Predigt Msgr. Rudolf Michael Schmitz am Pfingstfest 2022

„Die Kirche ist viel zu reich!“  „Die Kirche ist unglaublich reich!“ Solche und ähnliche Aussagen können wir oft als Vorwurf von Menschen hören, die zu sehr auf das Äußere blicken, die die Kirchengebäude und Besitztümer der Kirche sehen, die – in unserem Land – oft bloß an die Kirchensteuer denken, die meinen, dass das Materielle der Reichtum der Kirche sei. Abgesehen davon, dass die Kirche mit ihren durch einen nicht einfachen geschichtlichen Prozess erhaltenen Besitztümern sehr viel Gutes tut, abgesehen davon, dass der Besitz der Kirche, wenn er für nichts Gutes mehr verwendet wird, auch nicht lange hält, wie uns nicht nur die deutsche Kirchengeschichte lehrt, sieht der Vorwurf des bloß materiellen Reichtums am Eigentlichen der Kirche ganz vorbei.

Wenn wir nämlich tiefer blicken, dann können wir am heutigen Pfingstfest wirklich sagen, die Kirche ist reich, sie ist ungeheuer reich, sie ist reich überall auf der Welt, selbst in den allerärmsten Ländern. Nicht an Hab und Gut, nicht an Gebäuden und Dingen, sondern reich an den unendlichen Geschenken Gottes, die sie ständig und von Anfang an durch den Hl. Geist erhalten hat.

Die Seele der Kirche, der Heilige Geist, macht die Kirche reich an Wahrheit, jener Wahrheit, die sie in ihrem geschriebenen und überlieferten Lehramt unfehlbar weitergibt bis zu uns. Die Kirche ist reich an all den Gnaden, die in den sieben Sakramenten uns durch das Wirken des Hl. Geistes immer neu geschenkt werden, sie ist ist reich bis heute erhaltenen Disziplin, die wir ebenso an ihrer herrlichen Liturgie erkennen können, wie an den vielen anderen mit der Offenbarung Gottes verbundenen Geboten und Gesetzen, die, wenn wir ihnen nur folgen, uns direkt zu Christus führen. Das alles ist ein so großer Reichtum, dass wir Gott, dem Hl. Geist, der diesen übernatürlichen Reichtum der Kirche stetig erneuert, am heutigen Pfingstfest gar nicht genug dafür danken können, dass Er Seine Kirche nicht verlässt.

Aber das alles ist nur der Anfang. Denn das Größte, das wunderbarste Geschenk, der größte Reichtum, den die Kirche besitzt, sind nicht einmal ihre von Jesus Christus eingesetzten Strukturen, nicht ihr Lehramt, nicht ihre Sakramente, nicht ihre Jahrtausende alte Disziplin, denn das sind im letzten alles nur Instrumente zum Heil der Menschen: Der größte, der herrlichste, der wunderbarste Reichtum der Kirche, in dem sie sich immer wieder erneuert und der immer wieder vermehrt wird, sind die Getauften. Die Kirche selbst erscheint durch das Wirken des Hl. Geistes, auch dann, wenn sie äußerlich arm, unscheinbar oder verachtet erscheint, wie eine reich geschmückte Braut. Die getaufte Seele aber, die wir alle durch die Gnade Gottes unser Eigen nennen, ist so reich geschmückt, dass eine Predigt fast kaum ausreicht, um all die Reichtümer, die der Hl. Geist ihr schenkt, aufzuzählen.

Zunächst, wenn das Taufwasser über unsere Stirn fließt, und der Priester die trinitarische Formel des Taufritus ausspricht, wirkt der Hl. Geist in uns jene Gnade, die wir sanans et elevans nennen. Er gibt uns die heiligmachende Gnade, die zunächst einmal die Erbsünde von uns nimmt, die uns aber auch umgestaltet und neu macht und erhebt, zu einem höheren Sein, einer wunderbaren Existenz, die wir als Gotteskinder in diesem Moment geschenkt bekommen. Solange wir in der heiligmachenden Gnade bleiben, bleiben diese Geschenke bei uns, bleiben wir – wohl noch manchmal von den Folgen und Spuren der Erbsünde bedrückt – wesentlich frei von ihr und können nach dem Willen Gottes den Weg des Heils beschreiten, auf den Er uns gerufen hat.

Aber nicht nur das! Jedes Mal, wenn wir ein Sakrament empfangen, besonders die Sakramente der hl. Beichte und der hl. Eucharistie, dann werden die jeweils besonderen Gnaden des Sakramentes uns vom Hl. Geist geschenkt, es wird uns die Sünde weggenommen, es wird uns die heiligmachende Gnade wiedergeschenkt oder gestärkt, der Herr selber kommt zu uns und nimmt in unserer Seele Wohnung. Je nach dem, was das Sakrament bewirkt, wird unser übernatürliches Leben mit Gott erneuert. Das alles aber sind Geschenke des Hl. Geistes!

Wenn wir die hl. Taufe empfangen, dann erhalten wir auch die so genannten übernatürlichen Tugenden, jene inneren Haltungen, die sich kein Mensch selbst geben kann, nämlich die Tugendgnaden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Sie sind in unseren Herzen, auch wenn sie manchmal durch unsere Härte verschüttet sind, auch wenn wir ihnen nicht immer gerecht werden. Solange wir uns auf dem Weg Christi bewegen, solange wir im Licht der Gnade wandeln wollen, sind auch der Glaube, die Hoffnung und die Liebe in uns verborgen gegenwärtig. Wir müssen sie nur jeden Tag neu leben, neu erkennen, neu anderen mitteilen. Der Hl. Geist ist mit Seinen Reichtümern dann immer auf unserer Seite.

Als wenn das nicht reichen würde, bekommt jeder Getaufte noch besondere Schmuckstücke überreicht, die wir im Einzelnen aufzählen wollen; es sind die sieben Gaben des Hl. Geistes: die Weisheit, die Einsicht, der Rat, die Stärke, die Erkenntnis, die Frömmigkeit und die Gottesliebe. Jede dieser Gaben bringt dem überzeugten Christen in den verschiedensten Situationen so viel Kraft, dass wir dadurch das Wirken des Gottesgeistes oft in unserem eigenen Leben beobachten können. Wir sehen in einer Welt, die immer heidnischer wird, was passiert, wenn diese Gaben in uns nicht mehr erneuert werden. Was geschieht, wenn Menschen diese Gaben, wenn sie nicht getauft sind, niemals empfangen haben: Kälte, Egoismus, Neid, Bosheit und gar Hass breiten sich aus. Auch wir wären so, denn wir sind von Natur aus nicht besser als alle anderen! Aber der Hl. Geist gibt uns diesen Reichtum unserer Seelen, damit durch Seine Kraft alles das, was Gott in uns wirken kann, Wirklichkeit wird und wir immer neu die Kraft haben, uns zu bekehren und wieder zu beginnen, bessere Christen zu sein, weil wir zur Herrlichkeit berufen sind.

Dann wachsen in uns ebenso die Früchte des Hl. Geistes, die im Galaterbrief aufgezählt werden: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Bescheidenheit, Enthaltsamkeit und die dem jeweiligen Lebensstand entsprechende Keuschheit. Wir alle könnten aus diesen Früchten des Hl. Geistes nicht leben, wenn wir nicht selbst durch die Kraft des Hl. Geistes gestärkt würden, die uns dazu bringt, niemals aufzugeben. Es ist ein Geschenk des Heiligen Geistes, uns Ihm neu zuzuwenden, unser Herz Seiner Kraft zu öffnen, wenn wir geistlos geworden und uns Seiner guten Atmosphäre entzogen haben. Er bleibt bei uns, damit wir die Früchte und Gaben und alles Gute, das Er gibt, täglich neu beleben und anderen weitergeben können.

Gekrönt aber, Geliebte, wird das alles dadurch, dass wir, wie der hl. Paulus sagt, Tempel des Hl. Geistes sind. Im ersten Korintherbrief im 6. Kapitel sagt er es uns: „Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Tempel des Hl. Geistes sind?“ Wir haben es gerade im Evangelium gehört: Der Vater und der Sohn werden in uns Wohnung nehmen (vgl. Jo 14, 23). Jeder von uns ist nicht nur mit überreichen Gnaden der Heiligkeit beschenkt, seine Seele ist nicht nur mit allen möglichen Geschenken und Vorzügen geschmückt, sondern das alles geschieht, damit unsere Seele ein Tempel werden kann, damit sie sich Gott öffnen kann, damit Gott kommen kann und – wie die Kirchenväter sagen – mit seiner Gottheit gleichsam die Spitze unserer Seelen berühren kann und uns dadurch so weit wie möglich vergöttlicht. Diese Theopoiesis, wie die Väter es nennen, diese Vergöttlichung durch den Hl. Geist, ist ein Geschenk unserer Taufe. Wir müssen es nicht hervorbringen, wir sind keine Fakire, die sich furchtbar anstrengen müssen, damit das geschieht. Es ist ein reines, großzügiges, nie endendes Geschenk des Hl. Geistes! Jeder, der die Taufgnade empfangen hat, ist ein Tempel des Hl. Geistes!  Er glaubt und weiß, dass Gott Selbst in Seiner Dreifaltigen Majestät in ihm wohnt, und dass er, wenn er diese Gnade erhält und mit der unverdienten Gnade Gottes mitarbeitet, schon jetzt ein kleiner Himmel ist, der sich vorbereitet, den großen Himmel beschreiten zu können!

Deswegen ist es richtig, wenn wir heute voller Freude sagen: „Die Kirche ist reich, sie ist überreich, sie ist unvorstellbar reich an all diesen Gnaden des Hl. Geistes.“ Und nicht nur die Kirche als Institution mit all ihren beeindruckenden Amtscharismen, die auch schwachen Menschen Apostel und Priester macht, sondern auch die Kirche, die aus lebendigen Steinen erbaut wird, die Kirche, die wir selber darstellen, die Kirche, die der sichtbare und organisch aufgebaute Leib Jesu Christi ist. Die Schätze des Geistes in der Kirche und in jedem Getauften sind unendlich groß!  

Blicken wir also nicht nur auf das Äußere der Kirche, sondern blicken wir auch auf die Seele der Kirche, die der Hl. Geist ist. Dann werden wir sehen, dass das Schiff der Kirche, das äußerlich oft in Gefahr gerät, in den Stürmen der Zeit geschüttelt zu werden, innerlich immer auf göttlichem Kurs bleibt, weil der Geist Gottes sich niemals aus den Segeln des Schiffes zurückzieht. Der Geist Gottes ist am Pfingstfest machtvoll auf die ersten Bischöfe, die Apostel, herabgekommen. Er bleibt mit seiner Kraft immer in der Kirche gegenwärtig!  Er ist in ihrem hierarchischen Aufbau immer am Werk, in ihrem Lehramt, in ihren Sakramenten, in ihrer überlieferten Ordnung! Er ist ebenso in uns, Er will in uns bleiben! Er gibt uns die Kraft, in der Gnade zu leben, damit die „Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (Röm 8, 21) sichtbar wird in Seiner Kirche und in unseren Seelen bis zur unendlichen Ewigkeit. Amen.

Predigt zur Gebetswoche für die Einheit der Christen, am 3. Sonntag nach Epiphanie

Predigt zur Gebetswoche für die Einheit der Christen,

am 3. Sonntag nach Epiphanie, in Kloster Maria Engelport

Msgr. Michael Schmitz

Wer ist eigentlich katholisch? Das ist eine Frage, die wir zunächst beantworten müssen, bevor wir von der Einheit der Christen sprechen. Wir stehen in der Woche der Einheit der Christen und wir sind aufgerufen, für diese Einheit zu beten. Wohlgemerkt: Nicht für die Einheit der Kirche, die bereits existiert, sondern dafür, dass alle Christen zur Kirche finden und sich mit und in ihr vereinen.

Um das aber tun zu können, um zu wissen, um was wir beten, müssen wir uns fragen: Wer ist eigentlich katholisch? Natürlich gehört jeder, der getauft ist, zur Kirche dazu. Deswegen nennen wir auch jene, die nicht in der vollen Einheit mit der katholischen Kirche stehen, Christen. Auch über sie hat die Kirche eine ihr von Christus gegebene Vollmacht. Trotzdem sind diese Christen nicht katholisch. Was es bedeutet, wirklich katholisch zu sein, sagt uns das Rechtsbuch der Kirche in seinem Kanon 205, der folgendermaßen lautet: „Voll in der Gemeinschaft der katholischen Kirche in dieser Welt stehen jene Getauften, die in ihrem sichtbaren Verband mit Christus verbunden sind, und zwar durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung.“ Es ist nur der tatsächlich katholisch zu nennen, der mit der Kirche verbunden ist durch diese drei Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung.

Was aber bedeutet das? Es bedeutet zunächst, dass jeder, der zur vollen Einheit mit der katholischen Kirche gehören will, der römisch-katholisch sein und leben will, den gesamten Glauben, den die Kirche von Christus erhalten hat, ungeschmälert annimmt und in seinem Leben verwirklicht. Der Glaube ist nicht ein Kuchen, aus dem wir uns ein Stück nach unserem eigenen Gutdünken herausschneiden können, weil es uns am besten mundet. Die vollständige Glaubenslehre müssen wir vielmehr bekennen, wenn wir katholisch sind. Das gilt für die Gläubigen in der Welt, das gilt für die Priester, das gilt für die Bischöfe und auch für den Papst. Der ganze katholische Glaube ist es, den wir annehmen müssen, denn er ist uns von Christus, der die Wahrheit ist, verkündet worden. Ob es auch unangenehme Wahrheiten sind, wie die, die wir heute gehört haben, von der Hölle, wo Heulen und Zähneknirschen herrscht (Matthäus 8, 12), oder Wahrheiten, die unser eigenes Handeln hier direkt betreffen und Opferbereitschaft fordern, wie das Verbot der Empfängnisverhütung oder andere Gebote Gottes – alles das gehört zum katholischen Glauben. Wir können nicht etwas herausnehmen, nicht nach unserem Gutdünken auswählen, sondern wir dürfen Christus gläubig sagen: „Du hast durch die Kirche all diese Wahrheiten, die für unser Heil notwendig sind, verkündet, und wir nehmen sie alle an.“ Das ist das Band des Glaubensbekenntnisses.

Der Katholik ist aber mit der Kirche ebenso durch das Band der Sakramente vereint. Vergessen wir nicht, dass die meisten protestantischen Glaubensgemeinschaften nur noch ein einziges Sakrament ihr eigen nennen können, nämlich die Taufe. Wir aber, mit den orientalischen Kirchen, bekennen die Siebenzahl der Sakramente. Wir schließen kein Sakrament aus, dass vom Herrn stammt, denn wir wissen, dass wir je nach unserem Lebensstand die Gnaden Gottes durch diese Sakramente geschenkt bekommen und ohne sie nicht katholisch leben können. Dazu gehören vor allen Dingen das Priesteramt, also die Priesterweihe, und das heilige Sakrament der Eucharistie. Wer an ihnen nicht festhält, der rüttelt an den Fundamenten der Kirche selber und er würde all diejenigen, die ihm folgen wollten, von der Quelle des Heiles abschneiden. Deswegen dürfen wir auch hier keine Auswahl treffen, sondern können uns glücklich schätzen, dass der hl. Geist die sieben Sakramente, jene wirksamen Heilszeichen, die Gott uns schenkt, in der Kirche bewahrt hat und durch sie die Gnaden gibt, die wir brauchen, um wirklich katholisch zu sein.

Schließlich sind wir als Katholiken mit dem Leib Christi durch das Band der Kirchenleitung vereint. Wenn wir treu dem Stuhle Petri ergeben sind, was nicht bedeutet, dass wir über alles, was von Rom kommt, klatschen müssen. Wir sind keine Claqueure. Wir sind katholische Christen. Wir wissen, dass in der Geschichte, angefangen von Paulus, viele Heilige auch dem Papst haben ins Angesicht widerstehen müssen, wenn dieser sich in praktischen Fragen oder in Fragen der Klugheit in die falsche Richtung bewegt hat. Die Unfehlbarkeit, mit der Jesus Christus die Päpste ausgestattet hat, bezieht sich nur auf die feierlich verkündeten Lehren des Glaubens und der Sitte.

Gewiss aber sollen wir dem Petrusnachfolger und dem Stuhle Petri als Katholiken treu ergeben sein, indem wir uns von der Mitte der Kirche, die der Felsen Petri ist, nicht entfernen und uns davon auch nicht wegstoßen lassen. Wir dürfen nicht in eine falsche Kritiksucht verfallen. Wir müssen uns zunächst immer sagen: Hier spricht Petrus! Aber auch Petrus war ein Mensch, auch Petrus hat den Herrn verraten, auch er braucht Hilfe in Gebet, Rat und Tat. Trotzdem hat der Herr die ganze Kirche auf ihm aufgebaut, die dank dieser Mitte die Geschichte heil durchlebt und, trotz aller inneren Kämpfe, immer die Einheit behalten hat. Auch wenn wir unter den Vertretern der Kirche leiden, so müssen wir ihrer Leitung im Sinne der Überlieferung treu bleiben, und dürfen, wenn wir einmal der menschlichen Schwäche unserer Hirten widerstehen müssten, trotzdem wissen: Petrus ist der Fels, das Amt ist auch heute größer als der Mensch, wir dürfen uns nicht davon entfernen!

Das also sind die drei Bande, die uns zu Katholiken machen. Der ganze, unverfälschte, von Christus uns hinterlassene Glaube, die sieben Sakramente und die Treue zu dem Stuhle Petri. Alle, die daran festhalten, alle, die ihr Leben daran ausrichten, auch wenn es manchmal schwer wird, sind wirklich katholisch. Sie brauchen, damit sie katholisch bleiben können, jene Demut, deren großes Beispiel uns im heutigen Evangelium der Hauptmann zeigt, der zum Herrn sagt: „Ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach“ (Matthäus 8, 8). Diese Demut brauchen wir, denn, wir entscheiden nicht über den Inhalt des Glaubens, sondern wir nehmen ihn von Christus an. Der heilige Paulus sagt in der heutigen Epistel: „Haltet euch nicht selber für klug!“ (Römer 12, 16). Wir entscheiden nicht über den Glauben, wir entscheiden nicht über die Sakramente, wir entscheiden nicht, wie die Kirche im Stuhle Petri durch Christi Willen ihren Halt findet, sondern wir nehmen diese offenbarten Tatsachen demütig im katholischen Glauben an.

Wenn wir das tun, mit der Demut der Gottesmutter und des heiligen Joseph, wenn wir auch in den Dingen, die uns schwerfallen, uns den ganzen römisch-katholischen Glauben zu eigen machen, wenn wir wirklich aus der Kraft aller Sakramente leben, und wenn wir auch in schweren Zeiten dem Zentrum der Kirche nach Kräften treu bleiben, dann sind wir katholisch. Dann erst können wir jene, die es nicht sind, einladen, uns zu folgen. Dann wissen wir, was es bedeutet, katholisch zu sein. Dann können wir Zeugnis geben und können für das wichtige Ziel der Einheit der Christen beten. Dann wissen wir: Die Einheit ist erst dann erreicht, wenn wir alle zu dieser Mitte hingeführt haben, wenn alle durch diese drei Bande der einen wahren Kirche mit Christus verbunden sind und wenn alle den einen sicheren Heilsweg gehen, den die Kirche uns zeigt und den Christus all denen verheißen hat, die sich wahrhaft katholisch nennen und es sind!

Amen.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Predigt am Fest der Unbefleckten Empfängnis 2021 in Kloster Maria Engelport

Predigt am Fest der Unbefleckten Empfängnis 2021 in Kloster Maria Engelport

Msgr. Rudolf Michael Schmitz

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Erlösungsbedürftigkeit – dieses Wort bringt das große Geheimnis des heutigen Tages besonders zum Ausdruck. Erlösungsbedürftigkeit ist die Eigenschaft, die das Menschengeschlecht besonders kennzeichnet und die von vielen empfunden wird. In der ganzen Geschichte der Menschheit haben wir uns klarmachen müssen, dass wir der Hilfe von oben bedürfen, dass wir allein uns nicht aus dem Schlamm unserer Sünde erheben können, dass wir in unserem Innersten verletzt sind, und dass wir der Hilfe Gottes bedürfen.

Diese geheimnisvolle Erlösungsbedürftigkeit geht zurück an den Anfang der Zeit, geht zurück an den Beginn der Schöpfung, geht zurück in jene Tage, als Gott selber unsere Voreltern, die ersten Menschen, mit den Namen Adam und Eva geschaffen hat und ihnen alles geschenkt hat, was seine Vatergüte uns Menschen geben kann. Unsere Voreltern waren nicht nur in natürlichem Sinn perfekte Menschen, denn in ihnen war die ganze Schönheit der Schöpferkraft der Gottheit gegenwärtig. Sie waren auch mit besonderen Gaben ausgestattet. So kannten sie nicht wie wir die ungeordnete Begierde, sie waren unsterblich, sie brauchten nicht zu leiden, und Gott hat ihnen, wie uns auch die heiligen Schriften berichten, ein besonderes Wissen verliehen, ein eingegossenes Wissen, das es ihnen möglich machte, über alle Geschöpfe zu herrschen. Darüber hinaus hat er ihnen auch übernatürliche Gnaden verliehen. Er wandelte mitten unter ihnen und sie durften mit Ihm sein. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes voll der Gnade.

Diese ersten Menschen haben sich dann trotz aller Gnadengeschenke Gottes in einem Akt des Hochmuts, in einem Akt des Übermuts, von Gott getrennt, weil sie glaubten, dass alles das, was sie hatten, aus ihnen selber käme. Sie wollten sein wie Gott und sie haben sich abgewandt von Dem, der ihnen alles das gegeben hatte. In diesem Moment hat die Gerechtigkeit Gottes ihnen alle diese reichen Gaben nehmen müssen. Sie waren plötzlich dem Tode verfallen, sie waren in ihrem Geiste verdunkelt, sie mussten im Schweiße ihres Angesichtes ihr Brot verdienen, und Eva unter Schmerzen ihre Kinder gebären. Alles, was ihnen gegeben worden war, vor allen Dingen die Gnadenhilfe Gottes, wurde ihnen genommen, weil sie sich von Gott weg- und dem Teufel zugewandt hatten. Von da an war das Menschengeschlecht, wie es heute noch ist: erlösungsbedürftig. Von da an war es einem Fluch verfallen. Und jedes Mal, wenn sich das Menschengeschlecht wieder von Gott abwendet, und seine reichen Gaben ausschlägt, dann wird diese Erlösungsbedürftigkeit besonders deutlich. In einem Land, wo eine neue Regierung fast nur aus Apostaten und Religionslosen besteht, wo die meisten Staatsbürger sich von der Gnade Gottes abgewandt haben, wo daher die übernatürliche Liebe zusehends erkaltet, wird diese Erlösungsbedürftigkeit von neuem überdeutlich.

Was aber tut Gott? Er hätte das Recht gehabt und hat es immer noch, uns allein zu lassen. Er hätte das Recht gehabt, alles, was er geschaffen hat, wieder zu nehmen, ja, zu zerstören. Er hätte sich für immer beleidigt und im Zorne von uns wegwenden können. Was aber tut er? Er erfüllt Seinen ewigen Ratschluss: Er wendet sich nicht von uns ab, sondern er schafft eine neue Eva, ein wunderbares Geschöpf, er sendet einen neuen Adam, den er mit solchen Gaben ausstattet, dass der neue Adam nicht nur Mensch, sondern auch Gott ist, und seine jungfräuliche Mutter all die Gaben wiedererhält, die der Mensch verspielt hat. Nicht nur die Gabe, voll der Gnaden zu sein, sondern auch die Gabe, über den Tod und den Teufel zu triumphieren und ein höheres Wissen ihr Eigen zu nennen, um uns mit Ihrem Sohn retten zu können.

Der Herr selbst in seiner großen Liebe zum Menschengeschlecht, die wir nie wirklich verstehen können, wenn wir uns selber ansehen, schafft das Instrument der Erlösung. Er gibt ihm alles zurück, was wir verloren hatten, und mehr noch dazu, damit Maria als die neue zweite Eva das Ja sprechen konnte, das die erste Eva mit Adam verweigert hat. Sie wird als zukünftiger Tempel Gottes schon von Anfang an vor der Erbsünde bewahrt. Alle Folgen der Erbsünde werden ihr erspart, alles, was uns Menschen Gott nicht wohlgefällig macht, ist in ihr nicht vorhanden. Sie hat die Kraft, die Schönheit der ersten Schöpfung, und sie kann daher die gefallene Schöpfung mit ihrem freiwillig gesprochenen Ja wieder auf Gott hin ausrichten. Sie macht das nicht aus Zwang, sie macht es, weil sie sich in einem freiwilligen Akt der jungfräulichen Liebe dem Vatergott öffnet, dem wir unsere Herzen verschlossen haben. Sie wird dadurch das Tor, sie wird die einzigartige Frau, die stärker ist als alles Böse, und die wir auch heute, in diesen dunklen Zeiten, wieder anrufen können, wenn die Menschen sich von Neuem von Gott abwenden.

Es ist ja nicht das erste Mal, dass nach dem Sündenfall, nach dem Verlust all dieser Gnaden und in den Krallen der Konkupiszenz, der ungeordneten Begierlichkeit, die Menschen sich von Gott abwenden. Sie haben es schon im Alten Testament immer wieder getan, und sie haben es auch, nachdem der Erlöser gekommen ist, immer von Neuem versucht. Doch wir sind jetzt unter einem großen Schutz. Unser Schutz ist dieses einzigartige Geschöpf, die neue Eva, die Unbefleckt Empfangene, die Gott aufgrund unserer Erlösungsbedürftigkeit vor aller Zeit in seinem Herzen getragen hat, die er, weil auch sie erlösungsbedürftig gewesen wäre, damit sie uns miterlösen kann, in Ansehung der Verdienste ihres Sohnes vorher erlöst hat. So kann sie uns durch Ihn geben, was wir brauchen: Die Hilfe von oben, die Gnade der ewigen Herrlichkeit, und die Gegenwart des erlösenden Schöpfergottes unter uns.

Wir können Maria deswegen nicht genug anstaunen. Wir können das Mysterium, das in ihr begriffen ist, niemals ganz ergründen. Sie ist nicht nur die Jungfrau von Nazareth, sie ist die ewige Frau, die die göttliche Weisheit schon immer vor Augen hatte, und die in die Welt gesandt worden ist, um uns Seinen Sohn zu schenken, den ewigen, allmächtigen Gott. In ihr – und so sehen wir es in der Apokalypse des Johannes – zeigt sich die ganze Macht der Gottheit. Selbst, wenn die Mächte der Unterwelt mit aller Kraft versuchen, die Kinder des menschgewordenen Sohnes Gottes zu zerstören: Sie ist zwischen ihnen und dem Bösen. Sie beschützt sie, denn in ihr wohnt die Kraft der Gottheit, die sie sich mitverdient hat durch jenes demütige, offene und freie Ja zu den Plänen Gottes.

Danken wir also am heutigen Abend Gott, dem allmächtigen Vater, dass Er weitergesehen hat als auf unseren Hochmut, dass Er sich nicht im Zorn von uns abgewendet hat. Dass wir aus eigener Schuld in der Erlösungsbedürftigkeit geblieben sind, und, da wir Sünder sind, immer wieder in sie zurückfallen, ist die eine Seite. Dass der Herr aber uns in dieser Bedürftigkeit nicht allein lässt, sondern uns eine Mutter gibt, eine ewige Mutter, eine Mutter, die uns in die Ewigkeit führen will, das ist die andere Seite der glorreichen Erlösung, die wir heute feiern. Alle Geheimnisse der Erlösung sind so miteinander verbunden. Und wenn wir die heilige Jungfrau, die unbefleckt Empfangene, die Braut des Heiligen Geistes heute sehen, dann sehen wie die Fülle der Geheimnisse Gottes in ihr: Sie ist wie ein Spiegel, in dem wir die Allmacht Gottes, die gekommen ist, um zu retten, was zu retten ist, bewundern und verehren können!

Amen.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Predigt vom Sonntag, dem zweiten Weihnachtstag 2021 in Kloster Maria Engelport

Predigt vom Sonntag, dem zweiten Weihnachtstag 2021 in Kloster Maria Engelport

Msgr. Rudolf Michael Schmitz

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wer ist dieses Kind? Das ist die entscheidende Frage der Menschheitsgeschichte. Daran scheiden sich die Geister. Nicht erst heute, sondern bereits in der Zeit Christi, war das die Frage, die alles änderte. Will ich an dieses Kind in der Krippe glauben oder will ich mich von ihm abwenden und der Welt folgen?

Wer ist dieses Kind? Ganz eindeutig verkünden alle Propheten des Alten Testaments die Identität des Kindes in der Krippe. Das Kind, das von einer Jungfrau geboren worden ist, ist der Messias, den schon die großen Propheten Jesaja, Jeremias und Ezechiel vorhergesagt haben. Dieses Kind ist der Retter, auf den das Volk Israel gewartet hat. Als seine Eltern, Maria, seine Mutter, und Joseph, sein gesetzlicher Vater, in den Tempel kommen, wundern sie sich was alles über dieses Kind gesagt wird. Wieder erscheint ein Prophet und sagt ihnen: Das ist der Messias, an dem viele zu Fall kommen, das ist der Heiland, den das Volk Israel erwartet.

Das Volk Israel hatte aber noch eine begrenzte Auffassung der Aufgabe des Herrn. Viele erwarteten das äußere, politische Heil des Volkes. Sie wussten nichts von der Erbsünde. Sie wussten nicht, dass der Messias, dass dieses Kind in der Krippe eine viel weitergehende Aufgabe hat. In diesem weiteren Sinn ist ein wichtiger Ehrentitel, der dem Messias von den Propheten gegeben wurde, auch dem Herrn von den Aposteln gegeben worden, die an ihn glaubten. Als der Herr sich nämlich an die Apostel wendet und fragt: Für wen aber haltet ihr mich? Da gibt der Apostel Petrus die große Antwort: „Du bist der Christus, du bist der Gesalbte Gottes“! (vgl. Mt 16, 18-18). Damit bekannte er, dass Jesus, anders als die gesalbten Könige Israels, nicht nur mit heiligem Öl, sondern durch die Vereinigung der Menschheit mit der Gottheit mit dem Salböl Gottes, als Mensch mit der göttlichen Natur gesalbt worden ist. Jesus ist daher schon in der Krippe der endgültig Gesalbte, der göttlich Gesalbte, auf den alle Völker der Menschheit gewartet haben.

Wenn wir vor der Krippe stehen, dann sehen wir daher das Ebenbild des Gesalbten aller Zeiten. Wir sehen das Bild des göttlichen Kindes, das gekommen ist, um uns Heil zu bringen. Deswegen ist der große, der eigentliche Titel des Herrn, der des Erlösers, des Heilandes. des Immanuel, des Gott-mit-uns.  Wenn wir vor der Krippe stehen, sehen wir das Kind, das uns das Heil bringt. Das Kind, das uns von der Erbsünde erlöst. Das Kind, das die Sünde nicht nur hinwegnimmt, sondern uns auch mit seiner Gnade hilft, die bleibend ungeordnete Begierde in unserer schwachen Natur zu überwinden und nach Seinen Geboten zu leben. Das Jesuskind ist der Heilbringer, von dem wir allein das Heil erwarten können. Nichts Anderes wird dieser Welt den Frieden bringen als dieses Kind, das für uns in der Krippe liegt.

Deswegen hat schon die frühe Kirche diesem Heilbringer, demErlöser, den Immanuel, den großen Namen des Kyrios, des Herrn, beigelegt. Kyrie eleison, so beten wir in jeder heiligen Messe: Herr, erbarme dich unser. Vor uns in der Krippe liegt der Herr der gesamten Menschheit. Dort liegt der, vor dem sich alle Knie beugen müssen und dürfen. Dort liegt der, den wir alle als König verehren. Der König aller Könige hat sich zu einem schwachen Kind gemacht, damit wir wissen, dass die Majestät Gottes zu uns kommt in der Sanftheit, der Milde, der Güte und der Liebe eines Kindes. Der König, der uns mit seiner göttlichen Gewalt alle beherrschen könnte, macht sich ganz klein, damit wir keine Furcht vor ihm haben und damit der Titel Kyrios, Herr, nicht mit Zittern von unseren Lippen kommt, sondern mit jenem Vertrauen, das wir zu Dem haben, der uns das Heil gebracht hat.

Daher ist die letzte Antwort auf die Frage: Wer ist dieses Kind?, jene Glaubensantwort, die wir heute alle erneuern. Dieses Kind ist nicht bloß ein wahrer Mensch, dieses Kind in der Krippe ist Gott! Gott der Allmächtige, der mit seiner ganzen Kraft in Jesus Christus gegenwärtig ist. Gott, vor dem alle Furcht, vor dem alle Sünde, vor dem alles Böse weichen muss. Immanuel, Gott, der sich uns geneigt hat, der für immer mit uns ist! Das Kind in der Krippe ist Gott! Das ist die entscheidende Antwort, die alle Titel des Herrn, alle seine Ehrentitel, alle die Titel, die die Propheten vorausgesagt haben, zusammenfasst und vollendet. Christus ist Gott: Das war das Bekenntnis der frühen Kirche und ist das Bekenntnis der Kirche noch heute. Alles andere, was wir in der Kirche sagen können, tritt dahinter zurück. Es ist vielleicht von Bedeutung, aber vor dem Bekenntnis der Gottheit Christi sekundär. Wir alle, die wir hier vor dem Altare Gottes beten, sehen in diesem Kind jenen großen, allmächtigen, ewigen Gott, der aus der Stille der Ewigkeit zu uns gekommen ist und vor dem nichts Böses Bestand hat. Deswegen kann auch nur gerettet werden, wie der Herr immer wieder sagt, der glaubt, dass Christus der Sohn Gottes ist. So heißt es im 16. Kapitel des Markusevangeliums (Mk 16, 16): Nur wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden.

Deswegen ist es diese Frage, die allentscheidende Frage, die wir uns von dem Kind in der Krippe stellen lassen: Wer, glaubst du, bin ich? An diesem Weihnachtstag wollen wir unseren uns Rettung bringenden Glauben erneuern und Ihm sagen, indem wir in unsere Knie sinken: „Du bist der König, Du bist der Messias, Du bist der Immanuel, Du bist der Heiland, Du bist der Gesalbte. Vor allen Dingen bist Du der Herr, mein Gott; mein Gott, der Kind geworden ist, um mich zu erlösen und mit mir alle Menschen guten Willens“. Wenn wir diesen Glauben, den Glauben der Kirche aller Zeiten, heute erneuern, dann werden wir und viele andere mit uns durch den Herrn, der unser Gott ist, gerettet werden. Amen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Predigt am Christkönigsfest 2021 in Kloster Maria Engelport

Predigt am Christkönigsfest 2021 in Kloster Maria Engelport von Msgr. Michael Schmitz

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

„Rex sum ego“ –  Ich bin König.

Diese Antwort unseres Herrn an Pilatus ist ganz eindeutig. Er ist König. Er ist nicht irgendein König. Er ist nicht ein König wie andere. Er ist DER König. Der Einzige, Großartige, der alles Beherrschende. Und doch hat Er kurz davor gesagt: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ (Joh 18, 36). Mein Reich ist nicht von dieser Welt, weil es anders ist, als das Reich aller Könige. Ist das nicht ein Widerspruch?

„Ich bin König“ (Joh 18,37) sagte der Herr.  In der Epistel hörten wir, warum Er König ist: Er ist „imágo Dei invisíbilis“ (Kol 1, 15). Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes. Nicht nur ein Abbild, sondern ein Ebenbild der göttlichen Wirklichkeit, weil Seine Menschheit ganz und im tiefsten Inneren von der Gottheit durchlebt ist, weil es zwischen Ihm und der Gottheit keine Vermischung und keine Trennung gibt, weil Er ganz Mensch und ganz Gott ist. So ist Er König und Herrscher nicht nur im Namen Gottes und als Gott selbst, sondern auch als der Mensch, der in diese Welt gekommen ist, um über den Tod und die Sünde zu triumphieren.

Durch Ihn, so heißt es weiter, „omnia in ipso creáta sunt…omnia in ipso constant“ (Kol 1, 16-17). Durch Ihn, den König, auch Seiner Menschheit nach, ist alles. Alles besteht durch Seine Macht. Würde Er auch nur einen Augenblick Seine königliche Hand von dem, was Er geschaffen hat, wegnehmen, so würde alles aufhören zu existieren. Wir hängen im Innersten unserer Welt von Seinem Königtum ab, einem Königtum, das einerseits milde ist, andererseits aber so stark, dass die ganze Existenz der Welt und aller Menschen in Ihm ihren Ursprung und ihren Bestand findet.

Dieser König aber ist ebenfalls „caput córporis Ecclésiae; Haupt des Leibes der Kirche“ (Kol, 1, 18). Sein Königtum ragt in diese Welt herein. Sein Königtum ist sichtbar. Nicht in den Reichen dieser Welt, nicht in der oft willkürlichen Macht der Regierenden, sondern in jenem Reich, dass Er selbst gegründet hat. Es ist das Reich der Kirche, das Seine Gottheit und die Macht Seiner rettenden Menschheit weiterträgt in die Geschichte. So kann Er mit Recht sagen: „Ja, ich bin König.“ Der König aller Dinge, der König und das Haupt der Kirche.

Damit verstehen wir besser, was das andere Wort des Herrn bedeutet: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt; Regnum meum non est de hoc mundo.“ Er betont dann noch einmal: „Mein Königtum ist nicht von hier.“ (Joh, 18, 36). Er hat Sein einzigartiges Königtum nicht durch Wahl erhalten. Er hat Sein universales Königtum nicht inne, weil alle damit einverstanden waren, dass Er König sein sollte. Er besitzt seine allumfassende königliche Gewalt aber auch nicht durch rein menschliches Geburtsrecht, obwohl er von königlichem Stamme ist und viele Könige zu seinen gesetzlichen Stammvätern hat. Er ist kein König von Volkes Gnaden, Er ist auch kein bloß menschlicher König von Gottes Gnaden. Er ist König von Ewigkeit her, denn er ist Gott! Er ist König aus der Einheit mit dem Vater!  Er ist König eines Reiches, dass größer ist als diese Welt. Sein Königtum ist eben ein Königtum, dass weiter ist, dass höher reicht und großartiger ist als alle menschliche Macht. Durch Ihn, durch Sein gottmenschliches Königtum reicht die Ewigkeit in diese Welt hinein.

Die Gesetze Seines Königtums sind nicht menschliche Gesetze, über die abgestimmt werden kann, sondern sie sind eherne Worte Gottes, an denen niemand vorbeikommt. Sein Königtum ist nicht das Königtum menschlicher Bestimmung, sondern ewiger göttlicher Macht. Deswegen wird dieses Königtum auch nicht durch unsere Zustimmung oder Ablehnung geändert. Jesus Christus ist immer König, als Gott und Mensch zugleich! Auch wenn sich alle von Ihm abwenden sollten, Sein Königtum bleibt bestehen und Sein Reich bleibt in der Kirche sichtbar bis zum Ende der Zeit. Auch wenn der Glaube weniger werden sollte, ist Er immer unter uns als Herrscher und König, selbst dann, wenn die Mehrheit es nicht wahrhaben will.

Im Lukasevangelium hat der Herr als Gleichnis gesagt, dass ein König hinging, um das Königtum über eine Stadt anzutreten, die klar als Sinnbild des großen Jerusalem erscheint, das den Messias ablehnt. Die Menschen dieser Stadt schickten eine Gesandtschaft gegen den König und sagten: „Wir wollen diesen König nicht“ (Luk 19, 14). Wie oft haben die Menschen in der Geschichte gesagt: „Wir wollen diesen König nicht“! Wie oft haben wir selbst durch unser Handeln gesagt: „Wir wollen diesen König nicht“! Oft genug wenden wir uns durch die Sünde vom ewigen Königtum Jesu Christi ab. Dabei sollen wir Zeugen des Königtums Christi sein, sind wir doch durch die Taufe gerufen, als treue Gefolgsleute unseres großen Königs zu leben. Ihm sollen wir dienen, nicht der Sünde!

Was können wir also tun, um dieses Königtum trotzdem durchzusetzen? Was können wir tun, um dieses Königtum in unserem Leben zu verwirklichen? Was können wir, die wir oft wenig öffentlichen Einfluss haben, dazu beitragen, damit der Herr König über die Herzen und über die Welt sein kann?

Ebenfalls im Lukasevangelium gibt Jesus selbst uns dazu einen eindeutigen Hinweis. Er sagt nämlich: „Regnum Dei intra vos est; das Reich Gottes ist in euch“ (Luk 17, 21). Wenn wir das Königtum Jesu Christi, dieses wahre und ewige Königtum, verwirklichen wollen, dann müssen wir begreifen, dass das Königreich Christi in unseren Herzen beginnt. Alle Gesetze der Welt und der Kirche sind für uns unnütz, wenn wir nicht das Königreich Jesu Christi in unseren Herzen errichten. Das können wir auch, wenn wir gar keine äußerliche Macht und keinen Einfluss haben. Wir sind in der Taufe Glieder des Königreichs Christi, der Kirche, geworden. Wir haben die königliche Gnade der Gotteskindschaft bekommen. Wir sind ein Volk von Königen!

Nun liegt es an uns, an jedem einzelnen von uns, dieses Königtum in unserem Inneren Wirklichkeit werden zu lassen. Leben wir so, dass wir Christus in allen unseren Handlungen sagen: „Ja, Du bist König. Ja, Du bist mein König. Ja, gegen alle Stimmen der Welt, die Dein Königtum ablehnen oder verleugnen, in meinem Herzen thronst Du als König. Deinen Geboten will ich folgen und wenn ich gefallen bin, dann will ich wieder aufstehen und Deinem Feldzeichen weiter folgen! Ich weiß, dass ich ohne dieses Königtum nicht leben und nicht sein kann! Ohne meinen König Jesus Christus ist alles ohne letzten Sinn!“

Deswegen klagen wir nicht dauernd über den Zustand der Welt und der Kirche, ohne etwas zu tun: Wir sind vielmehr berufen, uns selbst zuerst für Christus zu entscheiden. Wollen wir dem Herrn eine Gesandtschaft entgegenschicken und Ihm sagen: „Wir wollen nicht, dass Du König bist“?  Oder wollen wir uns, wie die heilige Jungfrau, zu seinen Füßen werfen und sagen: „Ich bin Deine Magd, bin Dein Diener, sei der König meines Herzens, sei der König meines Lebens. Sei der König aller meiner Taten und Gedanken“?

Wenn wir das tun, dann wächst das Königreich Jesu Christi in uns. Ebenso wächst damit aber das Königreich Jesu Christi um uns. Dann werden wir tatsächlich eine neue Welt gestalten, die in unserem Herzen beginnt. Dann werden auch wir trotz unseres scheinbar so geringen Einflusses die Gesellschaft langsam verändern können, diejenigen beeinflussen, die der Herr uns gegeben hat, und ihnen zeigen können: „Da ist der König! Der Einzige, der alles in der Hand hat. Der Einzige, der alle Krisen und Krankheiten und Katastrophen überwinden kann. Der Einzige, der uns Vertrauen in dieser Welt gibt, weiterzugehen auf dem königlichen Wege, der direkt zu Seinem Throne führt.“

So verstehen wir, dass es keinen Widerspruch zwischen den zitierten Herrenworten gibt. Ja, der Herr ist wirklich DER König, doch Sein Königtum ist nicht von dieser Welt, denn es ist größer, ewiger und herrlich. Wir aber, obwohl wir äußerlich gesehen fast alle keine Fürsten, keine Prinzen, keine Regierenden und keine Könige sind, wir sind eingeladen durch die heilige Taufe und die Firmung Könige zu werden durch Ihn, mit Ihm und in Ihm. Dazu wir müssen Ihm unser Herz täglich neu öffnen! Wir müssen Ihn in unserem Herzen wohnen lassen und Ihm jedem Tag aufs Neue durch Gedanke, Wort und Tat versichern: „Ja, ich glaube, dass Du der Weg, die Wahrheit und das Leben bist. Du bist DER König des Universums und MEIN König! Regiere über mich und mach mich zu einem Deiner Gefolgsleute!“ Amen.

Predigt an Epiphanie 2022 im Kloster Maria Engelport von Msgr. Michael Schmitz

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Amen.

Sicher haben Sie schon einmal Menschen staunen sehen.

Schon auf einer Verkaufsmesse, in einem Autosalon, bei einer Modenschau oder vor dem Schaufenster eines Juweliers beginnen Menschen zu staunen.

Komplizierte Maschinen, schöne neue Autos, ein elegantes Kleid, ein funkelndes Schmuckstück – das alles kann uns zum Staunen und zum Bewundern bringen. So sehr, dass manche gleichsam vor diesen Dingen in die Knie fallen und ganz vergessen, dass dahinter, hinter diesen materiellen, mechanischen, von Menschen geschaffenen Dingen etwas Größeres steht, das unser Staunen noch viel mehr verdient hat.

Staunen sollen wir, denn die Dinge, die der Mensch schaffen kann, sind, wenn gut gelungen, ein Widerschein einer größeren, einer wunderbareren Schönheit, die von Gott selber kommt. Wir dürfen Dinge bestaunen. Wir dürfen uns über menschliche Errungenschaften freuen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass hinter dem allem Größeres steht, das wir viel mehr bewundern und bestaunen sollten, nämlich die Schöpferhand des Allmächtigen. Wenn wir eine komplizierte Maschine staunend anschauen, wenn wir ein schönes Gewand bewundern, wie sehr müssen wir nicht vor einer Blume, einem Blatt, gar einem Baum in Bewunderung ausbrechen?

Die Dinge der Natur sind oft so kompliziert und so fein geordnet, dass selbst große Wissenschaftler vor den Geschöpfen Gottes nur staunen können. Auch Gelehrte werden niemals ganz begreifen, wie all diese Dinge existieren, wie sie im Letzten funktionieren und wie sich ihre Schönheit bis ins kleinste Detail vor unseren Augen entfaltet.

Schon die Natur, die Gott geschaffen hat, ist also wert, dass wir in ein tiefes Staunen verfallen, mit einem profunden Respekt, nicht nur vor den Dingen, dem Geschaffenen, das wir sehen, sondern vor allem vor dem Schöpfer, der hinter allem steht.

Am meisten müssen wir deswegen staunen, wenn wir vor dem Menschen stehen. Der Mensch, schon in seiner physischen Verfasstheit, ist ein so kompliziertes Ganzes, dass es großen Wissens, ja oft tiefer Weisheit bedarf, um nur einiges davon zu begreifen.

Wir wissen, wenn etwas in unserer komplizierten Leiblichkeit nicht funktioniert, dann wird auch unsere Seele, die mit dem Leib eine Einheit bildet, davon betroffen. Wir wissen aber auch, dass dann, wenn der Leib in seiner gottgeschaffenen Schönheit und Wunderbarkeit uns die Kraft gibt, so zu handeln, wie Gott es will, auch unsere Seele erhoben wird und wir, wie so viele Künstler, wie so viele große Menschen, Herrliches leisten können, weil in uns ein Teil der Schöpferkraft des Allmächtigen ist.

Das alles haben auch die Heiligen drei Könige erkannt!

Sie haben begriffen, dass wir die geschaffenen Dinge bewundern können, und dass sie einen tiefen Wert haben. Deswegen haben sie aus diesen geschaffenen Dingen drei wertvolle Gaben mitgebracht, weit aus dem Morgenlande, um sie dem Schöpfergott, der Mensch geworden ist, zu Füßen zu legen.

Sie haben begriffen, dass die Natur uns von der Größe Gottes erzählt. Dass die Himmel selber uns zeigen können, wo Gott unseren Weg hinführen will. Sie sind deswegen mutig und ohne Zögern dem Stern gefolgt, der sie schließlich bis zur Krippe geführt hat.

Sie haben schließlich begriffen, dass dem Menschen ehrfürchtiges Staunen gebührt: Ihnen wäre es nie in den Sinn gekommen, wie unserer heutigen Gesellschaft, unschuldige und wehrlose Menschen im Mutterleib zu töten. Ihnen wäre es nie in den Sinn gekommen, die Weisheit und Güte des hohen Alters zu verachten und nach Euthanasie zu rufen, wenn menschlicher Sinn meinen könnte, „etwas Unnützes sei wegzuschaffen“. Sie haben sich gegenseitig mit großer Ehrfurcht behandelt. Sie haben die Dinge, die Gott in Seiner Weisheit in den Menschen hineingelegt hat, tief erkannt und erforscht. So haben sie schließlich jenen wahren Menschen gefunden, in dem sich auf eine ganz einzigartige und noch nie dagewesene Weise der Schöpfergott mit unserer menschlichen Natur verbunden hat.

Weil sie große Ehrfurcht vor der Schöpfung Gottes hatte, haben sie nach dem Schöpfer gesucht. Und sie haben Ihn gefunden in der Krippe. In der Krippe, wo Er mit seiner ganzen menschlichen Schönheit und Vollkommenheit eins ist mit der Allmacht und der Herrlichkeit Gottes.

Dort haben sie – uns zum Beispiel – das getan, was wir leider zu oft vor der Kreatur tun: Sie haben sich vor dem menschgewordenen Schöpfergott in die Knie geworfen; sie haben Ihm das Wertvollste gegeben, was sie mitgebracht hatten und was ihr eigen war. Sie haben sich Ihm ganz überantwortet und sind in diesem Moment zum Glauben gekommen.

Geliebte, die Kirche lässt uns das Fest der Erscheinung des Herrn feiern, damit wir das Staunen nicht verlernen. Damit wir, in jedem wunderbaren Ding, das menschliche Kraft hervorbringt, die größere Kraft Gottes sehen und Ihn verehren und nicht das Ding. Damit wir in der Natur, die uns umgibt, jene Herrlichkeit, jene Schönheit, jene Zartheit sehen, die nur von Gott kommen kann, und die wir bewahren müssen. Damit wir Respekt vor dem Menschen haben, der die größte und wunderbarste Schöpfung Gottes ist. Die Krone der Schöpfung, die einzigartig und frei ist und die wir nicht pervertieren dürfen, die wir nicht einfach töten dürfen, die wir nicht verachten dürfen. Unsere menschliche Natur ist – auch in unserem eigenen Leib! – ein Geschenk an uns, das wir rein bewahren müssen, damit es der Seele ein Instrument sein kann, durch das hindurch sie strahlen und wirken kann in diese Welt hinein.

Das kann uns lehren, den Gestus der Anbetung der Heiligen drei Könige nachzuahmen und uns vor dem Schöpfergott, der Fleisch geworden ist, nicht nur heute, sondern jeden Tag in unserem Leben neu niederzuwerfen. Ihm sollen wir danken, Ihm alles geben, was wir haben, uns selbst Ihm überantworten, damit wir das großartige Werk – die unsterbliche Seele – die Er uns eingeschaffen hat, bewahren zu jener noch größeren Herrlichkeit, zu jener unendlichen und nicht endenden Herrlichkeit, zu der wir mit Leib und Seele gerufen sind. Dort werden wir dann, wenn wir hier auf Erden das Staunen vor dem Schöpfergott nicht vergessen haben, auf ewig staunen dürfen. Staunen über eine Schönheit, die so groß ist, dass selbst unsere erhabene Liturgie hinter ihr weit zurücktritt! Wir werden vielmehr teilnehmen an der himmlischen Liturgie mit dem Herrn, dem menschgewordenen Gott, dem Licht der Ewigkeit, in der Mitte! Sein Strahlen wird sich vor uns auftun und alle unsere Sehnsüchte erfüllen und uns glücklich machen in einem Staunen, das niemals enden wird!

Amen.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Amen

Kardinal Burke zelebriert feierliche Dankmesse für Genesung

Predigt

Votivmesse Unserer Lieben Frau vom Samstag im Advent, am 11. Dezember 2021

Heiligtum Unserer Lieben Frau von Guadalupe

La Crosse, Wisconsin

Jes. 7, 10-15

Lk. 1, 26-38

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Mein Herz ist von tiefster Dankbarkeit gegenüber dem allmächtigen Gott erfüllt, der mich seit dem 10. August dieses Jahres durch ein großes Leiden, das, wie es aussah, fast mit dem Tod geendet hätte, dazu gebracht hat, heute eine Pontifikalmesse zu Ehren der Gottesmutter am Samstag im Advent nach dem älteren Gebrauch unseres geliebten römischen Ritus zu feiern. Indem ich Gott dafür danke, dass er mir das Leben bewahrt hat, danke ich auch Unserer Lieben Frau von Guadalupe, der jungfräulichen Mutter Gottes, und dem hl. Josef, ihrem wahren und keuschen Gemahl, sowie der Schar der Heiligen, die in der Zeit meiner Prüfung so mächtig für mich eingetreten sind. Als ich das Bewusstsein wiedererlangte, nachdem ich neun kritische Tage an einem Beatmungsgerät verbracht hatte, war ich erfüllt von dem Wissen, dass Unsere Liebe Frau von Guadalupe mich die ganze Zeit in ihren Armen gehalten hatte und mich im Herzen ganz vereint mit dem glorreichen, durchbohrten Herzen ihres göttlichen Sohnes, dem Heiligsten Herzen Jesu, hielt.

Ich wurde mir auch sofort der zahllosen Gläubigen bewusst, die während der Zeit meiner Krankheit und Genesung zu unserem Herrn beteten, ihm ihre Leiden aufopferten und ihn baten, mich zu heilen und mir Kraft zu geben. Während ich gesegnet war, eine ausgezeichnete medizinische Versorgung zu erhalten, was ich in meinen dankbaren Gebeten nie vergessen werde, war es Gott, der diese vielen Gebete beantwortete und diese vielen Leiden annahm, mir das Leben erhielt und mir half, meine Kraft wiederzuerlangen. Indem ich Gott heute danke, bete ich für alle, die unseren Herrn für mich angefleht haben, und bitte um die Fürsprache der Gottesmutter, des hl. Josef und aller Heiligen.

Mit der Feier der heiligen Messe in der Wallfahrtskirche möchte ich ganz besonders dem Wallfahrtsdirektor Pater Paul Check und den Mitarbeitern der Wallfahrt meine tiefste Dankbarkeit für all die Ermutigung und Unterstützung auszudrücken, die sie mir und meiner Familie in den kritischsten Tagen meiner Krankheit und Genesung zuteilwerden ließen. Ich danke auch dem St. Mary’s Oratory in Wausau und insbesondere Kanonikus Aaron Huberfeld, dem Rektor des Oratoriums, Kanonikus Heitor Mateus, seinem Vikar, und allen Mitarbeitern des Oratoriums für die Aufnahme während der fast drei ganzen Monate meiner Rehabilitation. Es freut mich sehr, dass der Chor des St. Mary’s Oratory das heutige Pontifikalamt musikalisch gestaltet und dass so viele Gläubige des Oratoriums anwesend sind.

Ich bin dem Institut Christus König und Hohepriester, dem die Kanoniker Huberfeld und Mateus angehören und dem auch mein persönlicher Sekretär, Kanonikus Stephen Michael Sharpe, angehört, zutiefst dankbar für die treue und großzügige Unterstützung, die mir in vielerlei Hinsicht zuteilwurde. Monsignore Gilles Wach, Generalprior des Instituts, und Monsignore Michael Schmitz, sein Generalvikar, scheuten keine Mühen, um mir die Unterstützung des Instituts zukommen zu lassen. Ich danke auch Mutter Maria Regina, meiner früheren Sekretärin und jetzigen Oberin der Töchter des Werkes Mariens, für all das, was ihre Schwestern und sie so großzügig und kompetent getan haben, um mir zu helfen. Möge Gott alle, die mir beigestanden haben und mir weiterhin beistehen, damit ich mich wieder ganz in den aktiven Dienst unseres Herrn und seines mystischen Leibes, der Kirche, stellen kann, dafür reichlich belohnen.

Es ist klar, dass der Herr, der mich am Leben erhalten hat, möchte, dass ich immer treuer, großzügiger und reiner mit Ihm für das Heil der Seelen arbeite. Abgesehen von meinen Aufgaben als Bischof und Mitglied des Heiligen Kardinalskollegiums möchte ich meinen Dienst für Unseren Herrn und Seinen Mystischen Leib, die Kirche, hier auf auf diesen Wallfahrtsort konzentrieren und der Wallfahrt helfen, ein Leuchtfeuer der Wahrheit und der Liebe Gottes in einer Welt zu sein, die von so vielen Lügen und so vielen hasserfüllten Handlungen heimgesucht wird. Mit Hilfe Unserer Lieben Frau von Guadalupe und ihres heiligen Boten, des hl. Juan Diego, möchte ich den Pilgern, die den Wallfahrtsort besuchen, helfen, eine möglichst umfassende Begegnung mit unserem Herrn zu haben, eine Begegnung, die ihnen Kraft gibt, wenn sie nach Hause, zur Arbeit oder zu anderen Aktivitäten zurückkehren. In besonderer Weise werde ich mich für die Verwirklichung des Exerzitienhauses einsetzen, das neben der Kirche gebaut werden soll, damit die Pilger hier regelmäßig mehrere Tage mit Unserem Herrn verbringen können, vor allem in besonders wichtigen oder auch kritischen Momenten ihres Lebens.

Nach dem Pontifikalamt werde ich in der Krypta der Wallfahrtskirche sein, um Sie dort zu begrüßen. Es wird mir eine Freude sein, so viele von Ihnen wie möglich persönlich zu begrüßen und zu danken. Alle, die bei der heiligen Messe anwesend oder über die Medien mit uns verbunden sind, sollen wissen, dass sie immer in meinem dankbaren Gebet bleiben werden. Bitte beten Sie auch weiterhin für mich.

Die Adventszeit und in besonderer Weise die Votivmesse zu Ehren Unserer Lieben Frau vom Samstag im Advent lenken uns hin zu unserem grundlegenden Bedürfnis nach einer tiefen und dauerhaften Beziehung zu Gott. Ohne Gott sind wir in der Tat wie ein ausgetrockneter Boden, der kein Leben hat und kein Leben hervorbringen kann. Gleichzeitig bezeugen der Advent und die heutige Votivmesse die Gegenwart Gottes bei uns in der Kirche als unvergleichliche und bleibende Frucht der erlösenden Menschwerdung Gottes, des Sohnes, zu unserem Heil. Im Introitus der heutigen heiligen Messe haben wir gebetet: “Tauet, Himmel, von oben! Ihr Wolken regnet den Gerechten! Es öffne sich die  Erde und sprosse den Heiland hervor. Herr, Du hast Dein Land gesegnet und Jakob heimgeführt aus der Gefangenschaft.“[1] Dom Prosper Guéranger betet in seinem Kommentar zur Adventszeit:

    Komm, o Jesus, komm schnell und gib uns von dem Wasser, das aus Deinem heiligen Herzen fließt … Dieses Wasser ist Deine Gnade; lass es auf unsere ausgedörrten Seelen regnen, und auch sie werden aufblühen; lass es unseren Durst stillen, und wir werden auf dem Weg Deiner Gebote und Beispiele laufen … Nein, es soll keine schwachen Hände mehr geben, keine schwachen Knie, keine schwachen Herzen; denn wir wissen, dass Du in Liebe zu uns kommst. Nur eine Sache macht uns traurig: Unsere Vorbereitung ist noch nicht abgeschlossen. Wir haben noch einige Bande zu zerreißen; hilf uns dabei, o Heiland der Menschheit![2]

Er ermahnt uns: “Bitten wir gemeinsam mit der Kirche um den Tau, der unsere Herzen neu belebt, und um den Regen, der sie fruchtbar macht.”[3]

Wie oft erleben wir, dass unser Leben keinen Sinn und keine Richtung hat? Wie oft erscheint uns unser Leben wie ein ausgetrocknetes und verdorrtes Land ohne Tau und Regen? Dann sollten wir unsere Augen erheben, um unseren Herrn mit uns in der Kirche zu sehen, vor allem in der heiligen Eucharistie, und betrachten, wie er uns durch seine erlösende Menschwerdung gerettet hat und wie er weiterhin aus seinem glorreichen, durchbohrten Herzen die Gnade in unsere Herzen ausgießt, die unser Leben fruchtbar macht und uns zum Segen für unseren Nächsten werden lässt.

Es ist die Mutter Gottes, die uns hilft, bei ihrem göttlichen Sohn die Gnade zu sehen und zu suchen, die ein Leben, das wie eine Wüste geworden ist, in ein Leben verwandelt, das Leben schenkt und Leben in den anderen nährt. Als König Achas sich weigerte, sich angesichts des bevorstehenden Todes und der Zerstörung des Landes durch fremde Mächte unserem Herrn zuzuwenden, versprach Unser Herr durch den Propheten Jesaja: “Siehe, eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und seinen Namen Immanuel nennen.”[4] Die Verheißung Unseres Herrn wurde endgültig erfüllt, als der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria verkündete: „Siehe, du wirst empfangen und einen Sohn gebären und seinen Namen Jesus nennen. Dieser wird groß sein und Sohn des Allerhöchsten genannt werden; Gott, der Herr, wird ihn den Thron seines Vaters David geben, und Er wird herrschen Über das Haus Jakob ewiglich, und Seines Reiches wird kein Ende sein.“[5]

Unsere allerseligste Mutter, das auserwählte Gefäß, in dem Gott, der Sohn, unsere menschliche Natur annahm und sie mit seiner göttlichen Natur vereinigte, um uns von der Sünde zu erlösen und für das ewige Leben zu retten, fordert uns in ihrer mütterlichen Liebe zu uns ständig auf, die Augen zu erheben und das Heil zu sehen, das unser Herr in unserer Mitte wirkt.

Heute lassen sich so viele Menschen entmutigen oder verlassen sogar unseren Herrn in der Kirche, um ihn anderswo zu suchen. Die Versuchung zur Entmutigung oder gar zur Abkehr von unserem Herrn ist aus rein menschlicher Sicht verständlich. Wenn alles, was wir sind und haben, nur von dieser Erde ist, dann haben wir keinen Grund zur Hoffnung. Aber die Gottesmutter lenkt unseren Blick nach oben, damit wir nicht nur die irdische und vergängliche Welt um uns herum sehen und gleichzeitig unsere ewige Bestimmung übersehen. Mit ihrer Hilfe nehmen wir das Leiden der gegenwärtigen Zeit nicht nur an, sondern umfangen es sogar mit Freude, weil es uns erlaubt, an den Leiden Christi teilzuhaben, um unseres Heils und des Heils der Welt willen.

Mit dem heiligen Paulus freuen wir uns, an unserem Leib das Leiden Christi um des ewigen Lebens willen zu vollenden, um des “Geheimnisses willen, das Christus in uns ist, die Hoffnung auf die Herrlichkeit”[6]. Erinnern wir uns täglich an die Worte des heiligen Paulus, der uns als seine “kleinen Kinder” bezeichnete und sich selbst als “in Geburtswehen“ beschrieb, bis Christus in uns Gestalt nehme.[7]: „Trachtet nach dem, was oben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist. Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott. Wenn Christus, der unser Leben ist, erscheinen wird, werdet auch ihr mit ihm erscheinen in Herrlichkeit. [8]

Möge uns die Beobachtung der heiligen Adventszeit und die heutige Votivmesse zu Ehren Unserer Lieben Frau vom Samstag im Advent die Gnade bringen, uns immer dessen bewusst zu sein, wer wir in Christus sind, und in Christus zu leben, mit dem Blick fest auf das Ziel unserer irdischen Pilgerreise gerichtet: das ewige Leben bei Gott – Vater, Sohn und Heiliger Geist -, in der Gesellschaft der Engel und Gemeinschaft der Heiligen.

Die Schönheit der heutigen heiligen Liturgie ist ein Vorgeschmack auf die ewige Schönheit des “neuen Himmels und der neuen Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt”[9], die unser Herr bei seiner letzten Wiederkunft endgültig errichten wird und die das Ziel unserer irdischen Pilgerschaft ist. Indem sie uns auffordert, mit ganzem Herzen in die Heilige Liturgie einzutreten, lehrt uns die Gottesmutter, alles Leben unter dem Gesichtspunkt der Ewigkeit zu betrachten, alles auf dieser Erde im Zusammenhang mit dem Geheimnis des Glaubens zu sehen, an dem wir durch die heilige Messe in vollkommener Weise teilnehmen, bis wir für immer am “Hochzeitsmahl des Lammes”[10] teilhaben.

Vereinigen wir unsere Herzen mit dem Unbefleckten Herzen Mariens und erheben wir sie zum glorreichen, durchbohrten Herzen Jesu. Er ist immer bereit, unsere Herzen zu empfangen, sie in seiner unermesslichen und nie endenden Barmherzigkeit zu heilen und sie mit Seiner reinen und selbstlosen Liebe zu entflammen. Möge Christus auf die Fürsprache seiner jungfräulichen Mutter den Tau und den Regen seiner Gnade auf unsere Herzen herabregnen lassen, der sie neu macht, der sie für unseren Nächsten und für unsere Welt fruchtbar werden lässt.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Raymond Leo Kardinal Burke


[1] ) “Rorate, caeli, desuper, et nubes pluant iustum: aperiatur terra, et germinet Salvatorem. Ps. 84,2 Benedixisti, Domine, terram tuam: avertisti captivitatem Iacob.” Missale Romanum, Missa de Sancta Maria in Sabbato, I, Tempore Adventus, Antiphona ad Introitum.

[2] “O Sauveur! venez vite nous donner de cette Eau dont votre Cœur est la source, … Cette Eau est votre Grâce ; qu’elle arrose notre aridité, et nous fleurirons aussi ; qu’elle désaltère notre soif, et nous courrons la voie de vos préceptes et de vos exemples, … Non, désormais nos bras ne sont plus abattus ; nos genoux ne tremblent plus ; nous savons que c’est dans l’amour que vous venez. Une seule chose nous attriste : c’est de voir que notre préparation n’est pas parfaite. Nous avons encore des liens à rompre ; aidez-nous, ô Sauveur des hommes !” Prosper Guéranger, L’Année liturgique, L’Avent, 21ème éd. (Tours: Maison Alfred Mame et Fils, 1926), S. 250.

[3] “[D]emandons, avec la sainte Église, la rosée qui rafraîchira notre cœur, la pluie qui le rendra fécond.” Guéranger, S. 251.

[4] Jes. 7, 14.

[5] Lk. 1, 31-33.

[6] Kol. 1, 27.

[7] Gal. 4, 19.

[8] Kol. 3, 2-4.

[9] 2 Petr. 3, 13; vgl. Offb. 21, 1-8.

[10] Offb. 19, 9.

Predigt zum 6. Sonntag nach Pfingsten

Maria Engelport

Predigt 6. Sonntag nach Pfingsten

von Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.

‚Wunder gibt es immer wieder‘ – so hieß vor einigen Jahren der Titel eines ansonsten ziemlich dürftigen Schlagers. Wunder, in diesem oberflächlichen Sinn, wären Dinge, die uns zum Staunen bringen. Man könnte solche Vorkommnisse bestenfalls als ‚moralische Wunder‘ bezeichnen, wie etwa besondere, zunächst unerklärliche Ereignisse in unserem Leben, die man zu leicht als Wunder qualifiziert. Wenn wir aber vor einem wirklichen Wunder stehen, einem Wunder, so wie es uns heute in der Heiligen Schrift mit der wunderbaren Brotvermehrung durch den Herrn berichtet wird (Mt 8, 1-9), dann stehen wir vor ganz anderen Charakteristika, die das wahre Wunder erkennen lassen. Wir können dabei genau erkennen, dass Gott am Werk ist. Denn ein übernatürliches Wunder kann definiert werden als „ein sinnlich wahrnehmbares Zeichen, das von Gott, außerhalb der gewöhnlichen Kräfte und Gesetze der Natur, zu einem bestimmten Zweck und Sinn bewirkt wird“.

Wir sehen die einzelnen Elemente dieser Definition heute auch am Wunder der Brotvermehrung. Wir können, wie auch die zahlreiche Menge bei der Brotvermehrung deutlich bezeugt, klar erkennen, dass es sich um eine sinnlich wahrnehmbare Tatsache handelt. Eine wunderbare Tatsache, die nicht nur durch Jesus Christus selbst in der Heiligen Schrift wenigstens zweimal bewirkt worden ist, sondern die sich auch in der Kirchengeschichte durch die Kraft Gottes und das Gebet der Heiligen öfter zugetragen hat. Auch hier in Maria Engelport: Während einer großen Hungersnot, als die selige Meisterin des Klosters, Margarete von Scharffenstein, in großem Gottvertrauen der Zellerarin gegen deren Bedenken gesagt hat, sie solle alles an vorhandenen Brotvorräten verteilen. Diese Brotvorräte versiegten nicht, bis alle Armen gespeist waren und doch für die Schwestern noch genug übrigblieb.

Wir merken, dass hier eine sinnlich wahrnehmbare Tatsache Gott als direkt wirkenden Autor zum Ursprung hat. Nur Gott kann eine solche Brotvermehrung bewirken. Nur Gott, auf die Fürsprache der Heiligen oder direkt, in Jesus Christus mitten unter uns wandelnd, kann Brot und Fische so vermehren, dass aus einer kleinen Menge von Nahrungsmitteln eine große Anzahl von Menschen gespeist wird. Hier werden alle Kräfte und Gesetze der Natur, die uns bekannt sind, durchbrochen, weil der Autor dieser Kräfte und Gesetze selbst am Werk ist. Alle Gesetzmäßigkeiten der Natur, die wir durch die Naturwissenschaft in ihrer unglaublichen Vielfalt und Verschiedenheit immer weiter entdecken, haben ihren Ursprung in Gott. Wenn Gott als Ursprung all dieser Kräfte und Gesetze in die von Ihm geschaffene und abhängige Natur einwirken will, dann kann er das jederzeit frei tun: Dann geschieht vor unseren Augen ein wirkliches Wunder.

Aber ein solches Wunder geschieht deswegen, weil Gott uns damit etwas nahebringen will. Jedes Wunder hat einen tiefen Sinn. Wenn Gott in die von Ihm selbst festgelegte Naturordnung eingreift, dann will Er uns zunächst einmal zeigen, wie bei der Brotvermehrung, dass Er in der Lage ist, Seine Göttliche Macht auf dieser Erde jederzeit auszuüben und zu demonstrieren. Er speist nicht nur zweimal, wie wir aus den Evangelien wissen (vgl. z.B.  Mk 6, 34ff., ebd. 8, 1ff), eine sehr große Menge mit wenigen Speisen, sondern Er zeigt auch ständig in Jesus Christus, dass Er die Allmacht auf sich vereinigt, dieses und viele andere Wunder zu tun. Er offenbart uns damit, dass Er die Natur und die ganze von Ihm geschaffene Welt niemals alleine lässt, sondern mitten in ihr wirken kann, wie es Ihm gefällt – zu unserem Heil.

Das Wunder der Brotvermehrung aber hat noch einen tieferen Sinn. Wir stehen hier, wie schon die Kirchenväter uns erklärt haben, vor dem Vorbild der Eucharistie. So wie Gott damals die Menge gespeist hat von wenigem, so speist er auf eine viel wunderbarere und viel geheimnisvollere Weise in einem sichtbaren Zeichen seit Beginn der Kirche eine immer größer werdende Menge mit Seinem Heiligen Leib und Seinem Heiligen Blut. Er kann, durch die gesamte Geschichte der Kirche hindurch, das Brot der Engel unbegrenzt vermehren. Nie wird es in Wahrheit geteilt, nie wird es weniger, nie wird es etwas Anderes. Es ist immer Leib und Blut des Herrn zu unserem Heil. Tausende, ja Abermillionen, sind damit gespeist worden und Tausende und Millionen haben durch die Barmherzigkeit Gottes mit dieser Speise das ewige Leben erlangt.

Das Zeichen der Brotvermehrung ist selbst im Detail ein Unterpfand für das Wirken Gottes in die Kirchengeschichte hinein. Wir können in der Heiligen Schrift lesen, dass von den Broten und Fischen Reste übrigblieben. Wäre es nicht normal gewesen, diese Reste den Menschen, die gerade gespeist wurden, zur Wegzehrung zu überlassen? Dagegen gibt der Herr ganz offensichtlich den Aposteln die Anweisung, die Reste aufzusammeln: In vielen Körben bleiben diese Reste bei den Aposteln, den ersten Bischöfen, den Vertretern der Kirche, die sie bewahrt haben. So wird die Eucharistie, die auf unseren Altären verwandelt und dann zum Teil an das gläubige Volk verteilt wird, nachher in den Tabernakeln der Kirche aufbewahrt, damit das Volk immer genug Speise zum übernatürlichen Leben hat. So können wir erkennen, dass der Herr unter uns gegenwärtig bleibt und wir wissen damit, dass die Allmacht Gottes und die Kraft Seiner lebendigen Speise uns unter dem Zeichen der ehrfürchtig aufbewahrten und angebeteten Eucharistie von nun an nie mehr verlässt bis zum Ende der Welt. Auch das war bereits vorgezeichnet in dem Wunder, das uns heute die Schrift berichtet.

Jedes Wunder des Herrn und der Heiligen ist so gottgewirktes äußeres Zeichen, mit dem Gott die sichtbaren Naturgesetze durchbricht und einen tiefen Sinn im Leben der Kirche offenbart. Am allerdeutlichsten wird das bei dem großen, dem allumfassenden Wunder der leiblichen Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus, auf das sich heute der Heilige Paulus in seiner Epistel bezieht (Röm 6, 3-11). Auch hier erkennen wir einen tiefen Sinn. Denn dieses Wunder ist geschehen, damit wir wissen, dass wir gerettet worden sind. Es ist das Siegel der Erlösung! 

Durch dieses Wunder ist es uns ebenso möglich geworden, mit Christus zu sterben und in Christus aufzuerstehen. Weil der Herr in diesem, die uns bekannten Naturgesetze endgültig erschütternden Zeichen, allen gezeigt hat, dass Er der allmächtige Sieger über den Tod ist, dürfen wir wissen, dass Er auch anderweitig machtvoll in unser Leben eingreifen kann. Er wird uns nicht nur am Ende der Zeiten leiblich auferwecken, sondern Er kann auch jetzt schon in unser Leben einwirken. Er kann uns umwandeln! Er kann uns ein neues Leben schenken! Er gibt uns in der Eucharistie die Nahrung und das Unterpfand zu diesem neuen Leben und Er schenkt uns eine erneuerte Seele. Wir werden zu einem neuen Menschen! Er gibt uns neue Kraft von oben! Er ist so stark, dass auch die Sünde vor Ihm weichen muss.

So sehen wir, dass die Wunder, von denen uns die Schrift so reich berichtet und an denen die Kirchengeschichte nicht arm ist, uns immer auf ein Höheres hinweisen: Auf die Gegenwart des Herrn unter uns, auf Seine umgestaltende Macht in unserem Leben und darauf, dass wir uns auf Ihn verlassen können, was auch immer geschieht.  Denn Seine Kraft ist größer als Sünde, Tod und Teufel. Deswegen dürfen wir im Glauben bekennen, dass auf einer viel tieferen Ebene wahr ist, was wir am Anfang erwähnt haben: Wunder gibt es immer wieder! Gott hört nicht auf, wirkliche Wunder zu wirken, Wunder der Natur und Wunder der Gnade, wie Er nicht aufhört, die Menschen zu retten und zum ewigen Leben zu führen. Amen.

Predigt zum vierten Sonntag nach Pfingsten 2021

Kloster Maria Engelport

Predigt von

Msgr. Prof. DDr. R. Michael Schmitz

am vierten Sonntag nach Pfingsten 2021

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

„Gementes et flentes in hac lacrimarum valle“ – „seufzend und weinend in diesem Tal der Tränen“: So beschreibt das Gebet ‚Salve Regina‘, das ‚Gegrüßet seist du Königin‘, unsere hiesige irdische Kondition.

Wir kennen sie alle: Wir sind nicht immer glücklich. Es ist nicht immer einfach. Wir haben mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen und unser eigenes Leben ist wie ein langer, manchmal steiniger Weg, der nicht immer ins Helle führt. Wir dürfen uns darüber nicht wundern, denn wir leben oft in einer Art geistiger Gefangenschaft. Wir wissen, dass unsere Voreltern sich schon vor langer Zeit von Gott abgewandt haben. Wir wissen, dass die Folgen dieses Sündenfalls uns noch alle verfolgen. Wir kennen unsere eigene Sündhaftigkeit, die uns bei allem guten Willen und vielen guten Vorsätzen immer wieder einholt. Wir leben tatsächlich in einem Tal der Tränen.

Der heilige Paulus sagt uns das in der heutigen Epistel ganz deutlich: „Wir wissen ja, dass alle Geschöpfe seufzen und in Wehen liegen bis auf den heutigen Tag.“  (Röm 8,22) Wir erfahren immer wieder Leid und Begrenztheit. Wir können, jeder Einzelne und die menschliche Gemeinschaft im Ganzen, dem Kreuz nicht entgehen. Der heilige Paulus erklärt uns im schon zitierten Römerbrief aber auch den Sinn dieser Leiden. Er sagt uns ganz klar: „In Sehnsucht harret ja auch die Schöpfung auf das Offenbarwerden der Herrlichkeit Gottes an seinen Kindern.“ (Röm 8, 19), denn „die Leiden dieser Zeit sind nicht zu vergleichen mit der künftigen Herrlichkeit.“ (Röm 8, 18). Wenn wir hier leiden, wenn wir Schwierigkeiten zu überwinden haben, wenn jeder von uns sein eigenes persönliches Kreuz zu tragen hat, dann müssen wir das als eine Durchgangsituation begreifen. Diese Leiden sind nichts im Vergleich mit der Herrlichkeit, die uns erwartet. Das, wodurch wir leiden, und das, weswegen wir seufzen, alles, was nicht selten schwierig zu ertragen ist, ist gleichsam ein Zustand der Reinigung, ein Zustand des Wachsens auf die Ewigkeit hin, für die wir eigentlich geschaffen sind.

Sicherlich gibt uns der Herr auch hier auf Erden vieles Gute. Wir dürfen ihn – wie er selbst gesagt hat – um alles bitten, wenn wir nur gläubig sind (vgl. Mt 21, 22). Aber wir dürfen Gott nicht zum Ausführungsgehilfen unserer irdischen Glückseligkeit machen. Er ist kein nur innerweltlicher Gott. Er ist nicht da, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Er ist nicht da, bloß um das, was wir hier nicht aus eigener Kraft erreichen können, für uns hier und jetzt besser zu machen. Er ist immer der größere Gott. Er ist in der Herrlichkeit und will uns auf die Herrlichkeit zuführen. Jedes Mal, wenn er uns ein Kreuz schenkt, jedes Mal, wenn er uns eine Prüfung gibt, dann blickt Gott weiter als wir, weil er weiß, unser Leben endet nicht hier. Wir sind Ewigkeitsgeschöpfe und wir sind deswegen notwendig in einer Situation der Prüfung, in einer Situation des Leidens, die uns vorbereitet auf die größere Herrlichkeit.

Unsere richtige Antwort auf dieses Willen des großen Gottes wird uns im Evangelium vorgestellt: Der heilige Petrus hatte mit den anderen Aposteln eine ganze Nacht lang vergeblich gefischt. Wie oft ist unsere eigene Situation nicht ähnlich? Wir haben lange Zeit um etwas gebetet, es ist aber immer noch nicht in Erfüllung gegangen. Wir haben eine Situation zum Besseren verändern wollen, aber sind an allen möglichen Schwierigkeiten gescheitert. Wir haben vielleicht in der Familie den Frieden stiften wollen, aber er hat sich immer noch nicht eingestellt. In solchen Momenten sagt der Herr uns im Blick auf die Ewigkeit: Gib nicht auf, sondern mache weiter! Er sagt uns wie dem Petrus: „Wirf dein Netz aus!“ (vgl. Lk 5, 4) Unsere Antwort muss dann die des erfahrenen Fischers Petrus sein, der genau wusste, dass – menschlich gesprochen – in dieser Nacht nichts mehr zu fangen sei, der aber dem Herrn geantwortet hat: „In verbo tuo laxábo rete.“ – „Auf dein Wort hin, o Herr, werfe ich das Netz aus.“ (Lk 5, 5) Auf dein Wort hin, o Herr, gebe ich nicht auf. Auf dein Wort hin, o Herr, glaube ich an die größere Herrlichkeit der Ewigkeit, gegen die die Leiden einer ganzen vergeblich durcharbeiteten Nacht gar nichts sind.

In dieser Zuversicht wirft Petrus das Netz aus. Weil er geglaubt hat, wird sein Netz so sehr gefüllt, dass die Überfülle der Fische es beinahe zum Zerreißen bringt. Der Herr zeigt damit seine göttlichen Macht. Er zeigt, dass wir nicht nur für diese Welt geschaffen sind. Er zeigt, dass es um uns und mit uns wirkend eine größere Kraft gibt. Wenn wir nur im Glauben und im Vertrauen dieser Kraft, nämlich der göttlichen Gnade, den richtigen Platz in unserem Leben geben, dann können wir weiterwirken, auch wenn wir sonst menschlich bereits mutlos gewesen wären.

Darum auch spricht der Herr, zu Petrus wie zu uns, jenes große Wort: „Fürchte dich nicht, von nun an wirst Du Menschenfischer sein!“ (Lk 5, 10) Von neuem blickt Gott in die Weite. Es geht nicht darum, dass Petrus plötzlich auf sein Wort hin viele Fische gefangen hat. Es geht darum zu zeigen, dass durch die göttliche Macht und auf Ihr Wort hin, Petrus Seelen wird fangen können für die Ewigkeit. Der Herr gibt uns nicht nur alles, was hier wir brauchen. Wenn wir mit ihm über dieses Tal der Tränen hinausblicken in die Ewigkeit und Herrlichkeit, die uns erwartet, dann gibt er uns die Kraft, die Gnade zu empfangen, mehr als Menschenmögliches zu tun: Nämlich in seinem Sinn zu wirken, für ihn Zeugnis abzulegen und Menschen zu ihm zu bringen, damit sie mit uns zur endgültigen „Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (Röm 8, 21) in der Ewigkeit gelangen.

Gott ist kein Ausführungsgehilfe unserer weltlichen Wünsche. Gott ist größer! Er führt uns weiter und er gibt uns größere Aufgaben. Jedem einzelnen durch das Gebet, durch das Leiden, durch die Sühne, durch die Kreuze, durch die Gnaden, die er uns schickt. Alles das sind nicht nur innerweltliche Mittel, sondern es sind Instrumente zu unserer eigenen Heiligung und zur Heiligung der gesamten Welt. Werden wir also niemals mutlos! Sagen wir in allen Schwierigkeiten persönlicher Art und in den Schwierigkeiten der Welt zu Gott immer mit dem gleichen Vertrauen des Petrus: „Auf dein Wort hin, o Herr, werfe ich das Netz aus.“ Wenn wir das tun, wird unser Fischfang wird reich sein und uns in die Ewigkeit führen. Das bestätigt nur, was der Herr den Aposteln anderswo gesagt hat: „Sorgt euch zuerst um das Reich Gottes und alles andere wird euch dazugegeben werden“ (Mt 6, 33).

Geliebte, es ist wahr, was der heilige Paulus lehrt: „Die Leiden dieser Zeit sind nicht zu vergleichen mit der künftigen Herrlichkeit.“ Vertiefen wir unseren Glauben, beten wir zu den Apostelfürsten Petrus und Paulus, damit wir, wie sie, weiterblicken über die Leiden hinaus in die Herrlichkeit, für die wir geschaffen sind, damit wir nie aufhören in großem Gottvertrauen weiter zu arbeiten für das Reich Gottes. Wir dürfen sicher sein: Alles andere wird uns dazu gegeben werden! Amen.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Predigt zum Herz Jesu Fest 2021

Predigt zum Herz Jesu Fest 2021

v. Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.

Unsere Zeit ist arm geworden. Arm geworden vielleicht nicht an materiellen Gütern, auch wenn die Reichen immer reicher zu werden scheinen und die Armen immer ärmer. Doch was die Welt hat, das sind meist Dinge, die man zählen kann, die man anfassen kann, die nicht wirklich, nicht innerlich reich machen.

Deswegen stellt uns heute die Kirche den wahren Reichtum vor Augen. Den „unergründlichen Reichtum Christi“, den wir vor allem im Heiligsten Herzen Jesu erkennen und anbeten können. Dieser Reichtum ist mannigfach. Wir wollen heute besonders vier Aspekte dieses Reichtums des Herzens Jesu betrachten: Den Reichtum der Weisheit und Wissenschaft, den Reichtum der Gnade, den Reichtum der Sühne, und schließlich den Reichtum der Liebe.

Schon Pius XII hat in seiner berühmten Enzyklika ‚Haurietis Aquas‘ vom Jahre 1958 gesagt: „Das Herz unseres Heilandes gibt also irgendwie ein Bild der göttlichen Person des Wortes wieder, ebenso der doppelten menschlichen und göttlichen Natur. Und in ihm können wir nicht nur das Sinnbild, sondern auch die Zusammenfassung des ganzen Geheimnisses unserer Erlösung erblicken.“ Wenn wir auf das Herz Jesu schauen, dann sehen wir nämlich in ihm das Feuer der dreifaltigen Gottheit brennen. Wir sehen, dass Jesus, der vor aller Zeit war, immer noch ganz von der Gottheit erfüllt ist. In Ihm tritt uns die Allmacht Gottes klar entgegen.

Darüber hinaus erkennen wir im Herzen Jesu das Wirken der Gottheit für uns, denn wir sehen auch das Geheimnis der Menschwerdung. Gerade das Herz des Herrn zeigt uns, dass Christus keinen Scheinleib angenommen hat, sondern durch und durch, bis in das Innerste seines Herzens Mensch geworden ist, sodass er mit uns fühlen und mit uns leiden kann. Wir erkennen dadurch auch die Erlösungsordnung. Denn Er hat uns nicht von Ferne erlösen wollen, sondern mit seinem eigenen Herzen, das für uns durchstoßen worden ist. In der Anbetung des Heiligsten Herzens Jesu erfassen wir die ganze Bereitschaft Gottes, sich für uns als Erlösungsgabe hinzugeben und ganz mit uns zu sein, in jedem Moment des Lebens. Wer im Herzen Jesu liest, der kann so die ganze Weisheit des Seins und des Handelns Gottes erkennen und anbeten.

Das Herz Jesu aber bleibt auch die Fülle und die Quelle aller Gnaden. Es ist am Kreuz geöffnet worden und es bleibt geöffnet. So sehen wir an allen Statuen und Bildern unseres Herrn immer auch die geöffnete Seite. Das ist nicht nur ein leeres Symbol, sondern zeigt uns, dass das Herz Jesu wirklich die Quelle aller Gnaden ist. Die Reichtümer aller Gnaden fließen aus dem Herzen Jesu. Ständig und ununterbrochen wird durch das Opfer Jesu Christi der Kirche der Reichtum der Gnade vermittelt. Wenn wir hier auf unserem Altar gleich das heilige Messopfer feiern können, wenn Sie in der heiligen Beichte die Gnade der Vergebung erhalten, wenn in den anderen Sakramenten der Gnadentisch des Herrn immer reich gedeckt bleibt, dann deswegen, weil unaufhörlich aus dem gottmenschlichen Herzen Jesu Christi diese Gnaden auf die Kirche herabströmen, die sie uns vermittelt. Wir kennen deswegen das Herz Jesu als die wirkliche Quelle, den tatsächlichen Ursprung aller Gnaden an und wenn wir es anbeten, dann flehen wir diese Gnaden nicht nur egoistisch auf uns selbst herab, sondern auf die ganze Kirche, die immer wieder durch den Gnadenstrom aus der Seite Jesu Christi reingewaschen und erneuert wird.

Der unendliche Reichtum dieser Gnaden aber drückt sich auch in der Fülle der Sühne aus, die Christus für uns gelitten hat. Das ganz reine und unschuldige Herz des Herrn war „voll der Schmach“, weil Er alles Dunkel, alle Sünde und alles Schlechte, das von uns kommt, auf sich genommen hat. Wir können uns nicht vorstellen, was es für ein ganz reines Herz bedeuten mag, mit dieser Überfülle der Hässlichkeit, die die Sünde in die Welt bringt, überflutet zu werden. Er hat sich dem nicht entzogen. Er hat dem himmlischen Vater jene Sühne geleistet, die wir niemals hätten leisten können. Er hat die Schmach, die jedes menschliche Herz gebrochen hätte, auf sich genommen, um unsere Herzen reinzuwaschen und um sicherzustellen, dass wir die Kraft finden, der Sünde mithilfe der Gnade aus dem Weg zu gehen. Die Fülle der Sühne, die der Herr geleistet hat, zeigt sich ebenso in der Verzeihung, die Er uns immer wieder gibt, wenn wir uns seinem Heiligsten Herzen nähern und Ihm in der heiligen Beichte mit reuevollem Herzen um Vergebung bitten. Die Sühne ist so groß, dass keine Sünde, die in dieser Welt geschieht, wenn sie nur bereut wird, vor der Barmherzigkeit standhalten kann, die das sühnebeladene Herz Jesu symbolisiert.

Schließlich sehen wir gerade an dieser stellvertretenden Sühnebereitschaft des ganz unschuldigen Herzens Jesu, dass dieses Herz wirklich, wie die Litanei uns sagt, der „brennende Feuerherd der Liebe“ ist. Die göttliche Liebe brennt in diesem Herzen, weil es ein göttliches Herz ist. Aber das größte Geheimnis ist, dass dieses Herz jeden von uns persönlich kennt, dass dieses Herz zu jedem von uns auch ein ganz menschliches, persönliches, inniges Band der Liebe geflochten hat, dass dieses Herz, als es am Kreuz geöffnet worden ist, für jeden einzelnen von uns sein Blut vergossen hat. Es gibt keine passive Kollektiverlösung, sondern eine persönliche, von Christus für jeden von uns namentlich gewollte Erlösung aus Liebe, die wir in Freiheit annehmen können. Jeder von uns hat im Herzen Jesu einen Herzensfreund. Und jeder von uns kann wissen, dass dieses Herz für ihn ganz persönlich die Quelle aller Tröstung sein kann, die kein Mensch und keine Freundschaft hier auf Erden schenken kann.

Dieser Reichtum der Weisheit, Gnade, Sühne und Liebe des Herzen Jesu darf nicht vergessen werden. Er zeigt uns das Herz des Herrn als ausdrückliches Bild der unendlichen Liebe Jesu Christi, das uns durch sich selbst zur Gegenliebe bewegt. Wenn wir das Herz Jesu sehen, dann ist es eben nicht nur ein leeres Symbol – es darf uns nicht kalt lassen, denn es ist ein brennendes Herz, das unsere Liebe hervorrufen will. Es ist ein Herz, in dem die Fülle der ganzen Gottheit wohnt, in dem, wie der Hl. Johannes im ersten Kapitel seines Evangeliums sagt: „Von Seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade.“ (Joh. 1, 16).

Deswegen hat die Kirche durch viele Jahrhunderte die Herz Jesu Verehrung gegen die Kälte und die Armut der Welt propagiert. Deswegen feiern wir in einer feierlichen Prozession gleich das Heiligste Herz Jesu als den König der gesamten Erlösungsordnung und unseren eigenen persönlichen Freund. Deswegen hat die Hl. Margareta Maria Alacoque verstanden, dass die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu ein letztes Wort des barmherzigen Gottes an die Menschheit ist, wenn sie sagt: „Die Herz Jesu Verehrung ist eine letzte Bemühung des Herrn, zugunsten der Christen dieser letzten Zeit, um sie davon zu überzeugen, …Ihn zu lieben.“ Diese letzte Bemühung des Herrn, sich das Herz öffnen zu lassen für uns, darf nicht unbeantwortet bleiben. Es ist in dieser letzten Zeit die Aufgabe jedes einzelnen, der so selbstlos vom Herrn geliebt wird, auf diese Liebe zu antworten. Die letzte Zeit ist immer gegenwärtig! Die Liebe des Herrn ruft uns immer zur Antwort! Deswegen wollen wir unser Herz umgestalten lassen in das Herz des Herrn, der für uns gestorben ist. Amen.