondern alles groß, bedeutungsvoll und ewig!

Deswegen lädt uns die Kirche heute ein, unsererseits Gaben zu bringen: Gaben, die auch uns aus der Banalität unseres Lebens befreien; Gaben, die die Gegenwart des Dreifaltigen Gottes anerkennen, der uns in der Welt immer neu erscheint; Gaben, die ebenso an den Gaben der Heiligen Drei Könige ablesbar sind.

Da ist zunächst das Gold unseres Glaubens, das alles, was wir im Leben tun, sei es auch vordergründig noch so banal und klein, zum Glänzen bringt. Wer glaubt, ändert das Leben, und zwar nicht nur sein eigenes, sondern ebenso das der anderen und das der Welt, weil der Glanz des ewigen Vaters durch seinen Glauben sein tägliches Leben und das Leben aller erhellt. Dann kommt die Gabe des Weihrauchs: Weihrauch steht bei uns für das Gebet, das den Tag beginnt, das ihn begleitet und das ihn beschließt. Wer betet, der ist kein banaler Mensch. Wer betet, dem wird es niemals langweilig. Wer betet, der kann auch in den kleinen Geschehnissen, die der Welt so nichtig erscheinen, das Wirken Gottes erkennen. Wer betet, der öffnet sich der großen Liebe der Dreifaltigkeit, denn sein Herz gibt zurück, was er empfangen hat. Schließlich geben wir die Myrrhe der guten Werke: Wenn wir den Glauben in uns stärken, wenn wir im Gebet mit Gott Kontakt halten, dann werden wir leichter die Nächstenliebe leben, dann werden wir die Bedürftigen wirklich in Gott lieben, wie Er uns liebt, und wir werden gerne mit ihnen die Geschenke teilen, die wir selbst von Gott erhalten haben.

Das alles vermindert die Banalität der Welt, vermindert die Kälte und den Egoismus, die alles langweilig und eintönig machen. Wer glaubt, wer betet, wer Gott und den Nächsten liebt, der wird immer etwas Neues und Wunderbares in dieser Welt finden, und er wird selbst jedes Opfer gerne bringen, weil es eine Gabe ist, die er an die Krippe unseres Dreifaltigen Gottes bringen kann, um die Größe Gottes anzuerkennen und zu verherrlichen.

So werden wir alle durch dieses Fest der Erscheinung des Herrn mit seinem dreifachen Sinn und seinen dreifachen Gaben an die Gegenwart des Dreifaltigen Gottes in dieser Welt erinnert. Diese Geheimnisse nehmen uns alle Langeweile, retten uns vor aller flachen Banalität, bringen uns die Herrlichkeit des Herrn und führen uns in das Abenteuer eines Lebens, das ganz Ihm geschenkt ist. Wo immer eine solche christliche Existenz gelebt wird, wird sie dem gleich sein, was die Magier aus dem Orient erlebt haben, denn jedes Leben, klein oder groß, wird dann die Zeichen, die der Vater setzt, erkennen, wird dem Stern des Heiligen Geistes folgen und wird mit den Heiligen Drei Königen, den Hirten der Weihnachtsnacht und der ganzen Kirche die Krippe finden, reiche Gaben bringen und dort anbeten ohne Ende. Amen.

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Predigt Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz am 25. Dezember 2022 (1.Weihnachtsfeiertag)

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wenn etwas ganz Unglaubliches geschieht, etwas, mit dem niemand mehr gerechnet hatte, etwas, das sich unserem täglichen Menschenverstand entzieht, dann gibt es eine Reihe unterschiedlicher Reaktionen darauf.

Die einen – nach dem Motto „Was nicht sein darf, das nicht sein kann“ – leugnen, dass ein Mensch plötzlich gesund werden kann, dass jemand, den man schon für verloren geglaubt hatte, wiedergefunden wird, dass irgendetwas ganz Besonderes passiert, das ihr Leben ändert. Man leugnet einfach, man weiß es besser, man schaut in eine andere Richtung, man will es nicht wahrhaben.

Die anderen meinen, all diese besonderen Ereignisse würden in das Märchenreich gehören. Das sei nur etwas für Kinder. Man könnte sich sicherlich damit trösten, aber mit der Wirklichkeit habe das wenig zu tun. Es wird manchmal dann wohl weitererzählt als eine unglaubliche Geschichte, aber keiner schenkt dem so richtig Glauben.

Schließlich aber gibt es Menschen, die wissen – entweder, weil sie aus Weisheit und Klugheit die Dinge besser durchschauen oder weil sie ein einfaches, klares, unverstelltes Herz haben – , dass Gott größer ist als die Menschen und tun kann, was wir nicht für möglich halten und was im menschlichen Bereich ohne Ihn auch nicht möglich wäre.

Genau diese drei Möglichkeiten zu reagieren, finden wir heute vor der Krippe in Bethlehem wieder. Da sind zunächst die, die immer auf den Messias gewartet haben, die Ihn aber nicht annehmen, als er dann kommt, als dann die Zeichen des Himmels auf ihn hinweisen, als Er dann vom Himmel her in die Mitte des wartenden Volkes tritt, das Jahrtausende lang durch die Propheten auf ihn hingewiesen worden ist. Sie finden noch nicht einmal einen Platz für Ihn in der Herberge. Alle ihre Gelehrten und alle diejenigen, die die heiligen Schriften meinen genau kennen zu können, sind gegen ihn: Weil nicht sein darf, was nicht sein kann! Noch heute können die Halbweisen, die Halbgebildeten, die sich für klug halten, aber Gottes Zeichen nicht lesen wollen, alle die sich auf pseudowissenschaftliche Vorurteile zurückziehen, den Herrn als den Messias nicht erkennen und nicht annehmen. Sie mögen an den Fakten vielleicht nicht zweifeln, kommen aber nicht zum richtigen Urteil.

Die anderen, und dazu gehören wieder viele unserer Zeitgenossen, verweisen die Menschwerdung unseres Herrn in das Reich des Märchens. Das ist etwas für Kinder, das geht zu Herzen der Kleinen an der Krippe. Da können wir ein paar Kerzchen anmachen und wir können uns eine halbe Stunde wohlfühlen, wir können ein paar alte Lieder singen. Dann ist alles wieder gut und wir gehen zum täglichen Leben über. Es ist nur ein frommes Märchen, es hat gar nicht wirklich stattgefunden, meinen sie. Das bedeutet praktischerweise nämlich auch, dass wir unser Leben nicht zu ändern brauchen und alles weitergeht wie bisher. Wir alle kennen diese Haltung, denn wir sind alle davon bedroht, durch die falsche Verniedlichung des Weihnachtsgeheimnisses, wie den Weihnachtsmann und allerlei andere kitschige Albernheiten, diese falsche Haltung zu übernehmen.

Doch, da sind auch die, die wirklich weise sind, die wirklich die Schrift tief erkannt und die Zeichen der Zeit gelesen haben. Da sind die Weisen, die aus dem Morgenland herkommen, weil sie wissen: Alle Voraussagen sind wahr, alles deutet darauf hin, dass jetzt geschieht, was das Drama der Menschheit vollendet, dass jetzt der Erlöser kommt, dass Er dort in Bethlehem, in der verachteten Stadt geboren wird. Sie sind die Sehenden! Der Stern, den ihre Weisheit ihnen gezeigt hat, offenbart es ihnen: In Bethlehem ist der Erlöser, dort ist der König, der Messias. Die ganz Weisen, die Großen, die wirklich die Geschichte verfolgt haben, erkennen die Wahrheit und beten den Heiland an. So auch die Gottesmutter, die von göttlicher Weisheit tief und innerlich erleuchtet, sofort weiß: Ihr Sohn ist es, der angekündigt wurde, der Erlöser, der König, der Erretter nicht nur des Volkes Israel, sondern der ganzen Welt.

Ebenso kommen auch die, die einfachen Herzens sind, die sich nicht von falschen Ideologien ihren Geist verschließen lassen, die nicht – weil etwas nicht sein kann, was ihr Leben ändern würde – einfach die Wirklichkeit leugnen oder das Geheimnis passend verniedlichen. Da sind die, die sich ein einfaches Herz, eine offene Seele und einen klugen Geist bewahrt haben, die Hirten, die das Wort der Engel hören und sofort glauben. Sie eilen an die Krippe und sie sehen! Es ist Wirklichkeit geworden: Der Retter ist da, für die Menschheit ist das Elend zu Ende und das Heil beginnt.

Zu dieser dritten Gruppe wollen wir gehören und gehören wir, weil wir heute gekommen sind, nicht, um den Messias zu verleugnen in einer falschen hochmütigen Pseudo-Weisheit, nicht, um eine Stunde Gefühlsduselei zu erleben, sondern um den Messias anzubeten, der vor 2000 Jahren wirklich Mensch geworden ist. Er ist der große, der rettende Gott, der alles erschaffen hat, der so klein wird, dass wir Ihn in unserer Armseligkeit begreifen und umarmen können. Er liebt uns in Seiner Barmherzigkeit so sehr, dass Er in jedes Herz kommen will, dass Er in jeder Wohnung Seine Wohnstätte aufschlagen will, dass Er niemanden allein lässt, sei er auch alt, sei er auch krank, sei er auch hilflos und nicht geehrt von dieser Welt.

Der Heiland ist einer von uns geworden! So sehr, dass Er in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt und dort arm und einsam wäre, wenn nicht diejenigen, die wirklich etwas verstehen und diejenigen, die ein gutes Herz haben, von weit herkämen, um Ihm Gesellschaft zu leisten. So sind wir alle gekommen, um den Herrn anzubeten, anzubeten mit der ganzen Kirche, anzubeten mit denen, die die ganze Wahrheit verstanden haben, weil sie auf die Stimme Gottes hören. Ihn, unseren Messias, wollen wir heute anbeten mit der hl. Jungfrau, dem hl. Joseph, den Heiligen Drei Königen, den Hirten und allen Heiligen der Kirche. Amen.

Predigt Msgr. Prof.DDr. Rudolf Michael Schmitz am Fest der Unbefleckten Empfängnis, dem 8. Dezember 2022

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

„Ein unbeschriebenes Blatt!“ Wenn man das von einem Menschen sagt, dann meint man, dass er keine große Vorgeschichte hat, dass er in seinem Leben vor allem nichts Böses getan hat, dass man ihm nichts vorwerfen kann, dass sein ganzes Leben noch vor ihm liegt, dass er offenbar als ein guter, ja ein heiligmäßiger Mensch erscheint.

Die Allerseligste Jungfrau ist das unbeschriebenste Blatt, das wir uns vorstellen können. Ein ganz weißes Blatt, ein reines Blatt, ein wunderbar schönes Blatt, das Gott selbst wie das feinste Büttenpapier geschöpft hat, damit Er auf ihm jenen einzigartigen Vertrag schreiben kann, mit dem Er von neuem unser Heil ermöglicht. Dieser Vertrag ist kein Vertrag unter Gleichen, denn Gott gibt alles, und wir empfangen alles. Er gibt vor aller Zeit in Seinem göttlichen Plan alles der Gottesmutter, die voll der Gnade ist, und macht sie zu diesem ganz reinen Blatt, auf dem nur Er schreiben kann. Er gibt alles damit aber auch der Menschheit: Eine neue Zukunft, eine neue Hoffnung, weil auf diesem reinen und unbefleckten Blatt mit goldenen göttlichen Lettern geschrieben steht: „Ich werde euch erlösen.“

Der Moment, in dem dieses weiße Blatt der Seele der reinsten Jungfrau Maria beschrieben wird, ist die Empfängnis ihres Sohnes. Sie selbst, ganz unbefleckt empfangen im Schoße ihrer Mutter Anna, empfängt ebenso ohne Makel in ihrem Schoß das göttliche Wort, jenes Wort, das sie allein aufnehmen kann, jenes Wort, das den Vertrag verwirklicht, den Gott selbst eingeht, als Er in Ihrem Schoß Mensch wird. Mit goldenen Lettern wird wiederum geschrieben: „Ich bin Emmanuel, der Gott mit euch, und Ich bin so sehr mit euch, dass Ich im Schoße einer Jungfrau selbst einer von euch werde, nämlich Mensch wie ihr.“

Jeder Vertrag aber braucht ein Siegel. Der Siegelsetzer ist in diesem Fall nicht irgendein Notar und ein anderer Beamter, sondern es ist Gott selbst. Das Siegel, das unter dieses reine Blatt, makellos von Anfang an, gesetzt wird, das unter diesem Vertrag, der durch das göttliche Wort in ihren Leib geschrieben wird, erscheint, ist die Geburt unseres Herrn Jesus Christus. Der Herr kommt in diese Welt gleichsam als das Abschlusssiegel unter jenen feierlich verfügten Willen Gottes, der uns selbst mit Seinem Sohn die Rettung bringt. Maria, ganz reines Dokument der göttlichen Gnade, beschrieben nur durch das Wort Gottes, wird durch diese Geburt besiegelt und es wird allen klar: Sie ist nicht nur die Unbefleckt Empfangene, sie trägt nicht nur das Wort Gottes in ihrem Schoße, sondern sie wird auch tatsächlich und leiblich durch die Fülle der Gnade, die nur ihr geschenkt ist, die Mutter des allmächtigen Gottes. Dieses Siegel der Erlösung wird in der Krippe für uns alle sichtbar!

Aber jeder Vertrag heischt nach Erfüllung. Das unbefleckte Blatt, die goldene Schrift, das wunderbare Siegel, alles das könnte ornamentales Werk sein, wenn es von Menschen käme, und zu weiter nichts führen. Wie viele menschliche Verträge sind in der Geschichte nicht schon gebrochen worden, obwohl mit goldenen Buchstaben auf Pergament geschrieben und mit schweren Siegeln bewehrt. Aber Gott bleibt treu! Er bereitet nicht nur das herrliche Dokument der Gnade vor, Er beschreibt nicht nur das unschuldig weiße Blatt mit Seinem Ewigen Wort, Er besiegelt es nicht nur durch Sein Kommen in die Welt in der Geburt zu Bethlehem, sondern Er erfüllt auch diesen Vertrag in der harten Stunde des Kreuzes, in der Er für uns alle das Dokument unserer Erlösung nicht nur in goldenen göttlichen Lettern, sondern mit seinem eigenen menschlichen Blut unterschreibt und Sich hingibt für unsere Sünden, für unsere Erbärmlichkeit und für unsere endgültige Erlösung.

Nun ist die Hl. Jungfrau nicht mehr das gänzlich unbeschriebene Blatt des Anfangs. Sie bleibt zwar ganz unschuldig und rein, aber sie umfasst jetzt jenen Vertrag, der ihr selber auf den Leib geschrieben ist, nochmals mit dem eigenen Leben: Sie wird in diesem Moment die Mutter der Schmerzen! Sie trägt die Schmerzen ihres Sohnes mit. Obwohl sie selbst unschuldig ist wie Er, trägt sie mit, was wir gesündigt und verschuldet haben, damit sie uns in unseren Nöten und Ängsten Mutter bleiben kann bis zum Ende dieser Welt. Sie und Ihr göttlicher Sohn sind zusammen die Garanten der Erfüllung des Vertrages, den Gott in Seiner Barmherzigkeit von neuem mit der Menschheit schließen will.

Wie die Menschheit hineingerufen wird in das Heil, wie wir jetzt in dieser apokalyptischen Zeit, die mit der Geburt Jesu begonnen hat und die am Kreuz sichtbar geworden, alle gerufen sind, dem göttlichen Vertrag treu zu bleiben, so wird die hl. Jungfrau diesem Vertrag, den ihr Sohn in unserem Namen mit dem Vater geschlossen hat, immer treu bleiben, damit er vollendet werde in der Herrlichkeit. So ist sie, und wir sehen es vor allen Dingen im zwölften Kapitel der Apokalypse des Johannes, nicht nur das unbeschriebene Blatt am Anfang des Vertrages, sie stimmt nicht nur der Ausfertigung des Vertrages durch das göttliche Wort mit freier, freudiger Zustimmung bei, sie wird nicht nur besiegelt mit der Geburt Gottes aus ihrem Leib, sie leidet nicht nur mit dem gekreuzigten Gottmenschen, wenn Er den Vertrag erfüllt, sondern an ihr wird die endgültige Erfüllung, deren Vollkommenheit wir uns nicht vorstellen können, die all unser Sehnen übersteigt, bereits sichtbar in apokalyptischer Schönheit und vorweggenommener Vollendung.

Tota pulchra es, Maria, du bist ganz schön, du bist jenes große Zeichen, von zwölf Sternen gekrönt, auf dem Monde stehend, ein Symbol für die innere Schönheit und anfanghafte Vollendung der Kirche, das uns nie verlässt! Wenn wir in allen Nöten der Zeit, in allen Nöten der Kirche, in allen eigenen Nöten auf Maria blicken, dann sehen wir in ihr die Vollendung bereits verwirklicht. Wir sehen, dass aus dem unbeschriebenen Blatt der unbefleckten Reinheit eine große, wunderbare Urkunde unseres Heils geworden ist, mit goldenen Siegeln geschmückt und vollzogen durch das siegreiche Opfer unseres Königs! Maria, die ewige Urkunde der Vollendung des Willens Gottes, gewährt uns durch die Gnade Christi, wenn wir dem treu bleiben, was sie selbst in ihrem Leben vorgelebt hat, dass diese Urkunde und ihr Vertrag auch an uns erfüllt wird. Auch wir werden mit Maria an der Glorie teilhaben, die sie uns mit ihrer Schönheit schon heute zeigt.

Gott ist kein kleinlicher Vertragserfüller! Alle Seine Werke zeigen vielmehr Seine Größe! Wie Er am Anfang mehr getan hat, als wir erwarten konnten, indem Er mit Maria ein ganz neues Blatt der Heilsgeschichte begonnen hat, wie Er in der Fülle der Zeiten uns Seinen eigenen Sohn geschenkt hat, der aus der Herrlichkeit herabgekommen ist, um unser Elend zu teilen, so wird Er uns am Ende nicht nur buchstäblich den Vertrag des Heils erfüllen, sondern Er wird uns mehr geben, unendlich viel mehr, als wir je erwarten können, weil Er selber so groß ist, dass das Universum Ihn und Seine Pracht nicht fassen kann.

Maria hat Ihn in ihrem Leib umfasst. Er hat ihr Seinen Glanz und Seine Größe mitgeteilt. An sie müssen wir uns halten, wenn es uns von unserer Seite schwerfällt, den Vertrag unseres Heils zu halten. Wenn wir unsere Hand von ihr führen lassen, dann wird unsere Unterschrift unter diesen Vertrag deutlich sein. Und wenn wir einmal beginnen, vor den Schwierigkeiten unseres Lebens zu verzagen und unsere Unterschrift undeutlich zu werden droht, dann wird sie unsere Hand halten wie eine gute Mutter und dafür sorgen, dass unser Name im Buch des Lebens klar verzeichnet bleibt. Haben wir Vertrauen zu ihr, dann kann uns nichts passieren!

Die Kirche, unser Institut und wir alle werden unter dem Schutzmantel Mariens die großartige Herrlichkeit Gottes erfahren dürfen, wenn wir immer auf sie schauen und ihr folgen, denn sie ist das fleckenlose Blatt, auf das Gott Seine Verheißung mit den goldenen Lettern der Ewigkeit geschrieben hat. Amen.

Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz ”Benedikt XVI. Eine dankbare Würdigung“ Predigt im Requiem in Maria Engelport am 5. Januar 2023

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wer war Benedikt XVI.? Diese Frage wird bei einer so hochgestellten Persönlichkeit nicht einfach zu beantworten sein.  Deswegen wollen wir Benedikt XVI. selbst erklären lassen, wer er war und ist. Wir wollen dafür den Worten seines geistlichen Testamentes folgen, das er schon kurz nach seiner Wahl zum Papst im August 2006 verfasst hat.

In diesem geistlichen Testament tritt er uns zunächst als der Mensch entgegen, der er geblieben ist, wenn der Herr ihn auch zur höchsten Würde auf Erden emporsteigen ließ. Jeder Papst, wir wissen es vom hl. Petrus, bleibt Mensch. Es sind die Worte eines einfachen Menschen, die uns am Anfang dieses geistlichen Testamentes in die Seele treffen.

Zunächst dankt er als Mensch denen, die ihm das Leben geschenkt haben, nämlich seinen Eltern. Und er findet rührende Worte, weil er ihnen nicht nur das Leben, sondern auch den Glauben verdankt. Er sagt: „Ich danke meinen Eltern, die mir in schwerer Zeit das Leben geschenkt und unter großen Verzichten mir mit ihrer Liebe ein wundervolles Zuhause bereitet haben, das als helles Licht alle meine Tage bis heute durchstrahlt. Der hellsichtige Glaube meines Vaters hat uns Geschwister glauben gelehrt und hat als Wegweisung mitten in allen meinen wissenschaftlichen Erkenntnissen standgehalten. Die herzliche Frömmigkeit und die große Güte der Mutter bleibt ein Erbe, für das ich nicht genug danken kann.“

Wir haben Benedikt XVI. als einen tiefgläubigen Menschen erlebt. Als Universitätsprofessor – und das ist nicht selbstverständlich – hat er sich den Glauben bewahrt, den ihm seine Eltern geschenkt haben. Er hat als Bischof oft über den Glauben und die Volksfrömmigkeit gepredigt und er hat als Papst ein Zeichen unerschütterlichen Glaubens gegeben, derbleibend in seiner Menschlichkeit eingewurzelt war.

Daher dankt er auch mit einer besonderen Innigkeit für seine bayerische Heimat. Wie das Rheinland ist auch Bayern trotz mancher Wirren lange gläubig katholisch geblieben. Das bayerische Volk hat in einer Volksfrömmigkeit, die bis heute andauert, den Glauben bewahrt. Das jedenfalls ist die Überzeugung Benedikt XVI.. Er sagt: „Danken möchte ich dem Herrn für die schöne Heimat im bayerischen Voralpenland, in der ich immer wieder den Glanz des Schöpfers selbst durchscheinen sehen durfte. Den Menschen meiner Heimat danke ich dafür, dass ich bei ihnen immer wieder die Schönheit des Glaubens erleben durfte. Ich bete dafür, dass unser Land ein Land des Glaubens bleibt, und bitte euch, liebe Landsleute, lasst euch nicht vom Glauben abbringen.“ Diesen Glauben hat er versucht, der ganzen Kirche zu erhalten, den tiefen, echt katholischen Glauben, der von jedem Papst bewahrt werden muss, weil er ihn auch davor bewahrt zu verzweifeln, wenn sein Amt schwer wird und seine hohe Aufgabe ein Kreuz.

Mensch, ein tief glaubender Mensch, ist Benedikt XVI. gewesen. Aber, so weiß er selbst, auch ein sündiger Mensch. Daher endet er diesen Teil seines geistlichen Testamentes mit den Worten: „Alle, denen ich irgendwie Unrecht getan habe, bitte ich von Herzen um Verzeihung.“ Der gläubige Mensch weiß, dass er schwach ist und Grenzen hat. Er muss um Verzeihung bitten und diese Verzeihung wird ihm sicher auch gewährt, wenn er Papst ist, aber als Mensch nicht immer allen Erfordernissen des Papsttums gerecht gewesen sein konnte.

In einem zweiten Teil des geistlichen Testamentes spricht Benedikt XVI. als Theologe. Es spricht aus ihm die akademische Erfahrung, es spricht aus ihm der Universitätsprofessor. Als 29jähriger bereits zur Lehre berufen, war er der Wissenschaft immer verbunden, er war aber, wie hl. Thomas von Aquin, ein betender Theologe. Er hat in Zeiten der allgemeinen Verwirrung nicht immer gleich den richtigen Weg gefunden, aber der Glaube hat ihn auf diesen Weg zurückgeführt und er hat später Fehler eingestanden, die er als junger Professor gemacht hat. Er ist sich sehr bewusst gewesen, dass gerade heute die Wissenschaft oft mehr Verwirrung stiftet als Anleitung gibt. Aus diesem schmerzlichen Wissen sagt er uns: „Lasst euch nicht verwirren. Ich habe von weitem die Wandlungen der Naturwissenschaft miterlebt und sehen können, wie scheinbare Gewissheiten gegen den Glauben dahinschmolzen, sich nicht als Wissenschaft, sondern als nur scheinbar der Wissenschaft zugehörige, philosophische Interpretationen erwiesen. (…) Ich habe gesehen und sehe, wie aus dem Gewirr der exegetischen Hypothesen wieder neu die Vernunft des Glaubens hervorgetreten ist und hervortritt. Jesus Christus ist wirklich der Weg, die Wahrheit und das Leben – und die Kirche ist in all ihren Mängeln wirklich Sein Leib.“

Dieses Zeugnis des Glaubens zeigt auch, dass er in seinem Leben den Glauben immer hat schützen wollen. Als Erzbischof von München hat er die Glaubensverkündigung zum Mittelpunkt seines Wirkens gemacht, als Präfekt der Glaubenskongregation in Rom hat er den katholischen Glauben mit wertvollen Dokumenten geschützt, wie er das auch in seinen päpstlichen Enzykliken tun wollte, weil er wusste, zwischen dem wahren Glauben und der wahren Wissenschaft kann es nie einen Widerspruch geben. Wenn die Wissenschaft dem Glauben zu widersprechen scheint, dann muss sie vertieft werden, denn erst dann, wenn sie in Harmonie mit dem Glauben steht, kann sie in die Tiefe gehen und die ganze Wahrheit finden.

Daher wundert es uns nicht, wenn ein entscheidender, kurzer Satz, in dem er schließlich als Papst zu allen spricht, wieder die Treue zum katholischen Glauben anspricht: „Ich sage nun zu allen, die meinem Dienst an der Kirche anvertraut waren: Steht fest im Glauben!“ Das hat sein ganzes Papsttum ausgemacht: Er wollte, dass die Welt fest im Glauben steht, er wollte, dass alle, die fern vom Glauben sind, zum Glauben zurückfinden, er wollte, wie Petrus, die Brüder im Bischofsamt im Glauben stärken. Darin ist er nicht immer verstanden worden, darin ist er nicht selten abgelehnt worden, das hat sein großes Kreuz ausgemacht. Aber das ist der Wunsch, den er uns auch heute hinterlässt: „Steht fest im Glauben!“

 Er hat das in seinem Pontifikat vor allem durch zwei Themen der Welt gezeigt. Zunächst hat er uns gemeinsam als Leib der Kirche wieder neu auf unser Haupt, auf Jesus Christus, konzentriert. Seine Bücher über Jesus sind vielen ein Grund zur Umkehr und zur Bekehrung gewesen. Seine unermüdliche, tiefe Verkündigung des Glaubens hat vielen den Glauben an die Kirche neu erschlossen.

Besonders aber, und dafür müssen wir als eine Gemeinschaft, die pflegt, was Benedikt XVI die „außerordentliche Form des Römischen Ritus“ genannt hat, besonders dankbar sein, hat er gewusst und verstanden, dass der Glaube auf der feierlichen Liturgie der Kirche aufbaut. Er hat bezeugt, dass die Liturgie wirklich „Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Lebens“ ist und dass ohne die Fülle der Liturgie der Glaube nicht gelebt werden kann. Das großartige Dokument Summorum Pontificum, das wir ihm verdanken, ist deswegen ein Grundstein seines Pontifikates, für den er in der Geschichte besonders erinnert werden wird. In diesem epochalen Dokument ist alles zusammengefasst, der Glaube an Jesus Christus, der Glaube der Kirche aus ihrer unveränderten Überlieferung, der Glaube, der sich in strahlender Schönheit als Abbild des Himmels in der seit Jahrtausenden von der Kirche zu Ehren Jesu Christi gefeierten Liturgie und dem darin immer erneuerten Sühnopfer auf unseren Altären widerspiegelt. Dass Papst Benedikt XVI. der Liturgie aller Zeiten die Normalität wiedergeschenkt hat, dass er das, was die Kirche immer als ihren Mittelpunkt gefeiert hat, wieder in diesen Mittelpunkt gestellt hat, das ist sein großes, sein ewiges Verdienst in der Geschichte der Kirche.

Papst Benedikt war Mensch, Theologe und Papst. Ein Mensch, der viel gelitten hat, ein Mensch, der nicht immer alles richtig gemacht hat, ein Mensch, der auch furchtsam war und uns deswegen zu Anfang seines Pontifikates gebeten hat, für ihn zu beten, wenn die Wölfe kommen. Er war ein tief gebildeter Theologe: Die katholische Lehre war ihm ein großes Herzensanliegen und er hat sie auch als Papst mutig vertreten. Er war aber vor allem für viele Jahre Stellvertreter Jesu Christi, der Vikar des Herrn auf Erden: Was er als solcher getan hat, um den Glauben und die Liturgie zu bewahren, wird für immer bleiben!

Benedikt XVI. hat sein geistliches Testament mit den Worten geendet: „Endlich bitte ich demütig: Betet für mich, damit der Herr mich trotz all meiner Sünden und Unzulänglichkeiten in die ewigen Wohnungen einlässt. Allen, die mir anvertraut sind, gilt Tag um Tag von Herzen mein Gebet.“ Wir beten weiter dankbar und treu für Benedikt XVI. und dürfen hoffen, dass sein Gebet aus der Ewigkeit nicht nur uns im Glauben stärkt, sondern die ganze Kirche, so wie er es auf Erden immer gewollt hat. Amen.

Predigt Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolph Michael Schmitz am Hochfest Allerheiligen 1. November 2022

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wenn wir die große Schar der Heiligen sehen, die uns gerade die Vision des hl. Johannes vor Augen gestellt hat (Offb 7, 2-12), jene unzählbare Menge aus allen Völkern, Stämmen und Nationen, dann werden wir uns wohl still fragen: „Werden wir eines Tages dazugehören dürfen?“ Die Bedingung dazu ist eindeutig: Wir müssen auf Erden heilig werden wollen. Wenn man nicht wenigstens den grundsätzlichen Wunsch hat, Gott in allem zu gefallen und seinen Willen zu tun, wird man auch nicht durch das Fegefeuer in die Ewigkeit eintreten können.

Wie aber wird man heilig? Wie sind alle diese Abermillionen Menschen, die um den Thron Gottes stehen, in ewiger Glückseligkeit, und Ihn lobpreisen dürfen, heilig geworden? Wie machen wir das? Gibt es ein Rezept zur Heiligkeit?

Zunächst einmal ist klar, dass wir allein gar nichts machen können. Wir können immer nur mit dem Geschenk der Heiligkeit, das von Gott kommt, mitarbeiten. Dieses Geschenk der Heiligkeit aber hat ein jeder von uns bereits in der hl. Taufe und in der Firmung empfangen. Die Hl. Schrift sagt es oft genug, indem sie alle Christen Heilige nennt. Wir sind bereits heilig durch das Wirken des Allmächtigen Gottes in uns. Er hat in der Taufe die Bedingungen für die Heiligkeit geschaffen, indem Er uns von der Erbsünde befreit und mit allen Gnaden ausgestattet hat, die ausreichend sind, um die ewige Herrlichkeit zu erlangen.

Aber natürlich sind wir schwache Menschen. Wir müssen uns jeden Tag neu vornehmen, diesen großen Gnaden, die wir empfangen haben, auch innerlich zu entsprechen. Alles, was Gott uns geschenkt hat, sind Talente, mit denen wir wuchern müssen. So wie es dem Priester in der Priesterweihe gesagt wird, so sagt es die mütterliche Stimme der Kirche uns allen jeden Tag in der hl. Messe: ‚Werde, was du bist! Du bist heilig, aber lebe nach dem Stande der Heiligkeit, die dir geschenkt worden ist.‘

Das ist für jeden möglich, denn die Gnade verlässt uns nie mit ihrer inneren und äußeren Hilfe. Wenn wir die fundamentalen Gegebenheiten des christlichen Lebens ernst nehmen, dann können auch wir der Heiligkeit, die uns geschenkt ist, entsprechen. Wenn wir tatsächlich die einfachen Gebote Gottes zu halten versuchen, zunächst einmal das der Gottesliebe, indem wir immer wieder um die Gnade der Heiligkeit beten und darum, dass wir mit dieser Gnade wirklich entschlossen mitarbeiten, wird uns der konkrete Beistand Gottes nicht fehlen. Jeden Tag zu beginnen mit dem Gebet, während des Tages an Gott zu denken, ihm eine Zeit des Gebetes zu widmen und den Tag dankbar mit einem Gebet zu beschließen ist ein Zeichen wachsender Heiligkeit. Der sonntägliche Messbesuch und, wenn wir können, der Messbesuch in der Woche ist ein Zeichen dafür, dass wir Gott lieben wollen. Wir wollen Ihm geben, was Ihm gebührt, nämlich jene Ehre, die auf den Altären der heiligen Kirche im Opfer Christi täglich gepriesen und gemehrt wird.

Aber nicht nur die Gottesliebe, auch die Nächstenliebe ist für die Heiligkeit unverzichtbar. Eines der größten Zeichen der Nächstenliebe ist, dass wir dem anderen von Herzen zu verzeihen versuchen. Wir alle haben etwas zu verzeihen, wir alle sind enttäuscht worden, uns allen hat man Unrecht getan. Folgen wir dem Herrn, der Quelle aller Heiligkeit, und verzeihen wir von Herzen. Auch wenn böse Gedanken immer wieder in uns aufsteigen wollen; wenn wir nur den Versuch machen, wieder neu zu verzeihen, dann wird die Verzeihung als ein Geschenk der Gnade in unser Herz ziehen.

 Mit dem Verzeihen sollen wir den anderen auch Gutes tun, auch denjenigen, die uns vielleicht nicht sympathisch sind. Wir sollen vor allen Dingen den Armen Almosen geben, damit wir das, was wir haben, mag es auch nicht viel sein, als Gottesgeschenk mit den anderen teilen. Wenn wir das tun, dann haben wir bereits einfache, aber solide Fundamente der Heiligkeit gesetzt.

Wenn wir, jeder dort, wo er hingestellt ist, unsere Standespflichten leben, sind wir auf dem Weg der Heiligkeit. Jeder soll seine eigenen Aufgaben treu erfüllen. Eine Mutter kann nicht den ganzen Tag in der Kirche zubringen. Sie wird sich um ihre Familie und um die Pflichten des Haushalts kümmern müssen. Ein Vater kann nicht jeden Tag in die Messe gehen, weil seine Arbeit das oft nicht erlaubt. Aber wenn beide das, was ihnen aufgetragen ist, gut und von Herzen verrichten, um Gottes und der Familie willen, dann sind alle diese täglichen Pflichten Wege zur Heiligkeit.

 Den Priester, der seine Pflichten erfüllt, finden wir am Altar und im Beichtstuhl; wir finden ihn beim Gebet, dem stellvertretenden Gebet für die vielen, die nicht beten können oder wollen. Besuche bei Alten, Kranken, Hilfsbedürftigen, die Vorbereitung der Predigt, die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, oft auch administrative oder akademischen Arbeiten, alle diese Aufgaben führen auch den Priester zur Heiligkeit durch die Erfüllung seiner Standespflichten.

Jeder wird heilig dort, im Großen und im Kleinen, wo Gott ihn hingestellt hat. Suchen wir nicht das Besondere. Die vielen Heiligen, die uns vorausgegangen sind, waren nicht alle große Helden, nicht alle berühmte Könige, nicht alle große Ordensleute. Viele, die uns vorausgegangen sind, waren wie wir, Menschen des alltäglichen Lebens, der oft mühsamen Pflichterfüllung, der täglich wiederkehrenden Leiden und Prüfungen, und sind dadurch heilig geworden, dass sie einfach mit Gottes Willen mitarbeitend  ihre Standespflichten in Beruf und Familie erfüllt haben.

In allem aber suchen wir den Willen Gottes!  Oft meint heute Freiheit, bloß zu tun, was man will. Die wirkliche Freiheit jedoch ist, als Christ die Freiheit zu haben, nämlich die Freiheit des Herzens und der Seele, das zu tun, was Gott um unseres Heiles willen von uns will. Wenn wir jedes Mal, wenn wir vor einer wichtigen Entscheidung stehen, zuerst Gott bitten: ‚Zeige mir, was ich tun soll‘, dann wird uns die Gnade nicht fehlen, den richtigen Weg zu gehen. Zu unserem Besten wird Gott uns auch durch Härten und Leiden dahinführen, wohin wir gehen sollen, wenn wir nur die gute Absicht, seinen Willen zu tun, immer erneuern. In allem wird der Heilige zuerst den Willen Gottes finden wollen und dann seinen eigenen Willen dem Willen Gottes angleichen. Das können auch wir, denn Gott gibt uns seine Gnaden reichlich.

Heute ist viel davon die Rede, dass wir die Kirche verändern müssen. Wir müssen nicht die Kirche verändern. Dazu sind wir nicht berufen. Der Herr hat die Kirche gestiftet und Er allein hat die Vollmacht, das, was nötig ist, in ihr zu verändern, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Dabei geht er vorsichtig und schrittweise vor, immer aber bewahrend und mehrend, nie zerstörend und revolutionierend, wie die Kirchengeschichte zeigt.

Wir aber sollen nicht die Kirche verändern, wir müssen uns selbst verändern!  Wir müssen dort, wo unser Verhalten noch nicht der Heiligkeit in unserer Seele entspricht, dieses Verhalten ändern wollen. Gott hilft, wenn wir wollen, und er schenkt uns dieses Wollen aus seiner Gnade. Die Voraussetzung, mit Gott mitzuarbeiten auf dem Wege der Heiligkeit, ist von unserer Seite eine ständig erneuerte Veränderungsbereitschaft. Wir wollen deshalb ein Fundament der Heiligkeit nicht verschweigen, ohne das niemand heilig werden kann, nämlich die Demut. Wir können weder Gott wirklich lieben, noch dem Nächsten dienen, noch unsere Standespflichten erfüllen, noch in Allem den Willen Gottes suchen, noch uns zum Guten verändern, wenn wir nicht versuchen, von Herzen demütig zu sein. Wir müssen uns verändern, nicht die anderen, nicht die Kirche, nicht die Gebote Gottes! Das können wir nicht, wenn wir nicht annehmen, was Gott uns selbst gesagt hat: „Wenn ihr alles getan habt, dann sagt: Wir sind unnütze Diener“ (Luk 17, 10).

Wenden wir uns in diesem Monat besonders an die Gottesmutter, die mit großer Demut, obwohl sie die Königin des Himmels und der Erde ist, sich immer dem Willen Gottes unterworfen hat und immer wusste, dass nur Seine Gnade sie zu dem gemacht hat, was sie ist: Die Königin der Heiligen und der Engel. Wenn wir uns an sie wenden, wird sie uns die Veränderungsbereitschaft erflehen, Gottes Willen zu tun, auch dann, wenn es schwer ist. Nehmen wir wie Maria die kleinen und großen Leiden und Verfolgungen, die in keinem christlichen Leben fehlen werden, aus Seiner Hand an als Instrument für unsere Reinigung, dann werden wir heilig! Denn wirklich, es sei  nochmals gesagt, es ist nicht schwer heilig zu werden, weil wir nicht alleine sind:  Gott, die Gottesmutter und alle Heiligen stehen uns zur Seite! Der Schatz der Heiligkeit ist uns schon geschenkt! Nehmen wir ihn an, nehmen wir alles an, was Gott uns schenken will, und Er wird die Heiligkeit, die wir bereits in Taufe und Firmung erhalten haben, zum Strahlen bringen.  Dann werden wir durch Seine Gnade mit unübersehbaren Scharen aus allen Völkern, Nationen und Stämmen in die Stätte ewiger, unendlicher Heiligkeit einziehen und mit ihnen allen singen: „Heilig, heilig, heilig bist Du, Herr, Gott Sabaoth, jetzt und in Ewigkeit“. Amen.